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Die Suenden der Vergangenheit

Die Suenden der Vergangenheit

Titel: Die Suenden der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: May R. Tanner
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konnten. Sonst würde sie die Probezeit in der Kanzlei nicht überstehen.
    „Ach komm schon, Glory. Es ist grad mal halb elf und noch nicht mal richtig dunkel. Du wohnst allein und niemand schreibt dir vor, wann du ins Bett gehen sollst. Bleib doch noch ein bisschen. Vielleicht finden wir einen ganz heißen Kerl für dich, der dich nach Hause begleitet, wenn du dich nicht mehr allein traust, okay?!“ Sie lächelte vielsagend, kippte einen weiteren Schluck ihres Cosmopolitan und bestellte gleichzeitig per Handzeichen eine neue Runde Drinks.
    Gloria schüttelte den Kopf und suchte ihre Sachen zusammen. Blazer und Handtasche, in dem sich kaum mehr als ihr Handy, etwas Geld und der Schlüssel zur Wohnung befand. Make-up besaß sie nur wenig. Sollte sie im Büro doch einmal in die Verlegenheit kommen, den Teint nachpudern zu müssen, weil die Augenringe wieder einmal zu stark hervortraten, war es Barb, die ihr aushalf und gleich so gut nachschminkte, dass es für die nächsten vierundzwanzig Stunden reichte.
    Auch jetzt hatte sie auf der Damentoilette der Kanzlei versucht, das Beste aus Gloria herauszuholen. Auf ihren Lippen lag ein leichter Glanz von Gloss, die Wimpern waren schwungvoll nachgebogen und mit Kajal umrahmt, ein bisschen mehr Lidschatten, der das hübsche Blau ihrer Augen betonte und ein paar gelöste, leicht gewellte Strähnen, die ihr süßes Gesicht umrahmten, nachdem sie Gloria nicht dazu überreden konnte, die ebenfalls langen, zur Banane aufgesteckten, braunen Haare zu öffnen.
    „Ist schon okay, Barb. Ich kann mich verteidigen, wenn’s drauf ankommt. Ich hab Pfefferspray.“
    Und außerdem unterrichtete ihr Onkel Peter sie schon mehrere Jahre lang in Selbstverteidigung, aber davon mussten Barb und Sadie nichts wissen. Ihr gefielen die unbedachten Bemerkungen nicht, die sie über den Freund ihrer Tante fallen ließen, wenn Peter einmal in der Woche mit einem Kaffee in Glorias Büro vorbei schaute, um vollkommen harmlos und jeglichen Hintergedanken zu sehen, wie es seinem kleinen Spätzchen ging. Diesen Kosenamen hatte Sadie einmal mitbekommen und seitdem versank Gloria regelmäßig in Grund und Boden. Sadie hatte sie ganz offen gefragt, ob Peter sie so nannte, weil sie A: So wenig aß oder B: Gut im Bett war.
Daraufhin hatte sie sowohl Sadie als auch Barb gesagt, wer Peter wirklich war. Der Freund ihrer Tante. So etwas wie ihr Onkel und außerdem schon viel zu alt für sie, auch wenn er nicht so aussah. Diese Szene hatte ihr wirklich die Schamesröte ins Gesicht geschrieben und hinterher hatte sie heimlich hinter dem Schreibtisch geweint. Peter war immer nett zu ihr. Niemals würde sie zulassen, dass ihre Freundinnen so über ihn sprachen.
    „Das Zeug, das dir im Fall des Falles ins Gesicht weht, wenn du drauflos sprühst und dich somit zu einer noch leichteren Beute für deinen Angreifer macht? Na vielen Dank, auf das Vergnügen kann ich getrost verzichten.“
Barb lachte, ohne es gehässig zu meinen. Trotzdem verspürte Gloria verlegene Röte, die ihr in die Wangen stieg. Nein, das war kein Rot. Ihr wurde schon wieder so warm und gleichzeitig so unglaublich... schwindelig.
Bevor ihre Füße auf den bleistiftdünnen Absätzen, die sie der Mode wegen tragen musste, wenn sie nicht zu den letzten grauen Büromäusen gehören wollten, die sich nicht einmal mit der Nasenspitze in so ein Ambiente trauen würden, wegknickten, hielt sie sich mit der flachen Hand am Tisch fest. Das war nicht gut. Ihr war tierisch heiß. Schwer atmend öffnete sie doch einen Knopf am Kragen und setzte sich lieber wieder hin.
    „Alles klar, Süße?“ Barb sah sie fragend an und auch Sadie widmete ihnen nun wieder ihre Aufmerksamkeit. Die Kirsche von ihrem Drink war mittlerweile gegessen. Genauso wie der Flirt mit dem Juniorpartner.
„Lass sie doch gehen, Barb. Sie nimmt ihren Job eben noch sehr ernst. In ein paar Jahren ist sie dann diejenige, die mit dem Barkeeper morgens Klarschiff macht.“
    „Nein, nein. Schon gut. Ein Drink mehr wird sicher nicht schaden.“, murmelte Gloria, die nicht schon wieder die Spaßbremse sein wollte und versuchte, ihre Unpässlichkeit so unauffällig wie möglich weg zu atmen.
    Ihr Sichtfeld verschwamm und der Lärm in der Bar schien sich gerade um ein Vielfaches an Dezibel verstärkt zu haben. Ihr war ganz und gar nicht nach noch mehr Alkohol. Sie musste unbedingt wieder zum Arzt. Sie hatte erst kürzlich ihr Blut testen lassen und wartete noch auf die Laborergebnisse. Nicht

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