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Die Sündenheilerin (German Edition)

Die Sündenheilerin (German Edition)

Titel: Die Sündenheilerin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Metzenthin
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herausgerutscht?
    »Dann ist er der Liebe wegen in Ägypten geblieben?« Sie fragte völlig arglos, hätte sich vermutlich auch mit einem einfachen Ja oder Nein zufriedengegeben. Er sah die alten Bilder, Geschichten, die sein Vater ihm so oft erzählt hatte, bis er selbst das Gefühl gehabt hatte, dabei gewesen zu sein. Auf Sizilien war es geschehen. Die Erinnerungen kamen mit Macht. Nicht die schlimmen, sondern die fröhlichen, die bunten, die er liebte, aber so lange nicht mehr betrachtet hatte, aus Furcht, dann in die Finsternis zurückzufallen.
    Noch ehe er recht begriff, was er tat, hörte er sich die Frage stellen. »Wollt Ihr die Geschichte hören?«
    »Natürlich erführe ich sie für mein Leben gern, aber ich möchte nicht, dass Ihr Euch meiner Neugier verpflichtet fühlt.«
    Sie blitzte ihn voller Mutwillen an, ein beinahe unsichtbares Lächeln umspielte ihre Lippen. Nie zuvor hatte er sie so anziehend gefunden.
    »Es begann auf Sizilien, am Vorabend des Tages, da die Flotte der Kreuzfahrer um Bonifatius von Montferrat sich nach Byzanz einschiffen wollte.« Noch während er die Worte formte, sah er die Bilder vor sich, die sein Vater schon früh in ihm geweckt hatte, sein Vater, der jeden mit seiner Redekunst zu fesseln vermochte. Und zum ersten Mal seit einem Jahr konnte er sich voller Liebe und Zuneigung an ihn erinnern, konnte den Schmerz ausblenden.
    »Im Kreuzfahrerheer herrschte eine ausgelassene Stimmung, die Männer waren fröhlich, es wurde getrunken und gefeiert. Auch mein Vater hatte schon den einen oder anderen Becher Wein geleert. Vielleicht war das der Grund, warum er der Einladung Heinrichs von Regensteins und seines Bruders Dietrich nachkam, den alten Zwist endlich ruhen zu lassen, wenn man doch nun gemeinsam für die Sache der Christenheit kämpfen wolle. Der Wein sorgte dafür, dass sie sich immer besser verstanden, und mein Vater dachte sich nichts dabei, den beiden Regensteinern in eine der Hafentavernen zu folgen, um das Bündnis der neuen Waffenbruderschaft zu besiegeln.«
    Etwas knackte im Geäst. Philips Hand glitt zum Schwert, doch es war nur ein Wildschwein, das durch seine Stimme aufgeschreckt worden war. Lena war seinem Blick gefolgt. Eine verräterische Blässe überzog ihr Gesicht, aber sie ließ sich sonst nichts weiter anmerken.
    »Bitte, erzählt doch weiter, Herr Philip.«
    Seine Hand löste sich vom Schwertknauf.
    »Der Argwohn, der mir innewohnt, fehlte meinem Vater damals noch.« Philip lächelte Lena an, und sie lächelte sogar zurück.
    »Weder ahnte er, wie verderbt die Regensteiner Grafensöhne waren, noch dass sie alles genau geplant hatten. Der Abend zog sich in die Länge, der Wein floss immer reichlicher, und vermutlich enthielten die Becher nicht nur Wein. Jedenfalls der Becher meines Vaters. Am nächsten Morgen fand er sich mit schmerzendem Schädel und nur mit seinem Hemd bekleidet in einer schmutzigen Gasse wieder, völlig ausgeplündert. Als einziger Besitz war ihm der Siegelring seines Vaters geblieben, der sich nicht vom Finger hatte lösen lassen. Mein Vater versuchte zum Kreuzfahrerlager am Hafen zurückzukommen, sein Knappe musste doch auf ihn gewartet haben, aber dort war niemand mehr. Die Schiffe waren längst ausgelaufen. Und er stand völlig mittellos in einem Land, dessen Sprache er kaum verstand.«
    »Wo steckte sein Knappe?«
    Philip hob die Schultern. »Vielleicht hatten die Regensteiner ihn getötet. Vielleicht auch einfach überredet, die Kleider meines Vaters anzulegen, um selbst Heldentaten zu vollbringen. Es ist bis heute ungeklärt, denn wenig später geriet das Schiff, auf dem sich die Regensteiner befanden und auf dem sich auch mein Vater hatte einschiffen wollen, in einen Sturm und sank. Doch das erfuhr er erst viel später. Er verlor durch die Tücke der Regensteiner seine Ehre, aber er behielt sein Leben.«
    »Ist er deshalb niemals nach Birkenfeld zurückgekehrt?«
    »Nun, zunächst hatte er keine Möglichkeit. Ausgeplündert wie er war, unterschied er sich bis auf seinen Siegelring in nichts von den Bettlern, die am Hafen herumlungerten. Ja, ihm erging es noch schlimmer, weil er kaum ein Wort verstand. Und dann war da noch sein Stolz. Ein Ritter, und wenn er noch so gedemütigt am Boden liegt, wird doch nicht für eine Mahlzeit zum Lastenträger.«
    Er hielt kurz inne, um zu sehen, wie seine Erzählung auf Lena wirkte.
    »Eine schreckliche Lage«, murmelte sie. »Wie ging es weiter?«
    »Die ersten beiden Tage müssen furchtbar

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