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Die Sünde in mir

Die Sünde in mir

Titel: Die Sünde in mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alegra Cassano
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nicht gewusst? Heulte sie etwa?
    „Papa?!“, rief ich noch mal.
    Die Tür flog mit so einem Schwung auf, dass ich sie gegen den Kopf bekam und rückwärts gegen den Schuhschrank taumelte.
    „Was habe ich dir gesagt?!“, herrschte Papa mich an.
    Mir war noch ganz schwindelig von dem Aufprall und hinter meiner Stirn klopfte es dumpf. Ich stammelte eine Entschuldigung und traute mich gar nicht mehr etwas von dem Durst zu sagen, so viel Angst machte es mir, wie mein Papa aussah. Die Haare wirr, als hätte er sie gerade trocken gerubbelt und mit so einem komischen Blick, den ich nicht kannte. Im Haus lief er meist mit einem Unterhemd und einer Sporthose herum und das hatte er jetzt auch an, aber nicht richtig.
    „Was stehst du da hinter der Tür rum? Geh in dein Zimmer und wag dich bloß nicht mehr raus zu kommen!“, schnauzte er mich an, „Und lass dir schon mal was einfallen, wo du dir die Beule geholt hast!“
    Dann knallte er die Küchentür wieder zu.
     
     
     
     
     
     
     
     

Kapitel 19
     
     
    „Wie ist Ihr erster Eindruck?“, fragte Professor Wieland. Er hatte Schwester Gisela beauftragt, Dr. Fabian sofort zu ihm zu schicken, wenn er bei der neuen Patientin fertig war.
    „Ich denke nicht, dass sie uns etwas vormacht. Sie scheint wirklich zu glauben, sie sei sechs Jahre alt.“
    Der Professor nickte nachdenklich.
    „Haben Sie eine Idee, wie Sie weiter vorgehen wollen?“
    Frank setzte sich aufrechter hin und räusperte sich. Wollte der Professor ihm etwas diesen wichtigen Fall übertragen?
    „Nun ja“, begann er und zupfte an seinem T-Shirt herum, „ich habe sie gefragt, ob ich ihr bei meinem nächsten Besuch etwas mitbringen soll. Sie wünscht sich ein Bilderbuch.“ Er schmunzelte. Eine Vierzigjährige wollte ein Bilderbuch!
    „Anscheinend war das früher ihre Lieblingsgeschichte. Ich kenne sie nicht, aber vielleicht kann ich das Buch irgendwo auftreiben.“
    „Um welches Märchen geht es denn?“, wollte der Professor wissen.
    „Die Geschichte soll Der kleine Häwelmann heißen.“
    „Und die kennen Sie nicht?“, wunderte sich der Professor, „Das ist ein ganz altes Märchen von Theodor Storm.“
    „Ich google das gleich mal“, sagte Frank schnell und rieb mit den Handflächen über seine Oberschenkel bis zum Knie und wieder zurück. Das war ein Tick von ihm, den er sofort einstellte, wenn er ihn bemerkte. Im Moment war das nicht der Fall.
    „Was hat sie denn noch erzählt?“
    „Sie sprach von einer älteren Schwester mit dem Namen Sabine. Dann sagte sie noch, dass kleine Schwestern auch nerven können, aber mehr wollte sie darüber nicht erzählen. Können wir nicht mit jemanden aus ihrer Familie sprechen?“
    Professor Wieland seufzte: „Ich bin dabei jemanden zu finden, der uns Auskunft geben kann. Der Ehemann ist anscheinend schwer traumatisiert und möchte momentan keinen Kontakt zu uns aufnehmen. Die Kinder sind zwölf und vierzehn, noch zu jung denke ich. Ich möchte sie nicht noch mehr belasten, als es sowieso schon der Fall ist. Andere Familienmitglieder konnte ich bislang nicht ausfindig machen, aber vielleicht hilft mir der Name Sabine ja weiter. Ich bleibe am Ball. Irgendwer muss uns doch Auskunft geben können.“
    Nachdenklich schwiegen die Männer einen Moment.
    „Ich denke, dass ich Zugang zu ihr finden kann. Es dauert sicher eine Weile, bis sie mir richtig vertraut, aber zumindest akzeptiert sie meine Anwesenheit und redet mit mir. Es ist …“, er suchte nach den richtigen Worten, „merkwürdig. Eine Erwachsene sitzt vor mir, aber ich fühle das Kind. Wenn sie spricht, spricht das Kind aus ihr. Ich weiß nicht, wie ich das beschreiben soll. Außerdem war sie in den Siebzigern klein und da war ich noch gar nicht geboren. Was soll ich machen, wenn sie irgendwas anspricht, was ich gar nicht kenne? Das ist wie eine Zeitreise.“
    „Könnte spannend werden“, meinte Wieland amüsiert.
     
     
     
     
     
     
     
     

Kapitel 20
     
     
    „Ich hab dir was mitgebracht“, sagte Frank, als er das Zimmer von Nicole betrat. Seine Hände hielt er geheimnisvoll auf dem Rücken versteckt. Es war gar nicht so schwer gewesen, das Buch vom kleinen Häwelmann aufzutreiben. Er hatte gestern in zwei Buchhandlungen angerufen und schon war er fündig geworden. Nach Dienstschluss holte er es ab. Jetzt war ein neuer Tag und er erwartete Nicoles Reaktion mit Spannung.
    Sie wirkte ein bisschen träge, als sie sich ihm zuwandte. Vermutlich bekam sie den üblichen

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