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Die Suende der Engel

Die Suende der Engel

Titel: Die Suende der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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Dana nachdenklich, »irgend etwas an ihm gefällt mir einfach nicht!«
    Karen erhob sich, nahm einen Apfel aus einem Korb am Fenster und setzte sich ebenfalls an den Küchentisch. Vor Anstrengung hatte sie einen feinen Schweißfilm auf der Stirn. »Du bist eifersüchtig, mein Schatz«, stellte sie fest. »Egal, wie sehr du Tina immer gedrängt hast, auf eigenen Füßen zu stehen und sich einen Mann an Land zu ziehen - in Wahrheit hattest du dich sehr daran gewöhnt, immer der einzige Mensch für sie zu sein und sie ganz für dich allein zu haben.«
    »Unsinn. Wie du sagst, ich habe sie immer ermuntert, endlich allein...«
    »Natürlich«, unterbrach Karen, »aber du hast eben nicht gewußt, wie sehr es dir an die Nieren gehen würde, wenn sie es wirklich tut. Jetzt rede ihr die Sache keinesfalls aus. Tina sollte endlich einmal nicht mehr eingeschränkt werden, weder von ihrem Vater noch von dir!«
    »Vielleicht hast du recht«, murmelte Dana und überlegte, ob es tatsächlich möglich war, daß Eifersucht ihre Objektivität gegenüber Mario trübte. Es schien ihr etwas Wahres an dem zu sein, was ihre Mutter gesagt hatte. Und dennoch - das ungute Gefühl ließ sich nicht vertreiben. Ob gerechtfertigt oder nicht, es bedrängte sie, machte sie
unruhig und nervös. Sie würde in den folgenden Wochen viel Energie aufbringen müssen, um ihren Gedanken eine andere Richtung zu geben.
    »Und ihr habt überhaupt kein Lebenszeichen von Janet?« fragte Maximilian ungläubig. Er saß im feinen, weißen Sand in der Sonne, ließ die nackten Füße von den noch kalten Wellen der Ostsee umspülen. Nichts störte die nachmittägliche Stille in der kleinen Bucht, bis auf die Schreie einiger Möwen, die am ungetrübt blauen Himmel dahinschossen. In weiter Ferne brummte ein Flugzeug. Bienen summten. Mario saß auf einem Stein. Er trug Jeans und T-Shirt wie sein Bruder, hatte aber im Unterschied zu ihm Schuhe und Strümpfe anbehalten. Er sah blaß und nervös aus.
    »Nein, kein Lebenszeichen«, sagte er nun, »sie ist wie vom Erdboden verschluckt.«
    »Will Vater denn nicht die Polizei verständigen? Schließlich kann ihr etwas zugestoßen sein.«
    Mario blickte über das Wasser. Wie immer, wenn er am Meer war, überkam ihn ein Gefühl von Ruhe und Gelassenheit. Der Aufruhr in seinem Innern, der ihn so oft zu überwältigen drohte, wurde vom Wellenrauschen und dem Geruch nach Salz und Algen besänftigt.
    »Vater glaubt nicht, daß ihr etwas passiert ist«, sagte er.
    Überrascht sah ihn Maximilian an. »Ist er so sicher?«
    »Wir haben nicht darüber gesprochen. Er scheint sicher zu sein. Und ich weiß, was er denkt.«
    »Woher weißt du...« Maximilian unterbrach sich, atmete tief. »Er denkt... Andrew Davies?«
    »Ich denke es auch.«
    »Nach all den Jahren... hältst du das wirklich für möglich?«
    »Das zwischen den beiden hat nie wirklich aufgehört.
Nicht in ihren Gedanken. Janet hat sich immer nach ihm verzehrt.«
    »Dann hätte sie bei ihm bleiben sollen«, sagte Maximilian heftig. Er nahm eine Handvoll Sand auf, warf ihn mit einer wütenden Bewegung ins Wasser. »Das wäre hart, aber fair gegenüber Vater gewesen.«
    »Vielleicht hat sie es wegen uns nicht getan. Oder um sich zu schützen.«
    »Sich zu schützen? Wovor denn?«
    »Vor Davies. Sie hat vielleicht gewußt, daß er ihr sehr weh tun würde, wenn sie bei ihm bliebe.«
    »Hatte sie dafür einen Anhaltspunkt?«
    »Er hatte so etwas an sich... etwas Unstetes, Unberechenbares...«
    Maximilian musterte seinen Bruder nachdenklich. »Du kannst dich aber noch sehr genau erinnern an ihn. Wir waren doch erst sechs, als die beiden auseinandergingen.«
    »Ich habe später noch Photos von ihm gesehen«, sagte Mario, »in Janets Schreibtisch.«
    Maximilian lachte. »Du hast hinter ihr hergeschnüffelt?«
    »Ja.«
    »Verstehe. Hast du sonst noch etwas gefunden? Briefe?«
    »Nichts. Nur die paar Bilder.«
    Maximilian nickte langsam. Dann fragte er unvermittelt: »Du fährst morgen früh nach Duverelle?«
    »Ich will gegen sieben Uhr aufbrechen.«
    »Ich möchte wissen«, sagte Maximilian, »was du da so allein tun willst. Es könnte sehr einsam sein.«
    Mario erhob sich, setzte seine Sonnenbrille auf, strich sich über die dunklen Haare. »Vielleicht suche ich gerade das«, sagte er.

    Wie schön er ist, dachte Maximilian. Wie so oft, wenn er sich der körperlichen Attraktivität seines Bruders so blitzartig bewußt wurde wie in diesem Moment, vergaß er für Sekunden, daß sie

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