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Die Sünder - Tales of Sin and Madness (German Edition)

Die Sünder - Tales of Sin and Madness (German Edition)

Titel: Die Sünder - Tales of Sin and Madness (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brett McBean
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gekommen war. Sie hielt ihren Notizblock und Bleistift fest mit der rechten Hand umklammert, während sich die Taschenlampe in ihrer rutschigen Linken befand. Die Tür stand einen Spaltbreit offen. Julia blieb stehen, wartete und horchte. Ihr Mund fühlte sich trocken und irgendwie sandig an, als habe sie einen ganzen Becher Sägemehl in sich hineingeschüttet.
    Am liebsten hätte sie die Tür mit einem Tritt vollständig geöffnet und mit der Taschenlampe in den Raum geleuchtet, wie sie es schon so oft in schlechten Krimis oder Hollywood-Streifen gelesen und gesehen hatte. Aber stattdessen tippte sie die Tür nur ganz vorsichtig an und wartete, bis sie leise gegen die Wand stieß, bevor sie ihre Taschenlampe schwenkte und das Zimmer aufmerksam absuchte. So hatten potenzielle Psychopathen wenigstens genügend Zeit, sich in Position zu bringen und sie anzugreifen. Das tat jedoch niemand. Die einzige Bewegung, die sie im Raum wahrnehmen konnte, stammte von einer vorbeihuschenden schwarzen Spinne. Sie floh vor dem grellen Schein der Taschenlampe in ihr riesiges, aufwendig gespanntes Netz – fest entschlossen, dort zu bleiben, bis entweder Julia den Raum verließ oder sich irgendein unglückliches Insekt in ihrer Falle verfing.
    Julia betrat das Zimmer, ließ den Lichtkegel ihrer Maglite über die Decke, den Boden und die Ecken gleiten und kam zu dem Ergebnis, dass es sich dabei früher um ein Schlafzimmer gehandelt haben musste, höchstwahrscheinlich das eines Kindes. Nun war es bis auf einige leere Bierdosen und Chipstüten vollkommen leer.
    Kein Mädchen.
    Julia watete durch den Müll, der den Boden bedeckte, wobei jeder Schritt eine neue Staubwolke aufwirbelte, und hielt die Taschenlampe auf die Wand gerichtet. Die Tapete faszinierte sie ungemein. Sie blätterte überall ab, und dort, wo sie nicht mit den üblichen aufgesprayten Tags und Obszönitäten bedeckt war, erkannte Julia diverse Flecken, bei denen es sich um Scheiße, Erbrochenes, Essen oder Blut handeln konnte. Darunter zeichneten sich die ursprünglichen Motive wie Feen, Elfen und Zauberstäbe ab.
    Das Zimmer eines kleinen Mädchens?
    Plötzlich überkam Julia ein überwältigendes Gefühl des Verlustes und der Traurigkeit.
    Lag es daran, dass etwas so Schönes und Unschuldiges auf so schamlose Weise besudelt worden war? Oder war da noch etwas anderes, Tiefgreifenderes, das mit dem zu tun hatte, was in diesem Haus geschehen war?
    Mit verschwommenem Blick drehte sich Julia mit dem Rücken zur Wand. Sie streifte mit der Hand über die Augen und atmete zitternd aus. »Reiß dich zusammen, Jules.«
    Solche emotionalen Ausbrüche waren untypisch für sie. Sie war froh, dass Claire nicht in der Nähe war und gesehen hatte, wie sie wegen einer albernen Tapete zu flennen anfing.
    Während sie sich die restlichen Tränen aus den Augen wischte und einen Schritt nach vorne machte, um den Raum wieder zu verlassen, schimmerte irgendetwas auf dem Boden im Licht ihrer Lampe auf. Es war nicht besonders hell, aber das Glänzen weckte sofort Julias Aufmerksamkeit. Sie durchquerte das Zimmer und ging in die Hocke, um es aus der Nähe zu betrachten. Unter einer Schicht aus braunem Staub erkannte sie eine Fotografie. Sie nahm sie an einer Ecke hoch, schüttelte den Staub ab und musste husten, als einige Partikel in ihre Lunge wirbelten.
    Brillant, Jules. Wirklich brillant.
    Sie wischte den restlichen Schmutz an ihrem Ärmel ab und richtete die Taschenlampe auf ihre Entdeckung. Das kleine Foto zeigte eine Familie: einen Mann und eine Frau, beide jung und attraktiv, einen Jungen von etwa zehn Jahren und einen schwarzen Spaniel, der neben dem Kleinen saß. Sie standen, von großen, üppig grünen Bäumen flankiert, vor einem weißen, verwitterten Haus. Eine typische moderne Vorstadtfamilie der Oberschicht. Julia drehte das Foto um, aber auf der Rückseite stand nichts, was die Familie hätte identifizieren können. Das Foto war jedoch in der Mitte geknickt worden – sowohl der Vater als auch der Hund wurden von einer deutlichen weißen Linie der Länge nach in ihrer Körpermitte geteilt. Wem dieses Foto auch immer gehört hatte, es sah ganz so aus, als habe er es lange Zeit gefaltet aufbewahrt.
    Was macht so ein Foto denn hier drin?
    Ein Bild von einem Teenager, das einer der unzähligen notgeilen Eindringlinge hier vergessen hatte, hätte sie ja nachvollziehbar gefunden, aber ein Foto wie dieses schien irgendwie nicht hierher zu passen.
    Sie schrak hoch, als sie ein Geräusch

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