Die Suenden der Vergangenheit
Sprechweise leicht zu übertönen vermochte.
Nico wandte der Sprecherin den Kopf zu, die sich aus den Reihen des Rates erhoben hatte. Eine hoch gewachsene Frau mit schwarzen Haaren, die ein makellos schönes Gesicht einrahmten, musterte sie, als wäre Nico ein Insekt, das sie für ihre Sammlung aufzuspießen gedachte. Ihre Schönheit war kalt und grausam, so dass sich ihre Haut mit einer unangenehmen Gänsehaut überzog.
„Nicolasa? Möchtest du etwas auf diese Vorwürfe erwidern?“
Die Frage der Arbitra brachte Nico wieder zur Besinnung, sie schritt die Reihe der Geister ab, um sie zu berühren, wobei sie sich zu Lichtgestalten materialisierten, die nun für jeden sichtbar waren. Solange sie den Kontakt hielt, konnten sie zu anderen sprechen und nannten ihren Namen und den Zeitpunkt sowie die Umstände ihres Todes.
„…Ich lebte noch, als man mit in Lumpen wickelte und in ein Erdloch warf! Ich wurde bei lebendigem Leib begraben und doch waren diese Qualen nichts im Vergleich dazu, was Sterling mir angetan hat, um an mein Blut zu kommen! Er hat seinen Opfern nie auch nur einen Funken Mitleid oder Gnade zukommen lassen!“, schloss der letzte Geist seinen anklagenden Bericht ab.
Eine junge Europäerin, die Edward auf einer Geschäftsreise für seine perversen Spielchen missbraucht hatte. Sie war irgendwo auf dem Land verscharrt worden, wo niemand sie finden hätte können, wenn Nico sie nicht gerufen hätte.
Schweigen hatte sich über die Verssammlung gesenkt und Nico unterbrach mit einem erschöpften Seufzen den Kontakt zu dem letzten Geist. Eine Geschichte war trauriger als die andere gewesen. Sterlings Vater zeigte nun mehr Reaktionen. Er wirkte verhärmt und am Ende seiner Weisheit, weil er seinem eigenen Sohn so etwas nicht zugetraut hätte. Edward dagegen blieb unbewegt, lauschte irgendwie andächtig, als würde er sich zu gern an die Begegnungen mit den Frauen erinnern, die durch ihn zu Tode gekommen waren. Er war ein wahrer Sadist, der sich niemals zufrieden geben würde.
„Sie kamen alle freiwillig! Es ist nicht meine Schuld, wenn sie zu schwach sind, die Umwandlung in Ketten durchzustehen, sie wussten, was sie erwartet! Auch die Sophora!“
Sterling lächelte sie beinahe schmierig an, als würde er sie gerade erneut vor sich knien sehen. Nicos eigener leiser Laut des Protests ging in dem Aufschrei seiner Opfer unter, die gequält oder wütend reagierten.
„Die Umwandlung ist ein geheiligter Akt! Jeder Immaculate unterliegt dem Gesetz, der jeweiligen Person so wenig Schmerzen und Leid wie möglich zu bereiten, Mr. Sterling! Es ist eine Sache, Ihre Gefühlskälte an den Tag zu legen, aber eine völlig andere, ein perverses Vergnügen bei den Leiden der Frauen dabei zu empfinden und diese noch durch eigenes Zutun zu steigern! Breed-Frauen schenken neues Leben! Sie werden verehrt und beschützt! Und dieses Gesetz habt Ihr mit Füßen getreten wie die Frauen, die Euch zum Opfer gefallen sind!“
Nicos Stimme hallte nun laut und deutlich durch die Camera, weil sie nicht fassen konnte, dass ihr Peiniger nicht einmal im Angesicht der Toten Reue zeigen konnte oder wenigstens gestehen wollte, dass er wider das Gesetz gehandelt hatte.
Ihre Blicke kreuzten sich mit denen von Edward und diesmal traf sein glühender Blick auf den ihren, weil sie ihre Fähigkeiten eben noch eingesetzt hatte und es einfach nicht mehr zu unterdrücken vermochte.
° ° °
Die Riege der Krieger saß zusammen auf einer Bank im Gewölbe des Kellers. Sie beobachteten sehr aufmerksam die Geschehnisse vor ihnen. Sie alle trugen schwarze Uniformen, aber keine Waffen. Das war kaum ein Abstrich, denn sie alle waren dazu fähig, Sterling das Lebenslicht auch ohne auszuhauchen.
Nathan saß rechts von Theron, an dessen linker Seite Orsen und Chryses Platz genommen hatten. Zu Nathans Linker saßen Raynor und Damon. Ashur fehlte. Er weilte mit Awendela in Paris, wo sie im Anschluss an die Flitterwochen im Castle noch ein paar Tage in trauter Zweisamkeit verbringen konnten, ohne ständig von den Ereignissen um sie herum abgelenkt zu werden. In diesem Moment war Nathan auch sehr froh darüber, seine Tochter verheiratet, in guten Händen und in Sicherheit zu wissen. Bei Sterlings Anblick auf dem Anklägerstuhl drehte sich ihm der Magen um. Zu sehr erinnerte ihn dieser Prozess an den gegen die Vijaya. Damals war dieser Stuhl leergeblieben, da er den Täter bereits zur Strecke gebracht hatte und es nur noch darum ging, ob sich die Familie
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