Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Suenden der Vergangenheit

Die Suenden der Vergangenheit

Titel: Die Suenden der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: May R. Tanner
Vom Netzwerk:
wahrscheinlich so viel wie ein halbes Monatsgehalt kosteten und somit im Schadensfall Glorias Ruin gewesen wären und ein kirschrotes Top mit langen geschlitzten Ärmeln. Nicht mal an den Ellenbogen hatte sie Kratzer, obwohl sie doch noch härter gestürzt sein musste als Gloria. Um den Hals trug sie so ein merkwürdiges Band. Fast wie das Halsband eines Hundes. Mit einem Ring in der Mitte, an dem man die Leine oder eine Kette befestigen konnte.
Na ja, jedem das Seine. Es gab ja durchaus Männer, die auf so was abfuhren, wie Gloria gehört hatte.
    „Ist wirklich alles in Ordnung mit Ihnen?“, fragte Gloria noch einmal. Diesmal misstrauisch geworden. Die Angst meldete sich zurück. Obwohl sie mit diesem doch eher zarten Persönchen sicher fertig geworden wäre. Die Frau sprach immer noch nicht.
    „Sind Sie stumm? Warten Sie, ich habe einen Block zum Schreiben in der Tasche!“
Hoffentlich nicht auch noch taub, das überstieg dann doch ihre Fähigkeiten. Die Frau sah sie an und schien sie entweder immer noch nicht zu verstehen oder nicht verstehen zu wollen. Etwas an ihr war gruselig. Gloria wusste nur nicht, was. Gloria ließ den Block lieber in der Tasche.
    „Okay, hier haben Sie meine Karte, Miss! Rufen Sie mich an, wenn Ihr Arzt doch etwas feststellen sollte, was von diesem Sturz hier herrührt, ja?!“ Kurzerhand drückte Gloria ihr einfach eins ihrer Visitenkärtchen mit ihrem Namen, der Nummer und der Adresse der Kanzlei in die Hand. Endlich nickte sie und Gloria glaubte, verstanden worden zu sein. Zumindest konnte die Frau hören.
Zeitgleich standen sie auf. Gloria war überrascht, wie schnell die Frau sich erhob, obwohl sie flach auf dem Hintern am Boden gesessen hatte. Das war beinahe Lichtgeschwindigkeit.
Einbildung ist auch 'ne Art von Bildung, Gloria!
Die Kopfschmerzen und der Schwindel meldeten sich zurück an Bord. Gloria rieb sich mit dem rechten Zeigefinger die entsprechende Schläfe und ging, nachdem sie sich noch einmal entschuldigt und verabschiedet hatte, in Richtung Bahnhof weiter. Mit ungeschickten Handgriffen zog sie die Klammern aus ihrer Hochsteckfrisur, die bei dem Sturz noch einmal gelitten hatte, heraus.
    „Autsch! Autsch! Autsch!“, stieß sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und wusste, dass einige Haare bei diesem Manöver drauf gegangen sein mussten. Als ob das irgendjemanden interessieren würde.
    Gloria wollte nur noch nach Hause und ins Bett. Langsam und vollkommen fertig trottete sie die steinernen, verschmutzten Stufen zum U-Bahn-Schacht hinunter. Mit einem leisen entnervten Aufstöhnen setzte sie sich auf die kalte eiserne Sitzgelegenheit. Die nächste Bahn fuhr erst in sieben Minuten. Gloria inspizierte ihre Schuhe, die wenigstens unversehrt geblieben gewesen waren. Die konnte sie morgen also wieder tragen. Im Gegensatz zu ihren Strumpfhosen und dem Rest des Ensembles. Sowohl Rock als auch Jackett wiesen staubige Flecken auf, die sich nicht einfach so ohne Reinigung heraus bürsten lassen würden. Ganz zu schweigen vom Schweißgeruch.
Sie überschlug sich fast in Vorfreude auf den nächsten Morgen. Nein, von nächstem konnte man nicht mehr sprechen. Es war kurz nach zwei Uhr morgens. Wenn sie Glück hatte, kam sie nach der Dusche gleich in den Schlaf und hatte wenigstens fünf Stunden Ruhe und Erholung.
Es reichte, freitags um neun in der Kanzlei zu sein. Wenn sie sich rein schlich und von niemandem bemerkt wurde, kam sie vielleicht darum herum, für alle den Kaffeeclown spielen zu müssen. Da gerade keine Praktikantin zur Stelle und Gloria zuletzt in die Kanzlei eingetreten war und noch so etwas wie den Laufburschenstatus hatte, musste sie immer zu Starbucks laufen und die Becher holen.
    Es waren ja auch gar nicht so viele, aber sie musste sich die Bestellungen immer auf einen Zettel notieren, um nicht vollkommen verwirrt und vergesslich vor der Verkäuferin zu stehen und eine Viertelstunde allein dafür zu brauchen, ob der Latte Macchiato nun mit Vollmilch oder fettarmer Milch sein sollte. Früher war sie berühmt für ihre Fähigkeit gewesen, sich jeden noch so kleinen Scheiß zu merken. Nichts ging ihr durch die Lappen und alles blieb an ihr hängen wie Fliegen am Honig.
    Doch seit etwas über einem Jahr ging es damit rapide den Bach runter. Wenigstens hatte sie ihre Prüfungen an der Uni geschafft. Mit Peters Hilfe. Er hatte mit ihr gelernt und den Kaffee spendiert, der ihre Geister rege und wach hatte halten sollen. Nun war davon nichts mehr übrig. Gloria

Weitere Kostenlose Bücher