Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Sünde in mir

Die Sünde in mir

Titel: Die Sünde in mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alegra Cassano
Vom Netzwerk:
herausgefunden, was uns helfen kann“, eröffnete Professor Wieland das Gespräch, als er Doktor Fabian auf dem Flur begegnete.
    „Wobei?“
    „Bei Frau Schütz. Übrigens finde ich die Idee, sie mit dem Stationsalltag zu konfrontieren nicht schlecht. Versuchen Sie es weiter, aber denken Sie an die kleinen Schritte.“
    Frank nickte. Der Ausflug mit Nicole war nicht so verlaufen, wie er es sich gewünscht hatte. Vielleicht war seine Erwartungshaltung auch zu groß gewesen.
    „Ich habe die Mutter von Frau Schütz ausfindig gemacht. Hildegard Lindemann lebt in einem Altersheim, gar nicht weit weg von hier.“
    Frank sah seinen Vorgesetzten verblüfft an.
    „Ich habe ein wenig recherchiert. Nun weiß ich, wo Nicole Schütz geboren wurde, wo sie als Kind wohnte, wo sie zur Schule ging und so weiter. Wenn uns ihr Mann nicht helfen will, müssen wir es anders probieren. Ich denke, es könnte sich lohnen, mit der Mutter zu sprechen. Sie werden sie besuchen.“
    „Ich?!“, entfuhr es Frank.
    Der Professor nickte: „Ich habe für Sie morgen um 10 Uhr einen Termin vereinbart. Bis dahin sollten Sie sich vielleicht ein paar Notizen zu den Fragen machen, die sie Frau Lindemann stellen wollen. Laut ihren Ärzten ist sie vom Verstand her noch gut dabei, aber körperlich geht es ihr schlecht. Übrigens habe ich erfahren, dass sie noch nie Besuch bekommen hat.“
    „Ihre Tochter war also nie bei ihr?“
    „Und auch sonst niemand. Nehmen Sie also lieber ein paar Blumen mit oder etwas Konfekt.“
    Der Professor zwinkerte Frank zu. Der junge Arzt wurde rot. Er musste das erst einmal verdauen. Plötzlich gab es jemanden, der über Nicoles Vorleben Bescheid wusste! Der Professor hatte recht, er musste sich Notizen machen.
    „Gehen Sie heute noch einmal zu Frau Schütz?“
    Frank hatte das eigentlich vorgehabt, wollte aber erst seine übrigen Patienten aufsuchen.
    „Haben Sie sich eigentlich schon Gedanken darüber gemacht, was passieren könnte, wenn Sie mit ihr über den Flur laufen und sie an einem Spiegel vorbei kommt?“
    Frank runzelte die Stirn, weil er nicht wusste, worauf der Professor hinaus wollte.
    „Sie denkt, sie sei sechs Jahre alt. Allerdings wird ihr eine erwachsene Frau entgegensehen. Sie wird sich vielleicht erschrecken oder sich fürchten.“
    „Oder sie erinnert sich“, überlegte Frank.
    Der Professor zuckte die Schultern: „Alles ist möglich. Aber seien sie vorbereitet. Vielleicht staunt sie einfach nur oder sie reagiert sehr emotional. Vielleicht macht ihr das aber auch schwer zu schaffen. Wir wissen es nicht.“
    Frank nickte. Er verstand schon, was der Professor ihm sagen wollte. Dinge, die für sie alle normal waren, konnten Nicole in eine Krise stürzen. Manchmal war ein kleiner Schock heilbar, aber es gab auch Patienten, bei denen dadurch ein Rückfall verursacht wurde. An solche Gefahrenquellen hatte der junge Arzt noch nicht gedacht.
    „Berichten Sie mir auf jeden Fall von ihrem Besuch bei Frau Lindemann“, sagte der Professor, bevor er weiter eilte.
     
     
     
     
     
     
     
     

Kapitel 47
     
     
    Verschütteter Kakao. Ich erinnere mich. Mama hat immer Wasser in einem Kessel auf dem Herd gekocht. Wir bekamen den Kakao halb mit kochendem Wasser und halb mit kalter Milch. Ich habe auf dem Küchenboden gespielt, als ich noch klein war. Mama ist mit dem Kessel in der Hand über mich gestolpert und das Wasser hat mich verbrüht. Sie hat mich in die Badewanne getragen und mich mit ganz kaltem Wasser aus der Brause abgeduscht. Sie hat geweint und gesagt, sie hätte das nicht mit Absicht gemacht und das es ihr leidtun würde. Ich habe geschrien, bis kein Ton mehr herauskam.
     
     
    Warum muss ich jetzt daran denken? Ich ziehe mir die flauschige Anzugjacke am Arm etwas herunter. Die Narben auf meiner Schulter sind nie ganz weggegangen. Ich kann sie immer noch sehen. Sie sind nicht mehr rot, nur weißer als der Rest meiner Haut. Wenn man darüber streicht, fühlt es sich komisch an, ganz glatt.
     
     
    Wann ist das passiert? Auf jeden Fall, bevor ich in die Schule kam. Mama hat mich immer mit einer besonderen Creme eingerieben. Es hat lange gedauert, bis die Haut so aussah, wie jetzt.
    Wann ist jetzt?
    Ich schaue auf meine Hände. An der einen ist immer noch der Gips mit der schönen Blume von Frank und dem krakeligen Namen von mir.
    Die Krusten von den Fingerknöcheln habe ich schon abgepult, obwohl man das nicht machen soll. Die Haut darunter ist ganz rosig und neu. So haben meine Narben

Weitere Kostenlose Bücher