Die Supermarkt-Lüge
Aminosäure) und Glutathion (enthalten in Hefe-Extrakt)«, erklärt Lisa Bramen vom Smithsonian Magazin. Calciumrezeptoren auf der Zunge würden davon angesprochen. Bis 2008 waren letztere auch Wissenschaftlern noch unbekannt.
Als Kokumi-Lieferant bietet sich der weltgröÃte Glutamat Hersteller Ajinomoto an. Seine drei Produkte »Koji-Aji«, »Super YE« und »Super RK« versprechen Lebensmittelherstellern den neuen Geschmack. Dahinter verstecken sich Hefeextrakte und im Fall von »Super RK« auch ÂMaltodextrin, Zucker und Gemüseextrakt.
Und wem der sechste Geschmack noch nicht genug ist, der kann künftig unsere Papillen, die Geschmacksknospen auf der Zunge, mehr oder weniger direkt stimulieren. Die Idee kommt aus der Pharma-Forschung, umgesetzt wird sie für den Lebensmittelbereich u. a. von Senomyx. Cath Bovenizer, Executive Director von Senomyx, erklärt: »Jede Geschmacksknospe hat 50 bis 100 Geschmackszellen, jede ist darauf spezialisiert sauer, bitter, salzig, umami und süà zu erkennen. Werfen wir einen Blick auf die ÂsüÃen Zellen, um zu sehen wie sie funktionieren. [â¦] Die süÃen Rezeptoren haben Scharnier-Strukturen [â¦]. Wenn eine groÃe Menge an Saccharose vorhanden ist, werden die Rezeptoren vielen Zuckermolekülen ausgesetzt. Die hohe Konzentration von Zucker bewirkt, dass eine Mehrheit der Rezeptoren [â¦] aktiviert wird. Wird eine groÃe Zahl von Rezeptoren im Gleichklang aktiviert, senden sie ein Signal an das Gehirn, das wir als starken süÃen Geschmack wahrnehmen. [â¦] Senomyxâ Ansatz ist es, einen SüÃ-Verstärker in ein Produkt, das eine geringe Menge an Saccharose hat, einzuarbeiten. In Gegenwart des Verstärkers bindet sich die Saccharose enger an den Rezeptor, so dass, obwohl das Produkt wenig Zucker enthält, die meisten der süÃe Rezeptoren aktiviert werden, und das Signal âºsüÃer Geschmackâ¹ stark ist.« Analog funktioniert das auch mit salzigen Geschmäckern, Senomyx kann Sinnesempfindungen auf unserer Zunge blockieren oder verstärken.
Um den Blocker oder Verstärker zu finden, werden laut Unternehmensangaben 800.000 verschiedene Verbindungen und natürliche Extrakte getestet und anschlieÃend eventuell »optimiert«.
»Durch Tricksen mit unseren Geschmacksnerven könnte Senomyx den Nahrungsmittelherstellern einen Haufen Geld sparen und ihnen erlauben, Mengen an Zucker, Salz und anderen Zutaten mit kleinsten Mengen von billigen Verbindungen zu ersetzen.«, jubelt die Autorin Melinda Wenner im Scientific American .
Darum geht es ja wohl. Denn Senomyx erzeugt auf unserer Zunge eine Fata Morgana. Man schmeckt etwas, wo nichts oder wenig ist. In Amerika gibt es Widerstand dagegen: Es heiÃt, Senomyxâ Verstärker bestehe teilweise aus Nierenzellen abgetriebener Föten. Laut den entsprechenden Patentschriften ist das unzutreffend, die Zellen (HEK 293 für »human embryonic kidney«) können aber genutzt werden, um Verstärker und Blocker zu testen.
Ajinomoto, Pepsi, Cadbury, der Aromenfabrikant Firmenich, Nestlé und Solae, ein Hersteller von Sojaprodukten, sind offizielle Partner von Senomyx.
Werden solche Verstärker auch in Europa genutzt?
»Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat eine âºpositive Stellungnahmeâ¹ für Senomyx S336 und S807 Savory Flavors erteilt, was bedeutet, dass keine weitere Bewertung erforderlich ist.«, teilt das Unternehmen mit. »Eine endgültige Zulassung und Vermarktung in der EU ist abhängig von den Zutaten, die in der EFSA Union Liste enthalten sind, die noch nicht verÂöffentlicht wurde.«
Das klingt, als könne jeden Moment in Brüssel ein Schrieb veröffentlicht werden, der die Verklappung von Senomyx-Aromen in Nahrungsmitteln erlaubt. Dr. Ludger Fischer, Vertreter der Lebensmittel-Kleinbetriebe und Mitglied des Beratungsgremiums der Interessenvertreter bei der EFSA, erklärt: »Das ist nicht wahr. Nach meiner Kenntnis wurde nicht einmal ein Antrag auf Evaluation von Senomyx gestellt.«
Das Unternehmen wirbt unterdessen mit seinen potenten Kunden: Laut Angaben von Senomyx vermarktet Nestlé »Produkte, die einen von Senomyx Savoury Flavors enthalten, im pazifischen Raum, Lateinamerika, Afrika und dem mittleren Osten«. Ajinomoto, der weltgröÃte Hersteller von Glutamat, hat diese Aufgabe in Asien und
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