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Die Sünde in mir

Die Sünde in mir

Titel: Die Sünde in mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alegra Cassano
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über Glaubensfragen diskutieren. Er kannte die Bibel in und auswendig. Was ihn hierher gebracht hatte, war eine schief gelaufene Taufe.
    Jesus tauchte die Bekehrten in einem Fluss unter. Einmal hatte es sich jemand wohl anders überlegt und bei der folgenden Zwangstaufe war der Mann dann ertrunken.
    Vor Kurzem war ein Patient eingeliefert worden, der sich für den Teufel hielt. Das Personal hatte Komplikationen befürchtet, wenn die beiden Männer aufeinandertrafen. Das war womöglich eine explosive Mischung. Statt sich an die Gurgel zu gehen, unterhielten Jesus und der Teufel jedoch einen regen Gedankenaustausch.
    Gestern hatten sie auf dem Boden des Spielzimmers gelegen, wie auf einer Wiese, die Decke angestarrt und sich über Gott unterhalten.
    Diese Diskussion war für Frank äußerst amüsant gewesen und gab zudem tiefe Einblicke in die Psyche der Patienten. Es hatte ihn fast den ganzen Nachmittag gekostet, den Bericht über dieses Ereignis zu schreiben. Deshalb hatte er es auch nicht mehr zu Nicole geschafft, obwohl er ihr doch versprochen hatte, noch einmal rein zu schauen. Das schlechte Gewissen plagte ihn jetzt, aber er hatte ja auch noch ein Privatleben. Das vernachlässigte er schon oft genug.
    „Aha, da ist sie ja wieder“, sagte Gisela und nickte zum Monitor.
    Frank reckte den Hals und spähte über ihre Schulter. Pfleger John und ein weiterer Mann hatten alle Hände voll damit zu tun, Nicole am Bett zu fixieren.
    „Was soll das? Was ist da los?!“, rief Frank entsetzt und sprang auf.
    „Warte!“, hielt Gisela ihn zurück. Sie ahnte, dass der junge Doktor ins Zimmer der Patientin stürmen wollte.
    „Die kommen gleich her, dann erfahren wir alles.“
    Sie hatte recht. Frank riss sich zusammen und zwang sich abzuwarten. Wenn er jetzt hereinstürzte, würde das Nicole vielleicht noch mehr aufregen. Irgendjemand, vermutlich Professor Wieland, musste die Anweisung zur Fixierung gegeben haben.
    „Sie muss sich über irgendetwas sehr aufgeregt haben“, sinnierte Frank, „Wo war sie denn? Beim EEG?“
    „Nein“, Gisela schüttelte den Kopf und nahm sich einen Keks, „sie sollte baden, sonst nichts.“
     
     
     
     
     
     
     
     

Kapitel 23
     
     
    Alles spielt verrückt, alles dreht sich! Ich habe so große Angst! Was ist hier los? Warum kann ich meine Hände nicht mehr bewegen? Hat mich etwa jemand angebunden? Warum? Ich muss hier weg! Warum verstehen die das denn nicht?
     
     
    „Nicole?“
     
     
    Nein! So weit bin ich doch noch gar nicht! Warum bin ich denn jetzt schon hier? Das ist viel zu früh! Ich bin doch noch gar nicht bei der Ärztin gewesen! Sie hat mir doch noch gar nicht die schreckliche Nachricht gesagt. Nein! Das ist nicht richtig! Das ist viel zu früh! Ich habe mich doch noch gar nicht von Oma verabschiedet!
     
     
    „Was ist denn nur los?“
     
     
    Ich spüre, dass er da ist. Er ist nett, aber er hilft mir nicht. Er kann mich nicht verstehen und ich kann nicht reden! Eigentlich rede ich die ganze Zeit, aber stumm. Ich wünschte, er könnte Gedanken lesen, aber das kann er nicht, oder?
    ‚ Kind, du musst schon sagen, was los ist, sonst kann dir keiner helfen.‘
    Ja, Oma, aber mein Mund ist wie zugeklebt. Meine Stimme ist abgeschaltet. Es kommt einfach nichts raus.
    Lies doch meine Gedanken! Bitte, lies sie! Mach was, damit es aufhört!
     
     
    „Es tut mir leid. Gleich wird es besser. Nicht erschrecken, ich desinfiziere nur deinen Arm.“
     
     
    Mach was! Mach was! Mach doch endlich was!!! Ich kann nicht mehr und ich will auch nicht mehr. Es soll aufhören!
    Ich will mir die Ohren zu halten, aber ich kann meine Hände nicht hochheben.
    Die Stimmen sind in mir drin. Würde es etwas nützen, mir die Ohren zuzuhalten? Alles wirbelt durcheinander. Ich will das nicht! Ich will zurück!
     
     
    „Pscht. Ist okay. Es ist alles in Ordnung. Du wirst gleich schlafen. Vielleicht träumst du ja vom kleinen Häwelmann.“
     
     
    Ich kann ihn kurz ansehen. Er ist über mir. Ich habe seine Augen gefunden. Er hat schöne Augen, so lieb. Aber helfen kann er mir nicht, oder? Mir wird ganz warm. Ich schwitze! Es ist nicht schön. Aber er hat recht, es wird besser. Ich werde müde. Kann die Augen kaum noch offen halten. Seine Augen …
     
     
     
     
     
     
     
     

Kapitel 24
    Früher
     
     
    Mama hält nicht viel davon, zum Arzt zu gehen. Sie hat für alles irgendeine Medizin.
    Ich huste viel und bekomme deshalb den Saft einer Runkelrübe mit Kandiszucker zu trinken. Mein

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