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Die Sündenheilerin (German Edition)

Die Sündenheilerin (German Edition)

Titel: Die Sündenheilerin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Metzenthin
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Namens erstmals aus Mutter Claras Mund gehört, und plötzlich konnte er nicht mehr anders von ihr denken. Die kühle, schöne Helena, der er vorwiegend aus Pflichtbewusstsein und Mitgefühl geholfen hatte, zog ihn auf merkwürdige Art und Weise in ihren Bann. Gewiss, sie hatte ihm von Anfang an gefallen, doch sie war eine der Frauen, die sich niemals auf ein leichtfertiges Spiel einließen. Anders als Thea, und schon gar nicht zu vergleichen mit den übrigen Frauen, die er gekannt hatte.
    Je länger er über Lena nachdachte, umso vielschichtiger kam sie ihm vor. Hilfsbedürftig und aufopferungsvoll, aber zugleich neckisch und keck. Sie war mutig und doch vorsichtig. Vom Leben gezeichnet, war es ihr gelungen, den Schmerz zu überwinden und neue Stärke aus ihrem Schicksal zu ziehen. Darum beneidete er sie. Gern hätte er sie gefragt, wie sie zu ihrer Stärke zurückgefunden hatte, doch zugleich befürchtete er, dass sie ihm dann ihrerseits Fragen gestellt hätte. So ritt er schweigend an ihrer Seite und hatte das Gefühl, sein Rücken werde von Margaritas Blicken durchbohrt. Auch Said schwieg. Seit seiner ersten Begegnung mit Schwester Ludovika war der Araber den heiligen Jungfrauen gegenüber vorsichtig, und dass Schwester Margarita sie begleitete, gefiel ihm gar nicht.
    Lenas Stimme riss Philip aus seinen Grübeleien.
    »Glaubt Ihr, uns droht wieder Gefahr?«
    »Wie kommt Ihr darauf?«
    »Ihr seid so still. Lauscht Ihr auf Verfolger?«
    »Nein.«
    »Gut.«
    Nur dieses eine Wort, keine weitere Frage, was ihm sonst durch den Kopf ging. Hatte er sie gekränkt? Oder fühlte sie sich durch die Gegenwart ihrer Tante gehemmt? Er wandte sich um. Schwester Margarita war anscheinend mehr mit ihrem Pferd als mit der Umgebung beschäftigt.
    »Darf ich Euch eine Frage stellen, Frau Helena?«
    »Gern.« Ihre Stimme klang aufrichtig und einladend. Gekränkt war sie also nicht.
    »Auch eine persönliche?«
    »Wenn Ihr mögt. Ich muss ja nicht darauf antworten, wenn sie zu persönlich ist.«
    »Nach allem, was Euch widerfahren ist, wie habt Ihr Euch die Reinheit Eurer Seele bewahrt? Anstatt vor Hass auf die Mörder verbittert zu sein, helft Ihr den Menschen.«
    »Ich musste eine Entscheidung treffen«, antwortete sie. »Ohne das zu leben, was mir genommen wurde, oder mit dem zu leben, was mir geschenkt wurde. Ich habe mich für das Geschenk entschieden.«
    »Eure Fähigkeit, die Seelenflamme zu sehen?«
    »Nein, den Menschen dabei zu helfen, ihre eigene Stärke wiederzufinden, wenn das Licht fast erstickt ist.«
    »Daraus zieht Ihr Eure Kraft?«
    »Ich weiß es nicht. Zumindest zeigt es mir, dass nichts in Gottes Reich zufällig geschieht. Alles hat einen tieferen Sinn, auch wenn wir ihn nicht sofort erkennen.«
    »Auch der unnötige Tod all derer, die Ihr geliebt habt?« Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, da bereute er sie schon. Doch Lena blieb erstaunlich ruhig.
    »Anfangs fragte ich mich, warum ich allein überlebt hatte. Warum ich nicht mit ihnen gestorben war. Glaubt mir, ich wäre gern gestorben, nichts war schlimmer als die Einsamkeit. Dann fand ich meine Befriedigung darin, anderen zu helfen, und ich lernte, den Schmerz in mir zu verschließen. Doch ich hatte ihn nicht überwunden. Das erfuhr ich, als ich mich Elises Geschichte zu stellen hatte. Ich liebte einen Mann, der weder zu mir noch zu meinen Eltern ehrlich war. Sein Herz gehörte einer anderen, aber da sie vergeben war, erschien ich ihm als gute Wahl. Mein Vater glaubte an Martins Aufrichtigkeit. Wer weiß, wie es mir in meiner Ehe mit einer steten Nebenbuhlerin ergangen wäre.«
    »Warum seid Ihr Euch so sicher, dass er sich nicht geändert hätte?«
    »Ich bezweifle, dass er mich liebte. Ich beobachtete immer wieder, wie Martin den Mägden schöne Augen machte. Damals konnte meine Mutter mich noch trösten, meinte, die Ehe werde ihn verändern. Inzwischen weiß ich, dass das Unsinn ist.«
    »Ihr sprecht ein hartes Urteil.«
    »Ist es etwa falsch?«
    »Vielleicht tut Ihr Martin unrecht. Er ist tot. Er hat keine Möglichkeit mehr, sich zu ändern.«
    Lena schwieg. Philip schaute nach hinten. Schwester Margarita und Said waren einige Pferdelängen zurückgefallen.
    »Vielleicht hatte Eure Mutter doch recht, Frau Helena. Allerdings ist es nicht die Ehe, die den Mann ändert, sondern die Bereitschaft, sich zu binden. Mein Vater war gewiss kein Kind von Traurigkeit, aber er war meiner Mutter treu bis in den Tod.«
    Verdammt, warum war ihm das jetzt

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