Die Sumpfloch-Saga Bd. 2 - Dunkelherzen und Sternenstaub
ewigen Wächter ein Pfand geben. Er nimmt aber nur ein bestimmtes Pfand an.“
„Welcher ewige Wächter? Wer soll das denn sein?“
„Hast du genug gesehen?“, fragte Hanns. „Ich will die Lampe nicht überstrapazieren. Ich hole sie wieder hoch, wenn du nichts dagegen hast.“
Scarlett nickte.
„Mach ruhig.“
Hanns ballte die Hand, die er die ganze Zeit über dem Wasser ausgestreckt hatte, zu einer Faust und im gleichen Moment erlosch das blaue Licht im Wasser. Dann zog er vorsichtig mit beiden Händen am Seil. Mehr und mehr Seil kam zum Vorschein und ringelte sich am Boden des Boots.
„Der Wächter wurde von den Feen aufgestellt, um das Gefängnis zu bewachen“, erklärte er, während er das Seil einholte. „Wer oder was er ist, weiß man nicht. Es gibt verschiedene Geschichten darüber, aber alle stammen aus unzuverlässigen Quellen. Übereinstimmung herrscht nur in einem Punkt: Der Wächter verlangt als Pfand den heiligen Zahn des Riesen.“
„Den heiligen Zahn?“, fragte Scarlett erschüttert. „Du meinst den Zahn, der eben erst gestohlen wurde?“
„Genau den. Der Zahn versteckt sich, indem er alle hundert Jahre eine neue Form annimmt. Aber der Wächter erkennt ihn, egal in welcher Form.“
„Und dann? Was passiert, wenn man dem Wächter das Pfand gegeben hat?“
„Dann glaubt er, die Feen hätten einen geschickt. Er wird Torcks Gefängnis öffnen und den Gefangenen freilassen.“
Es war auf einmal sehr finster in der Grotte. Gegen das helle blaue Licht von zuvor wirkte die kleine Laterne im Boot düster und schummrig. Ihr Licht reichte kaum bis zur nächsten Höhlenwand. Gerade zog Hanns die kleine, schwere Lampe aus dem Wasser. Immer noch glühte sie schwach im Inneren, doch jetzt drehte Hanns abermals den Knopf und sie erlosch gänzlich.
„Was wird Torck tun, wenn er wieder frei ist?“, fragte Scarlett.
„Er hat geschworen, Amuylett zu zerstören, wenn er wieder freikommt.“
„Dann sollte er besser nicht freikommen“, sagte Scarlett. „Findest du nicht auch?“
Hanns packte seine Lampe wieder in die Ledertasche und schien kein bisschen besorgt. Er fand die Geschichte eher lustig.
„Du hast doch selbst gesagt, dass es keine Götter gibt“, sagte er. „Vielleicht ist etwas Gefährliches da unten. Aber ein Gott wird’s schon nicht sein.“
Scarlett schwieg. Der heilige Zahn war nach Fortinbrack gelangt – das glaubte jedenfalls die Regierung und so hatte man es dem Ritter Gangwolf erzählt. Aber das würde womöglich bedeuten, dass Grindgürtel, der Herrscher von Fortinbrack, auf dem Weg nach Sumpfloch war. Wollte er den Riesenzahn benutzen, um das, was auch immer da unten eingesperrt war, zu befreien?
„Jetzt weißt du, warum ich das Feenmaul gesucht habe“, sagte Hanns. „Es ist einfach die beste Geschichte, die Sumpfloch zu bieten hat!“
„Heißt das, du wirst jetzt nichts mehr suchen? Weil du Sumpflochs größtes Rätsel gelöst hast?“
„Wer wäre ich, wenn ich mir dieses unterirdische Gefängnis nicht aus der Nähe ansehen würde? Das hier ist erst der Anfang, Scarlett!“
Er lachte über ihr Gesicht. Noch nie hatte ihn Scarlett so gut gelaunt erlebt.
„Aber zu deiner Beruhigung“, sagte er, „wir fangen nicht heute mit der Erkundung an. Das kann noch ein paar Tage warten.“
Er ruderte zurück zum Wasserfall. Alleine der Gedanke, jetzt wieder von oben bis unten nass gespritzt zu werden, bereitete Scarlett so ein Unbehagen, dass es sie schüttelte.
„Das nächste Mal nehmen wir einen Schirm mit“, sagte sie.
„Scarlett, wir wollen ein Gefängnis unter Wasser erkunden! Da wird dir ein Schirm nicht viel nützen!“
‚Wer sagt, dass wir das wollen?’, dachte Scarlett. Aber sie sagte es nicht laut. Ihr schwirrte der Kopf von Feen, Riesen und Gewittergöttern. Da kam ihr auf einmal ein Gedanke. Es war ein sehr wichtiger Gedanke! Doch fast im gleichen Moment wurde sie vom herabstürzenden Wasser getroffen. Der Wasserfall spülte den Gedanken fort und als er ihr sehr viel später wieder einfiel, war es zu spät.
Kapitel 13: Wolfsgeheul
Viego Vandalez kehrte drei Tage später nach Sumpfloch zurück. Wer es irgendwie einrichten konnte, ging dem Halbvampir aus dem Weg, denn er wirkte finsterer denn je und seine Gestalt schien umwölkt von Unheil. Im Naturkreisläufe-Unterricht wagte es niemand, heimlich zu flüstern oder Briefe zu schreiben oder Radiergummis zu verhexen. Jeder saß still in der Bank und hoffte, dass Viegos blutunterlaufene
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