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Die Sünde in mir

Die Sünde in mir

Titel: Die Sünde in mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alegra Cassano
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hoch. Ich weiß schon, was jetzt kommt: „Sieh mich an, wenn ich mit dir rede!“
    Aber ich kann ihn nicht ansehen, sonst muss ich weinen und er mag keine Heulsusen.
    „Das hört jetzt auf!“, sagt Papa ganz nah vor meinem Gesicht. Ich kriege sogar ein paar Spucketröpfchen ab. Er hält mich immer noch am Arm fest. Es tut weh, da wo er drückt. Er kommt mit dem Gesicht ganz nah an mich ran, ich kann aber nicht ausweichen.
    „Deine Anstellerei mit dem Essen ist jetzt vorbei! Untergewichtig! Das lasse ich mir nicht nachsagen! Ab heute wirst du normal essen. Hast du verstanden?!“
    Ich nicke ganz automatisch. Egal was er gesagt hätte, ich hätte sowieso genickt. Das scheint ihn ein bisschen friedlicher zu stimmen.
    „Und du“, er sieht jetzt über meine Schulter zu meiner Mutter, „Du kochst ihr immer was extra. Es wäre doch gelacht, wenn wir nicht ein bisschen Fleisch auf deine mageren Knochen bekommen würden, oder?“
    Er lacht.
    Mir schnürt sich jetzt schon die Kehle zu. Ich ekle mich vor vielen Dingen. Vom Fleisch schneide ich immer die Fettränder ab, weil die so scheußlich wabbelig sind. Das regt Papa meistens auf, aber ich muss sie dann doch nicht essen. Auch so schleimige Sachen wie Graupensuppe bekomme ich nicht runter. Meine Schwester hat mir gesagt, dass die Graupen eigentlich die Augen von Fröschen sind. Und Erbsensuppe ist auch ekelig. Da sind immer so kleine Knochen drin, bestimmt von ganz kleinen Tieren, die mitgekocht werden. Ich habe Mama gefragt, aber die sagte, da wären keine kleinen Tiere drin, nur ein Schweinefuß. Mich schüttelt es schon, wenn ich nur daran denke.
    „Ihr Gewicht war doch nicht das Hauptproblem“, sagt Mama.
     
     
     
     
     
     
     
     

Kapitel 37
     
     
    „John?“ Schwester Gisela sah besorgt auf den Monitor. Der große, aus Irland stammende Krankenpfleger erschien im Türrahmen.
    „Kannst du mal nach Nicole sehen? Frank ist gerade gegangen und sie macht da irgendwas, das ich nicht sehen kann. Die ganze Zeit sitzt sie schon mit dem Rücken zur Kamera.“
    John machte sich sofort auf den Weg. Er war kein Freund vieler Worte, aber bei den Patienten beliebt. Vielleicht gerade deswegen, weil er sie nicht ständig vollquatschte. Gisela verfolgte, wie die Tür zu Nicoles Zimmer geöffnet wurde und wie sie erschreckt herumfuhr. Als sie John entdeckte, machte sich Enttäuschung auf ihrem Gesicht breit. Gisela seufzte. Sie hatte Mitleid mit der Frau, die sich für ein Kind hielt.
    John schien mit ihr zu reden. Schwester Gisela schaltete den Ton ein.
    „Du darfst das hier nicht behalten“, sagte John gerade mit seinem irischen Akzent, der so gut klang.
    Nicole versteckte etwas in ihrer Hand und schien nicht bereit zu sein, es abzugeben. Gisela überlegte, ob sie Verstärkung rufen sollte.
    „Komm schon. Gib es her. Du bekommst es wieder, wenn Frank da ist“, versuchte John die Frau zu überreden.
    Normalerweise war Nicole einsichtig, aber nun musste sie etwas besitzen, was sie auf jeden Fall behalten wollte. Sie hielt die linke Hand zur Faust geballt vor die Brust und blitzte den Krankenpfleger angriffslustig an. Diesen Ausdruck hatte Gisela noch nie bei der Patientin gesehen.
    „Gib es mir freiwillig, sonst muss ich es dir wegnehmen“, sagte John.
    Nicole drehte dem Mann einfach den Rücken zu. Gisela konnte sehen, dass sie versuchte den Gegenstand unter ihrem Kissen zu verstecken. Sie schüttelte traurig den Kopf.
    „Was ist denn los?“ Frank stand auf einmal in der Tür.
    Gisela nickte zum Monitor hinüber.
    „Du hast wohl etwas in ihrem Zimmer vergessen. John versucht es gerade zu holen, aber sie will es nicht abgeben.“
    Stirnrunzelnd sah Frank auf den Monitor.
    „Das kann nicht sein. Ich hatte nur das Spiel dabei und das habe ich wieder mitgenommen.“
    „Es muss was Kleines sein“, überlegte Gisela, „vielleicht eine Spielfigur? Warum warst du eigentlich so abwesend, als du bei ihr warst? War das eine neue Taktik?“
    Frank lächelte traurig und schüttelte den Kopf.
    „Der Prof hat mir gesagt, was sie getan hat. Ich hätte nicht sofort danach zu ihr gehen sollen. Es dauerte eine Weile, bis ich das verdaut hatte.“
    John hatte inzwischen die Hand der Patientin geöffnet, aber nichts gefunden. Sie wehrte sich dagegen, dass er ihr Bett durchsuchte.
    „Ich glaube, ich geh mal lieber nachsehen. War ja mein Fehler“, sagte Frank.
    Als er das Zimmer erreichte, kam John gerade heraus. Er hielt dem Doktor zwei Mensch Ärgere Dich Nicht Püppchen

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