Die Suenden der Vergangenheit
metallische Geschmack, der ihr immer noch auf der Zunge lag, ließ sie erneut würgen. Mehr als Magensäure brachte sie aber nicht heraus, als sie sich kraftlos ein weiteres Mal über die Toilette beugte.
Ihr Magen krampfte übelst und zum ersten Mal wurde ihr klar, wie lange es her war, seit sie die letzte richtige Mahlzeit zu sich genommen hatte. Eine Woche bestimmt schon. Zu trinken fiel ihr leichter. Genau deshalb hatte sie den ... Kaffee ...auch so schnell hinunter geschluckt. Ein Fehler, wie sich im Nachhinein herausgestellt hatte. Sie würde nie wieder etwas aus geschlossenen Behältern essen oder trinken können.
Sie fühlte sich übel hintergangen und wollte mehr denn je zu ihrer Tante nach Hause. Nur dort würde sie die Sicherheit finden, die sie brauchte. In ihrem alten Zimmer. Gloria konnte nicht eine Sekunde lang glauben, dass ihr Peters Mittel wirklich geholfen hätte. Es war widerwärtig und krank. Genau dieser Gedanke ließ sie schon wieder würgen. Sie musste wirklich sicher sein, nichts von diesem Blut in sich behalten zu haben. Egal, wie gut es ihr letztendlich auch geschmeckt haben mochte.
Langsam und mit zitternden Fingern schälte sich Gloria aus ihren Kleidern und stellte sich unter die Dusche, wo sie sich so lange den Mund aus und den Körper abspülte, bis sie nur noch Wasser schmeckte und daraus zu bestehen glaubte.
In das große Handtuch gewickelt, welches sie gestern Abend schon benutzt hatte und mit tropfenden Haaren öffnete sie schließlich die Tür zurück in das Hauptzimmer. Nico wartete wie angekündigt am Fenster. Draußen schien die Sonne. Es würde ein schöner Tag werden. Ein Tag ohne sie und die Welt drehte sich trotzdem weiter.
Dem Koffer zu ihren Füßen keine Beachtung schenkend stieg Gloria wortlos darüber hinweg und trat schweigend an Nicos Seite. Sie spürte einen kühlen Luftzug auf der feuchten Haut, doch die aufsteigende Kälte und die Gänsehaut, die ihre Arme überzog, kümmerte sie nicht weiter.
Eine Weile sah auch sie hinaus auf die winzig kleine Stadt, die sich vor ihnen ausbreitete und dann nach ein paar bebenden Atemzügen, neue Tränen wegblinzelnd und die nackten Arme fest um den Oberkörper schlingend, damit das Handtuch nicht unbedacht fiel, formulierte sie die erste Frage, die ihr jetzt nachdem Peter fort war und alles in diesem Zimmer wieder normal zu sein schien, als habe sie auch diese Begegnung geträumt, wenn nicht der penetrante Putzmittelgeruch in ihrer empfindlichen Nase brannte, auf der Zunge lag.
„Wer seid ihr?“
Sie wollte alles wissen. Bis ins kleinste Detail. Nur damit konnte Nico ihr helfen. Nur mit einer wirklich plausiblen Erklärung. Keine Ausflüchte, keine Beschönigungen. Und um die Forderung in ihrer Frage zu unterstützen, sah sie Nico nicht mehr ängstlich und schüchtern, sondern erschreckend kühl und herausfordernd an. Schlimmer konnten die Dinge ja wohl kaum werden.
„Wahrscheinlich dein schlimmster Alptraum, Gloria! Und es tut mir sehr leid, dass du es auf diese Weise erfahren musst!“, begann Nico mit leiser Stimme, ohne sich der jungen Frau neben sich zuzuwenden, deren Gefühlschaos sie ohne große Anstrengung nachempfinden konnte.
„Es ist schwer zu erklären, weil es in deinen Ohren unglaublich und phantastisch klingen wird. Wäre dein Leben anders verlaufen, dann wäre es aber vollkommen selbstverständlich für dich. Und bitte glaub nicht, dass ich verrückt bin oder einer Sekte angehöre. In erster Linie bin ich ein Mensch genau wie du. Allerdings sind wir mit einer besonderen DNS ausgestattet, weil wir beide Kinder von zwei verschiedenen Rassen sind. Dabei geht es nicht um die Hautfarbe oder das Herkunftsland. Vielmehr um die Fähigkeiten und die Lebensweise, die man uns in die Wiege gelegt hat. Deine Tante Mathilda gehört genauso zu uns wie Peter Cullen. Allerdings hat sie sich dazu entschlossen, uns den Rücken zuzukehren und dich genauso von uns fern zu halten. Sie ist nicht deine letzte Zuflucht, wo du Schutz finden wirst, auch wenn du dir das wünschen magst. Sie ist eine Immaculate - so nennen wir uns – die dir die Wahrheit vorenthalten hat. Vielleicht in der irrigen Annahme, dich zu schützen, aber eigentlich weiß sie ganz genau, dass du dem Tod geweiht bist!“
Nico wandte Gloria das Gesicht zu und suchte ihren ungläubigen und misstrauischen Blick. Natürlich würde sie ihr nicht ein Wort glauben, sie war eine völlig Fremde.
„Ich kann viel behaupten, nicht wahr? Du wirst in jedem Fall
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