Die Suenden der Vergangenheit
anderen. Sorge gut für sie, Nico. Sie bedeutet mir so viel wie eine eigene Tochter…“
Der letzte Satz verklang wie ein leises Wispern im Raum, weil Morrigan sich plötzlich in Luft aufgelöst hatte. Nico konnte ihr nur perplex nachstarren (oder vielmehr die Wand, da ja nichts mehr zu sehen war). Die Patienten neben ihr regte sich, da der Schlafbann aufgehoben worden war. Sie wandte sich ihr zu und das Herz sank Nico. War das eine Prüfung, die ihr vom Orakel auferlegt worden war?
Musste sie das Haus von sich überzeugen, zu dem das Mädchen gehörte? Oder ging es dabei gar nicht um sie? War sie nur als Krankenschwester gefragt?
Nico runzelte die Stirn und nahm die Fernbedienung auf, um das Bett ein Stück hoch fahren zu lassen. Der Kreislauf der Genesenden sollte angekurbelt werden, damit auch alle Verletzungen durch das Blut der Patrona heilen konnten.
"Gloria?" Nico trat näher an das Bett heran, ohne sich über sie zu beugen.
"Geht es wieder? Du warst nur kurz ohnmächtig. Wie fühlst du dich?", fragte sie leise und unterdrückte den Impuls, die junge Frau irgendwie zu berühren.
Eine kurze Weile später wachte Gloria erneut auf. Diesmal fühlte sie sich so, als wäre das lang ersehnte Nickerchen richtig erholsam gewesen. Keine Kopfschmerzen mehr und ein Gefühl im Körper, als wäre sie endlich wieder dazu fähig, ihrer Arbeit ordentlich ohne Schwächeanfälle nachzugehen. Sie fühlte sich kräftig und gesund. Aber diese Nico war immer noch da.
„Geh weg von mir!“ Gloria setzte sich im Bett auf und versetzte Nico einen kräftigen Stoß mit einer Hand, der sie ein paar Schritte vom Bett zurücktaumeln ließ.
„Ich weiß nicht, wer du bist und was du von mir willst, aber es ist offensichtlich, dass du diejenige bist, die Hilfe braucht!“
Gloria atmete schwer. Zu sprechen war trotz der Besserung in ihrem Körper immer noch anstrengend.
„Ich will, dass du gehst! Sofort! Pack deine Enforcer oder deine Warrior oder sonst was zusammen und geh ins das Hokuspokus-Haus zurück, aus dem du gekommen bist, ja! Ich will mit dem ganzen Hexen-Scheiß nichts zu tun haben und glaub mir, wenn du versuchst, mir noch einmal zu nahe kommst, schrei ich.“
Noch ein weiterer, tiefer Atemzug und ein Blick, der drohend sein sollte, obwohl Gloria so etwas eigentlich gar nicht drauf hatte.
„Ich tu das!“, fügte sie hinzu, weil Nico keine Anstalten machte, zu gehen. Glorias Lippen begannen zu zittern und die wütende Fassade bröckelte, als sie den verletzten Ausdruck in den Augen ihres Gegenübers gewahr wurde. Nico sah eigentlich wirklich nicht so aus, als würde sie einer Fliege etwas zu leide tun können und trotzdem konnte Gloria ihr nicht mehr wie in ihrem Traum vertrauen.
„Was willst du denn von mir?“, platzte es plötzlich nachgebend aus ihr heraus. Sie war kein schlechter Mensch und eigentlich auch nie zu jemandem böse. Das ging ihr vollkommen ab und schaffte es höchstens in ihrem Job, wenn ihr jemand dumm kam.
„Ich habe dir doch nichts getan, oder? Ich verstehe das alles nicht. Ich bin nicht wie du. Ich weiß gar nicht, was du damit meinst. Ich möchte nur nach Hause!“
Der Blick, mit dem sie Nico nun ansah, war bittend. Fast flehend und vollkommen hilflos.
° ° °
Ray hatte sich auf direktem Weg in der Tiefgarage materialisiert, in der die Fahrzeugflotte der Krieger stand. Immer aufgetankt und mit dem Schlüssel im Zündschloss. Die Sicherheitsvorkehrungen verhinderten, dass Fremde sich hier Zutritt verschaffen konnten. Er alarmierte Theron telepathisch und ließ dann den Motor des schwarz lackierten Hummers anspringen.
Ron zuckte nicht einmal mit der Wimper. Er saß gerade allein mit Tiponi und Damon am Tisch. Er war nicht unbedingt der Typ, der die Tanzfläche enterte, obwohl er Catalinas Aufforderung schlecht hatte ausschlagen können. Zum Glück waren Romy und Wendy in dem Punkt zurückhaltender. Er nippte an seinem zweiten harten Drink, da er lieber einen kühlen Kopf behielt, auch wenn er mit keinem Einsatz rechnete.
„Entschuldigt mich bitte, die Pflicht ruft mich!“
Ron erhob sich und nickte Tiponi höflich zu, um Damon dann gedanklich wissen zu lassen, dass seine Soulmate sich nicht mehr in der Fortress aufhielt. Er versprach, sie sicher zurückzubringen. Ray hatte darauf bestanden, dass er allein kam.
„Was gibt es, Ray?“, fragte er gleich, nachdem er neben seinem Waffenbruder auf dem Beifahrersitz auftauchte. Er würde sie jederzeit und überall finden, auch in schnell
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