Die Suenden der Vergangenheit
verschlossenen Türen. Nicht, dass sie einen Blick hinausgeworfen hätte, aber ihr wäre nicht in den Sinn gekommen, Nicos Worte anzuzweifeln. Man wollte nicht, dass sie irgendwo hinging und angeblich geschah das zu ihrem Besten.
„Ich will nach Hause, Peter!“ Gloria konnte das Entsetzen, das sie bei seinem Tun empfand, kaum verbergen.
„Ich bin nicht freiwillig hier, falls man dich das hat glauben lassen. Ich wurde hierher entführt und...“
„Du bist nicht entführt worden. Man will dir nur helfen. Der Angriff auf dich war sehr schwer. Du hättest sterben können.“
Peter stellte den tragbaren Computer auf den Besuchertisch und legte ihn vorsichtig ab. Nur den Kaffeebecher behielt er in der Hand.
„Was? Du weißt davon?“ Glorias angestrengte Körperhaltung bröckelte unter der Belastung ihrer Aufregung. Zu präsent waren die Bilder der vergangenen Nacht und es schockierte sie etwas, das Peter bereits von jemand anderem erfahren hatte, was ihr geschehen war. Dann wusste es Mathilda sicher auch.
„Nein, deine Tante weiß nichts, Kind!“
Gloria riss die Augen weit auf und sah Peter sprachlos an. Er las ihre Gedanken, um zu wissen, was in ihr vor ging. Das ahnte das Mädchen jedoch nicht. Die Spannung war plötzlich zurückgekehrt, allerdings nicht mehr aus Trotz, sondern Schock war der Grund für ihre Starre.
Wenn Mathilda nicht wusste, dass sie hier war, woher hatte Peter dann davon erfahren? Sie hatte lediglich seinen Namen genannt. Im Telefonbuch von New York gab es unendlich viele Cullen und noch dazu solche die Peter hießen oder einfach nur P. . Es wäre unmöglich gewesen oder riesiges Glück, ihn in so kurzer Zeit ausfindig zu machen. Außerdem hatte er sie noch nie so ernst Kind genannt.
„Aber du...du kannst mich doch nicht einfach... hier... lassen. Ich meine, kennst du diese Leute hier?“
Gloria war froh, dass ihre Stimme ihr noch einigermaßen gehorchte. Ihre Glieder dafür nicht mehr. Peter fing sie sicher auf, als ihre Knie nachgaben und verfrachtete sie sicher zurück in den Sessel, in dem sie geschlafen hatte. Immer noch den Getränkebehälter in der Hand haltend und damit Glorias Hunger aufs Neue anstachelnd.
„Niemand wird dir hier etwas tun, Gloria. Du musst Nico vertrauen. Sie wird dir helfen und dann kannst du nach Hause gehen. Versprochen. Ich möchte erst, dass es dir wieder besser geht.“
Aus dem Becher roch es verführerisch nach bitterem, starken Kaffee. Gloria nahm einen tiefen Atemzug. Ihr Magen knurrte heftig und sie hätte am liebsten protestiert, als ihr der Zugriff auf das verwehrt wurde, nachdem sie ihrer Meinung nach gerade am meisten gelüstete. Es fiel ihr schwer, der Unterhaltung weiterhin aufmerksam zu folgen und gegen ihr Hiersein aufzubegehren. Sie sah nur noch den Kaffee oder eben das, was sie für einen solchen hielt.
Peter entging die Gier in ihren Augen nicht eine Sekunde. Er tat so, als hätte der Becher und dann das Zimmer seine volle Aufmerksamkeit, doch dem war nicht so. Für ihn war nur das Mädchen und ihre Genesung wichtig. Selbst, wenn er dafür zu sehr rabiaten Methoden greifen musste.
„Du bist wirklich krank, Gloria!“, sagte er wieder in diesem ernsten, besorgten Ton, noch zögernd, ob er seinen Plan bis ins letzte verschwiegene Detail ausführen sollte.
„Hmhm!“ Gloria sah bei dieser Zustimmung aus, als hätte man sie eine Sekunde zuvor hypnotisiert. Sie hatte angefangen, sich beständig über die blutleeren Lippen zu lecken. Viel fehlte nicht und sie hätte die Hände wie ein kleines Kind nach dem Kaffee ausgestreckt.
Peter fand es höchst bedauerlich, zu sehen, wie nötig sie es bereits hatte, zu trinken.
In dem Becher befand sich nämlich keineswegs eine Starbuckskreation. Die hatte er nur mit hochgebracht und nebenher ausgetrunken, während er mit der Sophora sprach. Nachdem sie ihn vertrauensvoll allein vor Glorias Tür zurückgelassen hatte, hatte er sich ins Handgelenk gebissen und den Pappbehälter bis knapp unter den Rand voll laufen lassen. Das Blut war also noch mäßig warm, verlor aber zusehends an Temperatur und Geschmack, doch das schien die Breed nicht zu stören. Im Gegenteil, ihr Hunger wurde für ihn immer ersichtlicher.
Die schwarzen Ränder unter ihren Augen. Die blasse, blaugeäderte Haut. Das eingefallen wirkende Gesicht und letztendlich die großen blauen, glanzlosen Augen selbst, die ihn wie die eines Kindes aus Dritter Welt bittend um eine Spende ansahen.
„Hier! Das wird dir gut tun.“ Peter
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