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Die Suende der Engel

Die Suende der Engel

Titel: Die Suende der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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gegeben. Und das trauen die sich nicht zuzugeben. Nach ihrer Aussage war es Zufall, daß Corveys Auto so schnell drankam.«
    »Das gibt es doch alles nicht!«
    »Er hat eine Tante in Basildon, war oft dort. Kein Wunder, daß er auf einem seiner Streifzüge das alte Haus entdeckt hat. Aber eine Tante in Basildon reicht auch nicht als Beweis.«
    »Es gibt schließlich das Phantombild«, beharrte Janet, »das ist doch auch etwas wert.«
    »Kaum. Es sieht ihm nicht einmal so ausgesprochen ähnlich. Ich bin sicher, der anonyme Anrufer hatte seine eigenen Gründe, Corvey für den Täter zu halten, deshalb meine ich auch, daß er aus der Nachbarschaft stammt. Sicher hat er etwas Verdächtiges beobachtet. Wir versuchen
noch immer, ihn zu finden. Aber wir stoßen gegen eine Mauer. Sie haben alle Angst, und das wundert mich nicht. Wenn Corvey getan hat, dessen er angeklagt ist, dann ist er kein Mensch, sondern ein Monster.«
    »Gibt es Spuren von Sperma?«
    »Nein. Die Frauen wurden nicht vergewaltigt. Wir nehmen allerdings an, daß sich der Täter sexuell befriedigte, während er sie quälte, aber er hat perfekt aufgepaßt. Weder auf dem Fußboden noch an den Wänden, noch überhaupt irgendwo ist Sperma zu finden.«
    Eine Weile schwiegen sie beide, dann sagte Janet unvermittelt und heftig: »Warum tun Männer Frauen so etwas an?«
    Überrascht von der Schärfe in ihrer Stimme wandte sich Andrew ihr zu. Inzwischen war es völlig dunkel geworden, aber er konnte erkennen, wie bleich und angespannt ihr Gesicht war. »Was genau meinst du?«
    »Warum finden sie Gefallen daran, Frauen zu quälen? Zu erniedrigen? Und im äußersten Fall zu töten?«
    »Ich weiß es nicht.« Er sah wieder auf die Straße hinaus. »Ich kann es nicht nachvollziehen. Ich habe das Bedürfnis nicht.«
    »Mit verschwindend geringen Ausnahmen kommt das bei Frauen nicht vor. Natürlich, Frauen töten auch Männer, aber das Opfer ist dann ein bestimmter Mann, und es gibt ein konkretes Motiv: Eifersucht, Habgier, Angst, die Kinder an ihn zu verlieren... irgend etwas in der Art. Aber wie oft hattest du den Fall, daß eine Frau zu ihrer sexuellen Befriedigung hingeht, wahllos Männer verschleppt und in irgendeinem Versteck regelrecht abschlachtet?«
    »Den Fall gab es bei mir noch nicht. Allerdings hatte ich es durchaus mit Mörderinnen zu tun, die keineswegs zimperlich mit ihren Opfern umgegangen sind. Du hast
allerdings recht: Die Motive, wie verwerflich sie gewesen sein mochten, hatten immer eine konkrete und irgendwo nachvollziehbare Basis.«
    »Dieser... dieser Fred Corvey... er muß Frauen abgrundtief hassen...«
    »Sein Haß auf Frauen ist wohl erst die zweite Stufe. Ein Psychologe spricht in einem solchen Fall vor allem von der tiefen Angst, die der Täter vor Frauen hat. Angst ist meist die Ursache dafür, daß ein Mann nur dann sexuell erregt werden kann, wenn eine Frau sich in einer unterlegenen Situation befindet und er völlig willkürlich mit ihr verfahren kann.«
    Janet starrte angestrengt durch die Scheiben hinaus in die Dunkelheit, sah die schwarzen Schatten von Büschen und Bäumen vorüberjagen. Sie fröstelte. »Könntest du die Heizung anstellen?« fragte sie.
    Andrew drehte am Schalter. »Ich glaube, ich habe dich aufgeregt«, sagte er, »ich hätte dir nichts erzählen sollen.«
    »Es interessiert mich. Warum wird ein Mann so? So wie dieser Corvey? Was meinst du?«
    Andrew zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht. Ich bin kein Psychologe. Die Weichen werden wohl in frühester Kindheit gestellt.«
    »Es sind die Mütter«, sagte Janet. Ihre Stimme klang plötzlich schrill. »So heißt es doch immer. Bei diesen total fehlgeleiteten und perversen Männern haben immer die Mütter etwas eklatant falsch gemacht!«
    Wieder sah Andrew rasch zu ihr hinüber; es war der Klang ihrer Stimme, der ihn irritierte. »Himmel, Janet, warum regst du dich so auf? Außerdem stellst du es jetzt zu einfach hin. Warum sollen es immer die Mütter sein? Vielleicht sind es auch die Väter oder die Lehrer - oder etwas ganz anderes! Pauschal kannst du das nie beurteilen.«

    »Du hast recht«, sagte Janet leise. Sie lehnte die Stirn gegen das kalte Glas der Fensterscheibe. Sie sprachen beide nicht mehr, bis sie London erreichten. Andrew fuhr nicht auf direktem Weg zum Hotel, sondern parkte vor seinem Haus. Er stellte Motor und Scheinwerfer ab.
    »Ich möchte jetzt nicht allein sein«, sagte er vorsichtig. »Hättest du Lust, oben noch etwas mit mir zu

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