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Die Sünden meiner Väter: Roman (German Edition)

Die Sünden meiner Väter: Roman (German Edition)

Titel: Die Sünden meiner Väter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liz Nugent
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beschäftigt; hier mussten wilde Triebe am Holz entfernt und die oben austreibenden Fruchtruten entweder »eingestrickt« oder »entspitzt« werden. Die Weinstöcke wurden gehegt und gepflegt wie kränkelnde Kinder – beaufsichtigt, ermuntert, getröstet und schließlich, so hoffte man, zur Reife gebracht.
    Den Wein gab es kostenlos, und ich muss gestehen, davon reichlich Gebrauch gemacht zu haben. Oft bin ich erst in den frühen Morgenstunden ins Bett gekrochen, sternhagelvoll. Manche schafften es nicht mal mehr bis ins Bett, zumindest nicht in ihr eigenes. Herrliche, unbeschwerte Zeiten.
    Und doch lastete etwas auf mir; etwas stimmte nicht mit mir, und ich wollte es aus der Welt schaffen. Wo, wenn nicht hier, konnte ich meine Unschuld verlieren? Es wurde zu einer fixen Idee; ich glaubte, es könne mich heilen. Ein Schlafquartier mit so vielen ansehnlichen jungen Männern zu teilen, stellte mich auf eine harte Probe.
    Oliver sprach viel besser Französisch als Laura oder ich. Häufig musste er zwischen Madame und »les Paddies«, wie uns die Franzosen nannten, vermitteln. Wahrscheinlich ist der alte Monsieur d’Aigse auch deshalb auf ihn aufmerksam geworden. Er fragte Oliver nach den englischen Namen bestimmter Pflanzen, und Oliver wusste auf alles eine Antwort. Es dauerte nicht lange, da wurde er befördert und verbrachte immer mehr Zeit oben im Schloss. Offiziell hatte Monsieur ihn als Übersetzer engagiert – er sollte an irgendwelchen alten Karten oder Büchern aus Monsieurs Privatsammlung arbeiten. Der Kerl konnte sich echt glücklich schätzen, die Arbeit im Weinberg war ein Knochenjob. Oliver blieb zwar in unserem Behelfsquartier wohnen, wurde aber nicht mehr für die Feldarbeit eingesetzt. Wenn ich mich recht erinnere, war Laura darüber nicht gerade erfreut. Ab und an sah ich ihn, wie er mit Monsieur draußen auf der Terrasse saß, neben sich ein Glas Wein, oder wie er mit dem kleinen Jean Luc herumtobte, der es übrigens faustdick hinter den Ohren hatte. Ihr Rufen und ihr Gelächter wurden von dem alten Gemäuer zurückgeworfen und hallten durch das Tal. Oliver sah aus wie das fehlende Glied zwischen dem alten Mann und dem Jungen. Er schien dazuzugehören. Wenn er abends zu uns zurückkehrte, war er wie ausgewechselt. Er wirkte zufrieden, irgendwie glücklicher. Laura war nicht die Einzige, die neidisch war, dass Oliver so viel Zeit mit der Familie verbrachte. Auch mir wollte es nicht gefallen, dass er sich immer mehr von uns entfernte und einer von ihnen wurde. Im Grunde wusste ich schon, dass Oliver sich niemals in mich verlieben würde, aber solange er mit Laura zusammen war, konnte ich wenigstens in seiner Nähe sein und wurde von ihm wahrgenommen. Jetzt jedoch bekamen wir ihn kaum noch zu Gesicht. Und wenn, dann platzte er schier vor Geschichten über all die witzigen Dinge, die Jean Luc gesagt und getan hatte, oder erzählte von einem neuen Spiel, das sie sich ausgedacht hatten. Einmal meinte Oliver, wenn er jemals einen Sohn bekäme, dann wünsche er sich, dass er genau so werde wie Jean Luc. Woraufhin ich beiläufig bemerkte, dass Monsieur d’Aigse ja auch keine schlechte Vaterfigur abgeben würde. Oliver warf mir nur einen vernichtenden Blick zu und ließ mich stehen. Was immer es mit Olivers Herkunft auf sich haben mochte, sie war ganz offensichtlich sein wunder Punkt. Und auch wenn ich damals noch nicht ahnte, zu welcher Gewalt Oliver fähig war, so verhieß sein Blick doch nichts Gutes.

IV
    OLIVER
    Als ich von der Schule ging, waren mir Frauen noch immer ein Rätsel – zumindest bis ich Laura Condell kennenlernte.
    Im Alter von sechs Jahren war ich nach St. Finian’s, auf das Internat, gekommen. Seitdem hatte ich mich ausschließlich in der Gesellschaft von Priestern und anderen Jungen befunden. Erfahrung mit Frauen besaß ich keine, mal abgesehen von jenem einen Sommer auf Stanley Connollys Farm, als seine drei leichtfertigen Schwestern mich, ganz offen gesprochen, in Angst und Schrecken versetzt hatten. Angeblich soll man die grundlegenden Dinge des Lebens und den Umgang mit dem anderen Geschlecht von seiner Mutter lernen, oder, so dies nicht gegeben ist, von seinem Vater. Ich lernte durch Osmose.
    Unter den Jungs von St. Finian’s kursierten einschlägige Magazine, die, sorgsam versteckt in Päckchen mit Keksdosen und Wollpullovern, wie harte Währung gehandelt wurden. Bezugsquelle war für gewöhnlich ein englischer Cousin oder Freund aus dem Ausland. Meine finanziell angespannte

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