Die Suenden der Vergangenheit
Herz ihr sagte, dass es das absolut Richtige war. Zumindest wiederholte sie das immer wieder in ihren Gedanken.
Nico wünschte sich, die Umwandlung hätte eine Veränderung gebracht, die den anderen bewies, dass sie nun über genug Stärke verfügte, um für sich selbst einzustehen, dass Damon nicht mehr allein durch seine körperliche Überlegenheit in der Lage war, sie zu überwältigen.
Der Wächter aus Flavia Halos’ Garde führte sie einen langen, dunklen Gang entlang, der voller wispernder Stimmen zu sein schien. Der kräftig gebaute Immaculate erinnerte sie ein bisschen an die Warrior aus vergangenen Zeiten, die ihr Montagnacht erschienen waren.
„Pia Sophora, hier hinein bitte! Dahinter schreitet Ihr einfach die Stufen herunter. Die Arbitra Omnia erwartet Euch bereits!“
Der Wächter verneigte sich ehrerbietig vor ihr und öffnete dann die schwere Eisentür mit den geheimnisvollen Ornamenten, doch es blieb keine Zeit, sie zu bewundern, da sie die Schwelle zum Gerichtssaal überschreiten musste.
Nico musste sich sehr zusammenreißen, ihre Atemfrequenz niedrig zu halten, sonst hätte sie bestimmt vor lauter Aufregung hyperventiliert. Ihr kam es vor, als würden sie tausend Augenpaare beobachten, sie sah sich mit hin und her eilendem Blick in der Camera um. Der Raum schien unter ihr in die Dunkelheit abzufallen, doch das war nur eine optische Täuschung. Er war kreisrund zugeschnitten und in seiner Mitte bildete sich dadurch eine Arena, die von den letzten in den Granit gehauenen Sitzbänken eingerahmt wurde. Es schien, als hätte eine mächtige Faust einen Teil des harten Gesteins einfach heraus gerissen, so dass dieser gewaltige Trichter entstanden war. Es gab drei lange Treppen, die nach unten führten, von denen aus man in die Sitzreihen rutschen konnte, in denen schon alle am Prozess beteiligten Personen saßen. Ihre Treppe führte genau an den Richtertisch, wo Gwen Fontanus auf dem mittleren Stuhl Platz genommen hatte, Catalina saß zu ihrer Linken. Aufrecht und an der Haltung ihres Rückens konnte Nico deutlich erkennen, dass ihre Patrona innerlich kochte.
In der ersten Reihe um die Arena saßen die Mitglieder des Rates. Unter anderem die Familien Lancaster, Vijaya und Sterling. Edwards Mutter war die Schwester der Patrona des Hauses Argentus.
Die Reihen dahinter waren von den Kriegern und deren Familien besetzt. Viele der Sophoras anderer Häuser waren ebenfalls anwesend, um ihre Solidarität mit einer der ihren zu zeigen, auch wenn Nicolasa noch nicht lange zu ihrem Kreis gehörte.
Nico schritt mit langsam beinahe zögerlich gesetzten Schritten die hohen Stufen herunter, die fast schon zu hoch für ihre zierliche Statur waren. Wie man sie zuvor instruiert hatte, nahm Nico rechts neben der Arbitra Platz, wo ein leerer Stuhl aus dunklem Holz mit hoher Lehne auf sie gewartet hatte. Das Holz fühlte sich so unnachgiebig wie die Blicke der Zuschauer an. Sie spürte Damons Präsenz, hatte jedoch nicht gewagt, sich nach ihm umzusehen. Sie hatte ihn vorgestern das letzte Mal gesehen, weil der gestrige Tag mit Vorbereitungen angefüllt gewesen war. Sie sollte sich ganz auf ihren Prozess konzentrieren und hatte dann in der Nacht vor lauter Sorge, was auf sie zukommen mochte, kaum ein Auge zugetan.
Edward Sterling saß ihnen genau gegenüber hinter einem Tisch, der wie die Anklagebank in einem weltlichen Gericht aussah. Als Nico den Blick hob, traf sie auf sein rotes Glühen, das sein blasses Gesicht noch aggressiver erscheinen ließ. Es war nicht mehr viel übrig von dem weltgewandten Gentleman, den er zuvor gespielt hatte, obwohl er in feinstes Zwirn gekleidet war. Seine Augen waren von dunklen Schatten unterlegt und seine Wangen zierte ein Drei-Tage-Bart, der ihn noch finsterer blicken ließ. Neben ihm saß sein Vater, der in seinem zivilen Leben als Jurist tätig war, sich aber genauso gut mit den Bräuchen der Immaculate auskannte. Dessen Miene verriet keinerlei Regung, er sah sie nicht einmal an, was Nico nur zum Teil erleichterte.
Hinter dem Gefangenen standen zwei Wächter aus der Garde, als wollte man sicherstellen, dass der Angeklagte nicht fliehen konnte. Ihre muskulösen Arme hielten sie über ihrer Brust verschränkt, ohne ihren Gefangenen aus den Augen zu lassen. In Anbetracht dessen, wie viele mächtige Immaculate anwesend waren, war das wohl kaum eine Möglichkeit, die sich Sterling so leicht bieten würde.
° ° °
Nico zuckte leicht zusammen, als Devena Gwen einen Hammer auf die
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