Die Sünden meiner Väter: Roman (German Edition)
aufgeschlossen und belesen genug waren, um von ihrem Recht auf einen eigenen Orgasmus zu wissen. Sportlicher Ehrgeiz trieb mich, mit jedem Schlag einen Treffer zu landen. Wahrscheinlich war es dennoch nicht selbstverständlich, damit stets zum Erfolg zu gelangen; dass ich es dennoch tat, gab meinem Selbstbewusstsein einen kräftigen Schub. Einige meiner Kommilitonen hätten wohl gern einen Rat unter Männern bekommen und versuchten, mit witzig gemeinten Fragen hinter mein Geheimnis zu gelangen, aber es gab kein Geheimnis; der Erfolg gab mir recht.
Ich habe im Laufe der Jahre gelernt, was bei Frauen zieht. Zunächst einmal verschafft es einem einen gewissen Vorteil, wenn man gut aussieht und sich den Anschein von Cleverness und trockenem Humor zu geben weiß. Am Anfang muss man immer so tun, als bemerke man sie gar nicht, um dann, ganz allmählich, ein gewisses Interesse an ihr zu bekunden. Man muss sie mit kühlem Forscherblick betrachten, als wäre sie ein Versuchstier, und hier und da ein paar Impulse geben, aber dabei immer auf Distanz bleiben. Dann wieder für längere Zeit ignorieren und schauen, wie sie reagiert. Und schließlich: zuschlagen. Funktioniert fast immer.
Auf dem College war ich immer so lange mit einem Mädchen zusammen, bis ich sie so weit hatte, und ließ sie fallen, sowie sie anfing, Fragen über mich, meine Herkunft oder meine Familie zu stellen. Das brachte mir bald den Ruf des geheimnisvollen Einzelgängers ein, und da Frauen von Natur aus neugierige Wesen sind, fühlten sie sich vielleicht berufen, mein Geheimnis zu ergründen. Oder wollten sie mich bemuttern? Da ich nie eine Mutter hatte, wusste ich wenig damit anzufangen. Ich begann nach dem immergleichen Muster vorzugehen: belagern, angreifen, einnehmen, weiterziehen. Mit Erfolg. Es hat mich immer wieder erstaunt, dass Frauen, sowie wir miteinander geschlafen hatten, stets meinten, Ansprüche an mich stellen zu können. Als wäre ich ihnen etwas schuldig. Ich war ohne Frauen aufgewachsen, und ich wusste einfach nichts mit ihnen anzufangen. Einmal, als ich mich im Morgengrauen davonmachen wollte, hat mir das betreffende Mädchen heulend eine Tasse an den Kopf geworfen und mich einen »elenden Bastard« genannt. Ich ging trotzdem und rächte mich die Nacht darauf, indem ich mit ihrer Zwillingsschwester schlief.
Manche der Mädchen mochte ich lieber als andere. Eine Abneigung gegen Frauen hatte ich ganz sicher nicht, fühlte mich aber auch keiner von ihnen emotional verbunden. Außer Laura.
Laura stellte von Anfang an eine Herausforderung dar. Als ich sie das erste Mal sah, lief sie in Begleitung zweier anderer Mädchen über den Campus. Es war kalt an diesem Tag, und ich sah ihren Atem wie weiße Wolken in der Luft stehen, wenn sie miteinander redeten und lachten. Sie trug einen langen Trenchcoat und hatte sich einen selbstgestrickten roten Schal um den Hals geschlungen. Als sie mir lächelnd zuwinkte, war ich einen Moment wie vom Donner gerührt, hingerissen von ihrer lebhaften, unbefangenen Art, und wusste nicht recht, wie ich reagieren sollte. Doch da hatte Michael, mit dem ich gerade unterwegs war, ihr auch schon etwas zugerufen, und mir ging auf, dass er es war, dem sie gewunken hatte. Wie dumm ich mir vorkam.
Michael Condell stellte mir Laura als seine Schwester vor, und es erstaunt mich noch heute, wie Geschwister einander so wenig ähnlich sehen können.
Ironie des Schicksals, könnte man sagen.
Danach begann ich ganz gezielt nach ihr Ausschau zu halten, aber im Gegensatz zu den anderen Mädchen zeigte sie kein besonderes Interesse an mir. Laura war eine dunkelhaarige Schönheit, temperamentvoll und eigensinnig, impulsiv und furchtlos. Sie war ein Jahr unter mir, studierte Französisch, Philosophie und Politik. Was die Männer betraf, hatte sie anscheinend ein Faible für Rugbyspieler, reiche Jungs mit eigenen Autos. Es würde schwer sein, da mitzuhalten, doch je mehr ich mich mühte, sie zumindest von der Peripherie her kennenzulernen, desto klarer wurde mir, dass ich nicht nur mit ihr schlafen wollte. Ich wollte, dass sie Teil meines Lebens wurde. Vielleicht hoffte ich, dass die goldene Aura, die sie umgab, auch mich umfangen und in ihre Sphären erheben könnte. Selbst jetzt kann ich nicht genau benennen, was an Laura anders war. Ich war mit einigen schönen Mädchen zusammen gewesen, doch keine hatte je an mein Herz rühren können, wie es so schön heißt. Vielleicht war es das Funkeln ihrer blauen Augen, wenn Laura
Weitere Kostenlose Bücher