Die Sündenheilerin (German Edition)
und die etwas ungebührliche Art der Reise, die wir Frau Helena zugemutet haben. Doch es geschah zu ihrer eigenen Sicherheit.«
Sofort lockerte sich Margaritas überfürsorglicher Griff, und Lena atmete auf.
»Wer seid Ihr?«
Philip deutete eine leichte Verbeugung an. »Mein Name ist Philip, und dies ist mein Freund Said al-Musawar. Wir sind Reisende aus Alexandria und begegneten Frau Helena auf Burg Birkenfeld.«
»Was ist dort geschehen?«
Lena sah das Blitzen in Margaritas Augen. Für eine gute Geschichte, die sich umso besser weitererzählen ließ, hätte ihre Tante sogar Frösche gefressen.
»Bitte, Tante, lass die beiden Herren erst einmal zu Atem kommen. Zudem glaube ich, dass es das Vorrecht der ehrwürdigen Mutter ist, ihren Bericht zu hören. Außerdem haben wir heute noch nichts gegessen. Wäre es nicht ein Zeichen christlicher Nächstenliebe, meine Retter zunächst zu bewirten?«
»Deine Retter?« Die neugierige Flamme in Margaritas Augen verwandelte sich in eine Feuersbrunst.
Lena lächelte. »Später, Tante. Bitte, sag Mutter Clara Bescheid, dass wir mit ihr sprechen müssen.«
Mit einem unwilligen Nicken rief Margarita nach zwei Mägden, die die Gäste in den Besucherraum führen und ihnen etwas zu essen bringen sollten. Dann hakte sie sich bei Lena unter, um deutlich zu machen, dass sie sie selbstverständlich persönlich zur Mutter Oberin geleiten werde.
14. Kapitel
W as tun wir jetzt?«, fragte Said Philip auf Arabisch, damit die Mägde ihn nicht verstehen konnten, die ihnen in der Gaststube des Klosters eine Mahlzeit aus Brot und Käse servierten. Es war ein kahler, schlichter Raum. Ein schmuckloses Holzkreuz hing an einer geweißten Wand, und außer zwei Bänken und einem langen Tisch aus Eichenholz gab es kein weiteres Mobiliar.
»Wir warten, dass die Mutter Oberin uns empfängt«, antwortete Philip in der gleichen Sprache.
»Und dann?«
»Dann sehen wir weiter.«
Said runzelte die Stirn, sagte aber nichts. Philip lehnte sich auf der Bank zurück, bis er die Wand hinter sich spürte. Er war gespannt auf die Bekanntschaft mit der Äbtissin. Theas Mutter … Ob sie wohl wusste, was aus ihrer Tochter geworden war?
Das Knarren der Tür riss ihn aus seinen Betrachtungen. Im Türrahmen stand eine Nonne. Auch ohne die kostbare Borte an ihrem Habit und ohne die Juwelen, mit denen das Kreuz am Gürtel besetzt war, hätte er sie sofort an ihrer würdevollen Haltung erkannt. Die Tochter des Herzogs von Sachsen war zum Herrschen geboren, selbst als demütige Dienerin Gottes.
Er erhob sich, Said tat es ihm nach. Einen Moment lang überlegte er, welche Begrüßung für eine Äbtissin angemessen war. Er hatte keine Erfahrung im Umgang mit Klosterfrauen.
»Ehrwürdige Mutter.« Er deutete eine leichte Verbeugung an.
»Dominus, mein Sohn«, antwortete sie.
Bei dem Wort Sohn rieselte ihm ein Schauer über den Rücken. Sie war nicht nur Theas Mutter, einst war sie seinem eignen Vater versprochen gewesen.
Im Hintergrund entdeckte er den Schatten einer dicken Nonne. Zweifellos Helenas Tante Margarita. Folgte sie der Äbtissin der Schicklichkeit wegen oder aus schierer Neugier?
»Helena hat mir einiges erzählt.« Die Augen der Äbtissin waren von einem leuchtenden Grün. Theas Augen.
Er hielt ihrem Blick stand.
»Es war meine Pflicht, sie wohlbehalten zurückzubringen.«
»Das habt Ihr getan. Doch ich fürchte, sie ist hier nicht sicher. Ich muss Euch unter vier Augen sprechen, Herr Philip.«
Sie warf der hinter ihr stehenden Margarita einen kurzen Blick zu, und der Schatten verschwand. Auch Philip und Said tauschten einen kurzen Blick, dann verließ der Araber den Raum.
Die Äbtissin nahm an dem schlichten Tisch Platz und gab Philip durch eine Handbewegung zu verstehen, dass auch er sich wieder setzen solle.
»Helena hat mir alles erzählt. Ich weiß, wer Ihr seid, aber Ihr müsst Euch keine Sorgen machen. Ich werde Euer Geheimnis wahren, Philip von Birkenfeld.«
Er schluckte. »Der Titel hätte nur meinem Vater zugestanden, nicht mir.«
»Ich habe Euren Vater gekannt. Er war ein stolzer, edler Mann. Ich bin froh, dass ihm noch ein glückliches Leben beschieden war, als alle hier seinen Tod betrauerten.«
Obwohl die ehrwürdige Mutter in beiläufigem Ton sprach, war die eigentliche Frage unüberhörbar. Warum war er nicht zurückgekehrt?
Philip atmete tief durch.
»Hat Frau Helena Euch auch von den Machenschaften Graf Dietmars erzählt?«
Die Oberin nickte. »Das hat sie.
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