Die Suenden der Vergangenheit
auszudenken, wenn ihr irgendetwas Schlimmes fehlte. Das würde Tante Mathilda niemals verkraften.
Etwas zu schnell kippte sie die nächste Erdbeer-Margarita, die an ihren Tisch gebracht wurde und orderte gleich darauf von selbst eine Neue. Barb prostete ihr zufrieden zu und versicherte ihr, später ein Taxi mit ihr zu teilen, damit sie nicht alleine spät in der Nacht die öffentlichen Verkehrsmittel nehmen musste.
Ein paar Stunden später
„Feierabend, Lady! Den letzten Block müssen Sie laufen!“ Der Taxifahrer, der sie eigentlich bis zur Bahn Ecke Penn Station hätte bringen sollen, drehte sich mit einem keinen Widerspruch duldenden Blick zu Gloria, die auf der Rückbank seines Gefährts saß, um. Es war offensichtlich wie wenig ihm das Gekicher der beiden Damen, die er anfangs befördert hatte, gefiel und auch jetzt, wo Barb ausgestiegen und sicher in ihrem luxuriösen Apartment angekommen war, machte er keinen Hehl daraus, dass er angetrunkene Fahrgäste nicht leiden konnte. Dabei hatte Gloria gar nicht so viel getrunken. Nur drei oder vier Margaritas, danach war Schluss gewesen und sie war zu Wasser übergegangen. Trotzdem war ihr Blick glasig und ihre Körperbewegungen fahrig bis unkontrolliert.
„Bitte, ich zahl Ihnen auch das... -Oh, shit!“ Gloria spickte in ihre Geldbörse und musste mit leichtem Entsetzen feststellen, dass ihr Geld nach den Drinks und dem bisher fälligen Anteil vom Taxi vollkommen geplündert war.
„Akzeptieren Sie Schecks? Oder Kreditkarten?“, startete sie hoffnungsvoll einen nächsten Versuch, doch der Fahrer ließ sich nicht erweichen.
„Raus jetzt, Lady! Sie haben die Fahrt bis hierher bezahlt und ich habe jetzt Feierabend. Auf mich warten Frau und Kinder und das ist die fünfte Nacht infolge, in der ich ihnen nicht Gute Nacht sagen konnte.“
„Okay!“, Gloria zuckte zurück, als er die Familienkarte ausspielte und aussah, als würde er gleich gefährlich werden. Bei so was fragte sie sich immer, ob sie irgendwann auch so etwas haben würde. Eine Familie, nicht diese Bissigkeit, die schon ans Unhöfliche grenzte.
Immerhin war sie Ende zwanzig. Da war die Wahrscheinlichkeit, etwas Passendes zu finden und dann auch tatsächlich das Bedürfnis zu haben, zu heiraten und eine Familie zu gründen, schon beträchtlich gesunken. Sie stieg aus und schwankte gleich. Das Unwohlsein, das sie in der Bar ereilt hatte, hatte sich nicht gelegt. Kopfschmerzen waren hinzu gekommen. Welche von der Sorte, die sie auch morgen im Büro noch heimsuchen würden. Der Fahrer stieß eine verächtliche Bemerkung über sie und ihren Zustand aus, der Gloria auf den dünnen Absätzen ihrer Schuhe herumwirbeln ließ. Doch sie brauchte zu lange für eine Erwiderung. Das Taxi fuhr an und brauste davon.
„ICH VERKLAGE SIE UND IHRE VERDAMMTE FIRMA!“, schrie sie hinterher, als das Taxi schon zwei Kreuzungen weiter und somit bis auf das Funkeln der roten Rücklichter, die in der Ferne wie glühende Augen einer Bestie in der Dunkelheit wirkten, verschwunden war.
Missmutig, die kleine Handtasche hin und her schwingend, versuchte Gloria so unbefangen und aufrecht wie möglich über den Bürgersteig zu kommen. Sie sah auf die Uhr. Eigentlich wusste sie genau, wie spät es war. Trotzdem sah sie noch mal hin und dann darüber zu stöhnen, mindestens fünfzehn Minuten zu Fuß bis nach Hause zu brauchen. Sie musste wirklich an ihrem Auftritt üben. Der Taxifahrer wäre eigentlich dazu verpflichtet gewesen, sie nach Hause zu bringen. Aus rein moralischen Gründen natürlich
„Ach, nimm das nicht so wichtig, Glory!“, murmelte sie sich selbst zu und marschierte los. Kurzerhand riss sie die Pumps von den Füßen, als ihr das Laufen darauf zu unbequem wurde. Auf bestrumpften Füßen war das schon viel besser. Erleichtert atmete sie auf. Was zur Folge hatte, dass der Schwindel wieder voll zurückkehrte. Sie lehnte sich gegen eine Graffiti besprühte Hausmauer und versuchte, aufrecht zu bleiben.
Wenn das ein Virus war, das sie quälte, dann hatte der Arzt das hoffentlich herausgefunden. Nicht auszudenken, wenn es bei dieser Anzahl von Symptomen keinen Hinweis auf eine Erkrankung gab. Ihr Puls raste wieder, als wäre sie den Weg von der Bar bis hierher im Dauerlauf gerannt und ihr brach so heftig der Schweiß aus, dass sie ihre Bluse durchtränkt davon wähnte, als sie mühsam aus dem Jackett schlüpfte, das sie für die Taxifahrt wieder übergezogen hatte. Ihr rechter Arm verfing sich im Ärmel und sie
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