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Die Sünde in mir

Die Sünde in mir

Titel: Die Sünde in mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alegra Cassano
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eingreifen, bevor die Patientin den Punkt in ihrem Leben erreichte, der sie traumatisiert hatte? Anhand welcher Anzeichen sollte er erkennen, wann es Zeit war, sie in die Gegenwart zu holen? Würde er es überhaupt schaffen, ihr klar zu machen, dass sie eigentlich vierzig Jahre alt und Mutter zweier Kinder war?
    Frank schüttelte den Kopf. Er war so durcheinander wie lange nicht mehr.
    Der Professor hatte sein Gespräch beendet und wandte sich nun dem Assistenzarzt zu.
    „Wie lief es heute bei Frau Schütz?“
    Frank schloss die Augen. Nicole und Frau Schütz waren für ihn zwei unterschiedliche Personen. Er hatte heute mir der kleinen Nicole ein Brettspiel gespielt. Sie war zuerst schüchtern gewesen, hatte sich dann aber gebärdet, wie ein ganz normales kleines Mädchen, das Spaß daran hatte, den Gegner rauszuwerfen oder zwei Mal hintereinander eine Sechs zu würfeln. Wenn er mit ihr zusammen war, fühlte er nur das Kind. Mittlerweile störte es ihn nicht einmal mehr, dass sie aussah wie eine Frau, wenn sie auch eine kleine und zierliche Person war. Vermutlich hätte es ihn überrascht, wenn sie sich auf einmal auch wie eine Erwachsene benommen hätte.
    „Wir haben zusammen ein Spiel gespielt. Sie spricht jetzt wieder, wenn auch nicht sehr viel“, gab er Auskunft.
    „Das ist gut“, bestätigte der Professor. „Sie dürfen nicht zu viel auf einmal erwarten. Kleine Schritte führen zum Erfolg.“
    Frank holte tief Luft und nickte. Sollte er nach dem Verbrechen fragen? Er hatte Angst davor, die Patientin dann in einem anderen Licht zu sehen. Aber es könnte hilfreich sein, es zu wissen. Seine Gedanken kreisten immer wieder um die Frage, was sie nur angestellt haben könnte. Sie trug einen Gips, der neu war und die Fingerknöchel beider Hände waren verschrammt und teilweise verkrustet, was die Vermutung nahe legte, dass sie gekämpft hatte. Nur wie war der Kampf verlaufen? Wer hatte angefangen? Was war der Auslöser gewesen? Wer war der Gegner? Hatte sie sich gewehrt oder hatte sie selbst angegriffen?
    So viele offene Fragen! Frank wollte nicht länger nachts wach liegen und darüber nachdenken.
    „Herr Professor?“, begann er und richtete sich gerade auf, „Ich würde gerne wissen, was Frau Schütz getan hat, damit ich ihr besser helfen kann.“
     
     
     
     
     
     
     
     

Kapitel 35
     
     
    Frank hat die Spielesammlung wieder mitgebracht! Ich freue mich so! Aber heute will er wohl nicht mit mir spielen. Er legt den Karton einfach auf mein Bett und setzt sich auf einen Stuhl, der neben der Tür steht. Nicht mal hallo hat er gesagt, wie sonst. Ich betrachte ihn eine Weile. Etwas ist anders, das kann ich spüren. Er ist wegen irgendwas traurig, glaube ich. Was soll ich machen?
    Vorsichtig lege ich eine Hand auf den Karton. Auf dem Deckel sind die Spiele abgebildet, die man mit den Sachen spielen kann, die in der Schachtel sind.
    Frank beachtet mich gar nicht. Vielleicht will er seine Ruhe haben?
    Ich kann mich auch prima alleine beschäftigen. Das habe ich zu Hause auch oft gemacht, bevor Tanja da war.
    Ich überlege, was ich spielen soll. Auf dem Bett ist nicht so viel Platz. Ich nehme die Spielkarten heraus und lege sie auf meine Matratze. Dann mache ich den Deckel wieder drauf und stelle den schweren Karton auf den Boden. Dabei sehe ich zu Frank, aber der starrt vor sich hin und beachtet mich immer noch nicht.
    Ich schlage meine Decke zurück, damit ich mehr Platz auf der Matratze habe. Im Schneidersitz setzte ich mich ans Kopfende und nehme den Packen Karten in die Hand. Mit dem Gips geht alles so schwer, aber ich gewöhne mich langsam daran, mehr mit links zu machen.
    Erst sehe ich nach, ob die Karten auch nicht sortiert sind. Nein, sind sie nicht. Das ist prima, denn ich kann nicht gut mischen. Nun lege ich sie so aus, wie Oma es mir gezeigt hat. Vier Karten untereinander und dann immer eine daneben, bis sie alle weg sind und vor allem, mit dem Gesicht nach unten, damit man nicht sieht, was das für eine Karte ist. Ich bin froh, dass alle da sind, denn ich kann bis zum Ende in jede Reihe legen. Jetzt sieht es richtig schön aus. Ich habe mir auch viel Mühe gegeben, alle richtig ordentlich hinzulegen.
    Ich sehe wieder zu Frank. Der nickt mir nur kurz zu. Vielleicht hat er gesehen, wie schön das Muster aussieht. Ganz ordentlich liegen die Karten da, alle schön aufgereiht und nicht krumm und schief.
    Ich nehme die oberste Karte links und schaue sie mir an.
    Es ist die Pik Neun. Jetzt muss ich

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