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Die Sünderin

Die Sünderin

Titel: Die Sünderin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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eine exakte Diagnose zu stellen. Doch allein die Tatsache, dass sie diese Verletzungen ohne körperliche Beeinträchtigung überlebt hatte, war ein Beweis für fachärztliche Betreuung, und dazu gehörten die entsprechenden Apparaturen. An einer Klinik führte kein Weg vorbei. Eberhard Brauning gab sich geschäftig, hob den Koffer auf seinen Schoß und begann darin zu kramen, ohne etwas herauszunehmen. Helene hatte ihm einen langen Vortrag gehalten über Cora Benders Motivation, die Polizei nach Strich und Faden zu belügen in diesem Punkt und in anderen.
    Helene hatte gesagt: «Mach ihr klar, dass sie nichts zu verlieren hat. Die süchtige Hure ist bekannt. Lock sie mit Grovians Ansicht über die Sucht aus der Reserve. Wenn du es schaffst, auch die Hure überzeugend in Frage zu stellen, hast du gewonnen, Hardy. Dann bietest du ihr, wonach sie verzweifelt sucht: ein normales und anständiges Leben.»
    Er versuchte es ohne viel Hoffnung. Wenigstens hörte sie ihm zu. Und manchmal wirkte ihre Miene wie eine Bestätigung für Helene. Als er wieder schwieg, hob sie die Achseln und lächelte wie zu einer Entschuldigung.
    «Ist nett, wie Sie das sagen. Ich wünsch mir, Sie hätten Recht.» Sie atmete tief durch und schaute an ihm vorbei. «Was passiert eigentlich mit einem Menschen, der meint, es sei ein Verbrechen geschehen, und alles tut, um es zu vertuschen?»
    «Ihm passiert nichts, wenn es nicht bekannt wird. Aber wir müssen jetzt über die Klinik reden, Frau Bender.»
    «Nein», widersprach sie und begann, einen Fingernagel der linken Hand mit dem Daumen der rechten zu polieren. «Das machen wir später. Ich muss Sie noch etwas fragen. Sie sind doch mein Anwalt. Sie dürfen nicht darüber reden. Nehmen wir einmal an, es ist ein Mensch begraben worden, den man irgendwo gefunden hat. Keiner wusste, wie er hieß.Man hat die paar Knochen, die übrig waren, in die Erde gesteckt. Nun wollte dieser Mensch aber gerne ein Feuer. Und jetzt nehmen wir an, ich wusste das. Kann ich hingehen und sagen: ‹Ich möchte diesem armen Menschen seinen letzten Wunsch erfüllen. Ich möchte ihn verbrennen lassen.› Kann ich das tun?»
    «Wenn Sie den Menschen kannten, können Sie das tun.»
    «Da müsste ich aber seinen Namen nennen, oder?» Sie polierte immer noch an dem Fingernagel und vermied es, ihn anzuschauen.
    Er wusste nicht, worauf sie hinauswollte, und fasste sich in Geduld. «Ja, das müssten Sie.»
    «Und wenn ich das nicht darf?»
    «Dann kann man leider nichts machen.»
    Endlich hob sie den Blick, ihre Miene drückte wilde Entschlossenheit aus. «Ich muss aber! Sonst werde ich verrückt. Lassen Sie sich etwas einfallen. Es wird doch irgendeinen Trick geben. Wenn Ihnen etwas einfällt, fällt mir vielleicht auch etwas ein.»
    Er atmete tief durch. «Frau Bender, können wir das nicht ein andermal besprechen? Das ist eine sehr komplizierte Angelegenheit. Da muss ich erst nachschauen, ob es einen Trick gibt. Ich werde nachschauen, das verspreche ich Ihnen. Aber jetzt muss ich wissen, in welcher Klinik Sie damals behandelt wurden. Wenn Sie es nicht wissen, sagen Sie mir, in welcher Stadt es war. Geben Sie mir irgendeinen Anhaltspunkt, damit ich beweisen kann, dass Sie keine süchtige Hure waren. Süchtig waren Sie nicht. Das hat Herr Grovian schon bewiesen. Und Herr Grovian kann sich nicht vorstellen, dass Sie sich mit perversen Freiern abgegeben haben.»
    Er hoffte, mit der erneuten Erwähnung Grovians ihre Bereitschaft noch einmal zu wecken. Vergebens, sie reagierte nicht, schaute ihn nur an, abwartend und ausdruckslos. Er vergaß Helene. Zum Teufel mit den psychologisch fundiertenInstruktionen. Er war Anwalt, und als solcher hatte er andere Argumente.
    «Wollen Sie wirklich bis an Ihr Lebensende hier sitzen und zählen, damit Sie nicht denken müssen? Wäre es nicht viel besser, einmal gründlich nachzudenken und sich den Kopf damit frei zu machen? Eines dürfen Sie mir glauben, Frau Bender. Ein paar Jahre Gefängnis, und mehr als ein paar Jahre werden es nicht, das verspreche ich Ihnen, gehen vorbei. Und im Gefängnis wird niemand verrückt. Aber hier», er pochte auf die Tischplatte, «kann man verrückt werden, wenn man es noch nicht ist. Wollen Sie das?»
    Sie antwortete nicht, schaute ihn nur an und kaute auf ihrer Unterlippe.
    «Ich glaube nicht, dass Sie es wollen», erklärte er bestimmt. Er hatte sich in Form geredet, seine Stimme gewann mehr und mehr Überzeugungskraft. «Sie haben einen Mann getötet, Frau

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