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Die Sünderin

Die Sünderin

Titel: Die Sünderin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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Frau die Rede gewesen war, aber sein Versprechen hatte er selbstverständlich gehalten. Und Rudolf Grovian ging immer noch davon aus, Magdalena Rosch sei am 16.   August verstorben – an Herz-Nieren-Versagen.
    Sie griff erneut nach ihrer Tasse und wollte sie zum Mund führen. Aber das Händezittern war so stark, dass der Kaffee überschwappte und auf den Tisch tropfte. Sie stellte die Tasse mit einem Klirren zurück auf den Teller. «Ich kann das nicht. Es kann ja auch gar nicht sein. Denken Sie doch mal nach. So weit sind wir nicht gefahren damals. Das war Hamburg, nicht Frankfurt. Ich hab doch die Schilder gesehen auf der Autobahn. Wir müssen umkehren. Er war so ein netter Mensch. Vielleicht hat er mich wirklich auf der Straße gefunden. Es könnte doch sein, dass ich weit gelaufen bin. Es war viel Zeit.»
    «Ich glaube nicht, dass Sie noch laufen konnten, Frau Bender», sagte er.
    «Ach Sie.» Sie winkte gequält ab. «Sie glauben nur, was gelogen ist. Kein Mensch hat Ihnen die Wahrheit gesagt,glauben Sie mir.» Sie drehte wieder das Gesicht zum Fenster und schaute sekundenlang schweigend hinaus. Dann wollte sie, immer noch mit abgewandtem Gesicht, wissen: «Was passiert mit mir, wenn ich Ihnen noch einen Mord gestehe? Dann sind es zwei. Was kriege ich dafür?»
    «Nur fürs Geständnis kriegen Sie gar nichts», erklärte er. «Da müssen Sie mir schon eine zweite Leiche bieten.»
    Sie schaute in ihren Kaffee und hob noch einmal die Tasse zum Mund. Das Händezittern war immer noch stark, aber sie schaffte einen Schluck, ohne Kaffee zu verschütten. Nachdem sie die Tasse wieder abgestellt hatte, sagte sie: «Sie haben doch schon eine, das Mädchen aus der Heide.»
    Ein kurzes Lächeln zog über ihr Gesicht, als sie verkündete: «Ich habe das Mädchen umgebracht. Ich war das.» Als er nicht reagierte, erklärte sie: «Das ist ein Geständnis. Und ich will, dass Sie es so behandeln.»
    Er nickte. «Dann brauche ich nähere Einzelheiten.»
    «Das weiß ich. Ich habe Sie angelogen mit Magdalenas Geburtstag. Ich bin doch nochmal zum ‹Aladin› gefahren, als sie schlief. Aber Johnny war nicht mehr da, nur noch das Mädchen, das mit Tiger getanzt hatte. Sie erzählte mir, dass die beiden woanders hingefahren sind. Johnny hätte gesagt, es lohne nicht, auf eine verklemmte Ziege zu warten. Das hat mich so wütend gemacht, da bin ich ausgeflippt. Aber ich bin ganz freundlich geblieben. Ich habe sie gefragt, ob sie Lust hat, mit mir woanders hinzufahren. Und dann bin ich mit ihr in die Heide. Ich habe sie geschlagen und getreten. Ich bin mit beiden Füßen auf ihre Brust gesprungen. Dabei sind ihre Rippen gebrochen. Als sie tot war, habe ich sie ausgezogen, damit es so aussieht, als hätten Männer das gemacht. Ihre Sachen habe ich unterwegs weggeworfen. Wir fahren am besten zurück. Dann können Sie das zu Protokoll nehmen.»
    «Wir fahren nicht zurück, Frau Bender», erklärte er bestimmt. «Das Protokoll kann ich auch später noch aufnehmen.Nach fünf Jahren kommt es auf ein oder zwei Stunden nicht an.»
    Ihre Lippen zuckten wie in der Nacht des Verhörs, als er noch dachte, sie ziehe eine Show vor ihm ab. «Ich will aber da nicht hin. Ich kann das wirklich nicht. Er wird mich doch fragen, warum ich es getan habe. Und mein Anwalt hat gesagt, ich darf nichts mehr vom Erlöser erzählen. Und dann wird er sagen, dich hätte ich verrecken lassen sollen. Das hätte er besser getan. Aber er hat mir das Leben gerettet.»
    Er griff über den Tisch nach ihren Händen, hielt sie fest und zerrte daran, bis sie ihn endlich anschaute. «Hören Sie mir jetzt gut zu, Frau Bender. Herr Frankenberg hat Ihnen das Leben gerettet, das ist ja lobenswert. Aber bevor er es retten konnte, muss es jemand in Gefahr gebracht haben. Und er wollte nicht, dass dieser Jemand dafür ins Gefängnis musste. Das hätte er nicht für einen Fremden getan. Daran denken Sie jetzt. Nur noch daran. Haben Sie mich verstanden?» Als sie nickte, ließ er ihre Hände los.
    «Aber für das tote Mädchen muss ich ins Gefängnis?»
    «Ja, natürlich», sagte er.
    «Und nicht nur ein paar Jahre?»
    «Nein, das war ein heimtückischer Mord. Dafür bekommen Sie lebenslänglich.»
    Er zahlte den Kaffee, griff nach ihrem Arm und führte sie zum Wagen zurück. Sie schien sich leichter zu fühlen. Auf der Weiterfahrt erzählte sie ihm vom Leben mit Gereon. Drei Jahre in einer Seifenblase. Seifenblasen platzen leicht. Aber der Kleine hatte es gut bei seinen Großeltern,

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