Die Sünderinnen (German Edition)
ist.«
»Barbara war tatsächlich deine Patientin?«
»Wusstest du das nicht?«, fragte Mark erstaunt und wandte sich jetzt Daniel zu. »Immerhin hast du ihr meine Adresse gegeben.«
»Na ja, wie das eben so ist. Sie war verzweifelt. Da wollte ich irgendetwas für sie tun, aber alles, was mir eingefallen ist, war deine Telefonnummer. Ich hätte nie gedacht, dass sie dich tatsächlich aufsucht. Es war doch eher eine hilflose Geste von mir. Zudem hast du niemals davon gesprochen.«
»Schweigepflicht«, erwiderte Mark und stürzte das restliche Bier in einem Zug hinunter. »Genau das habe ich dem Kriminalkommissar auch gesagt.«
»Anscheinend hast du ihr bei den Problemen tatsächlich helfen können. So fröhlich und ausgeglichen wie sie wirkte.«
»Leider nützt ihr das nicht mehr viel.«
Der Kellner nahte heran, drehte aber kurz vor der Treppe in eine andere Richtung. Vielleicht war er zu faul, die Stufen zu der kleinen Empore hochzusteigen.
»Die Bedienung hier ist auch nicht mehr wie zu unserer Zeit«, bemerkte Daniel wenig begeistert. »Wenn der so weitermacht, arbeitet sich der Bursche trinkgeldmäßig gegen Null.«
»Barbara Winklers Mann könnte natürlich ein Motiv haben«, kam Mark wieder auf den Mord zurück. »Kannst du dir noch einen anderen Grund als Eifersucht vorstellen? Immerhin kennst du die neusten Entwicklungen in ihrem Leben besser als ich.«
»Natürlich wirft die Galerie einiges ab, und ihr Mann beerbt sie sicher. Immerhin sind sie noch nicht geschieden. Wenn du mich fragst, reicht das jedoch nicht für einen Mord. Als erfolgreicher Anwalt verdient der doch sowieso mehr als genug.«
Unwillkürlich massierte Mark seine Schläfen, wie immer, wenn ihn ein Problem gefangennahm. Daniels Aufmerksamkeit dagegen richtete sich auf zwei jüngere Frauen, die noch mit Mänteln bekleidet in der Mitte des Raumes standen und anscheinend nach einem freien Tisch Ausschau hielten. Als eine der beiden die freien Plätze am Nachbartisch entdeckte, lächelte Daniel ihr aufmunternd zu. Die Frau lächelte zurück und zog ihre Freundin in Richtung Empore. Nachdem sie Platz genommen hatten, deutete Daniel Mark mit einem hoch gestreckten Daumen an, dass er jetzt einem kleinen Flirt nicht abgeneigt wäre.
»Das ist nicht dein Ernst«, stöhnte Mark leise. »Die sind doch viel zu jung.«
»Als Dauerbrenner, aber doch nicht für ein kleines bisschen Spaß«, erwiderte Daniel mit vielsagendem Grinsen. »Du siehst wirklich alles viel zu verkniffen, besonders, wenn es um Frauen geht. Lass den ganzen Beziehungsstress und gönne dir eine kleine Aufmunterung. Wir könnten die beiden zu einem Drink einladen und den Abend irgendwo nett ausklingen lassen.«
»Leider weiß ich, dass dein irgendwo oft einer Matratze ähnelt. Aber ich könnte Susanne nicht betrügen.« Fast hätte er Lea statt Susanne gesagt.
»Davon redet doch niemand. Wir flirten ein bisschen und vergessen dabei, wie grausam das Leben sein kann.«
Daniel hatte lauter gesprochen als Mark lieb war. Hoffentlich hatten die Frauen nichts davon mitbekommen. Verstohlen schaute er zum Nachbartisch hinüber. Eine der beiden Frauen lächelte ihm offen entgegen. Verlegen blickte Mark zur Seite. Höchste Zeit, den Abend hier zu beenden.
»Es ist schon spät«, erklärte er mit Blick auf seine Armbanduhr.
»Sei kein Spielverderber«, erwiderte Daniel. »Du kannst mich mit den beiden Damen doch nicht einfach allein lassen.«
»Eine meiner Patientinnen wurde ermordet. Und du erwartest, dass ich das ebenso vergesse wie die Tatsache, dass ich verheiratet bin.«
»Die beiden netten Mädels können jedenfalls nichts dafür«, entgegnete Daniel ärgerlich. »Auch mich schockiert dieser Mord. Aber gerade deshalb sollten wir den Abend in charmanter Begleitung ausklingen lassen. Oder kennst du eine bessere Alternative, das grauenhafte Bild zu verbannen?«
»Jeder verarbeitet auf seine Art«, erklärte Mark und verzog das Gesicht. Dabei ließ er bewusst offen, ob er sich lediglich auf das Verbrechen bezog oder auf alle Beziehungskrisen. Unwillkürlich dachte er an Susannes Vorwurf, er sei spießig. Immerhin war er nicht so zwanghaft wie der Ehemann von Barbara Winkler. Ruckartig drehte er sich plötzlich zum Nachbartisch.
»Hätten Sie was dagegen, meinem Freund etwas Gesellschaft zu leisten?«, fragte er über sich selbst erstaunt. »Leider habe ich noch einen Termin und möchte ihn nicht gerne allein zurücklassen.«
Wenig später stand Mark Milton an dem befahrenen
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