Die Tänzer von Arun
essen?« rief Ilene ihr zu.
Terézia schüttelte den Kopf. »Ich hab' schon bei Cleo gegessen.« Eine Musiknote zitterte durch die Luft, eine zweite und eine dritte. Kerris erkannte das vibrierende Schwirren einer Handharfe.
»Das ist schön«, sagte Elli.
Kerris wartete darauf, daß sich in seiner Brust jenes kleine bittere Zucken melde, jener Hauch von Neid, den er stets gegenüber Menschen empfunden hatte, die zwei gesunde Hände besaßen und damit Musik machen konnten. Die Empfindung blieb aus.
Terézia saß mit gekreuzten Beinen auf einem Kissen. »Sagt mir, was ich spielen soll«, bat sie.
»Spiel uns das Rätsellied!« sagte Calwin.
Terézia spielte es.
»Spiel ›Ich bin ein Fremdling‹!« bat Arillard.
Es wurde dämmerig. Arillard entzündete die chobata. Er stellte eine neben Terézias Knie ab. »Beth, meine Frau, hat auch die Handharfe gespielt«, sagte er.
Terézia sagte: »Das hast du mir letztes Jahr schon gesagt, als ich gerade zu lernen angefangen habe.«
»Du hast eine leichte Hand – dein Anschlag erinnert mich an den ihren.«
Kel und Elli machten den Tisch frei. Als er genug Platz hatte, legte Kerris das Papier vor sich hin, das er von Meritha erhalten hatte. Er stellte eine Ölschale in die Nähe, aber so weit weg, daß die gestreiften Blätter sich nicht von der Hitze rollen konnten. Er mischte seine Tusche in dem Teller mit dem angeschlagenen Rand.
Während er noch mit den Vorbereitungen beschäftigt war, kam Sefer langsam aus dem Obergeschoß heruntergestiegen. Er hatte die Mahlzeit versäumt, und sein Gesicht war verquollen vom Schlaf. Er trat in die Küche.
Kerris fuhr sich mit den elastischen weichen Pinselhaaren über die Lippen. Es war eine leicht erotische Berührung. Er hob den Pinsel, um ihn in die Tusche zu tauchen, und hielt inne.
Sefer tauchte aus der Küche auf, ein Trinkgefäß in der Hand.
»Sefer?«
»Was ist?« fragte der Lehrmeister.
»In den Journalen auf Tornor steht immer eine Zeile, die das Datum des Berichts angibt – zum Beispiel: Im zwanzigsten Jahr der Herrschaft Morvens, des neunzehnten Lord von Tornor – ich weiß nicht, was ich hier schreiben soll.«
»Hmm.« Sefer rieb sich am Kinn. »Setz das Jahr des Rats ein. Also, im Jahre soundsoviel seit der Einrichtung des Rates der Häuser in Kendra-im-Delta – aber ich weiß nicht, welches Jahr wir haben, Arillard?«
Arillard hob den Kopf.
»Welches Jahr des Rates haben wir?« fragte Sefer.
Arillard sah nachdenklich drein. »Das drei ... das vierunddreißigste.«
»Genügt das?«
Es schien richtig. Kerris tauchte den Pinsel in die Tinte. Dies ist der Bericht über gewisse Ereignisse, geschehen in der Stadt Elath, im vierunddreißigsten Jahr seit der Einrichtung des Rates der Häuser in Kendra-im-Delta, niedergeschrieben von Kerris von Elath – er zögerte und fügte dann nachdrücklich hinzu: Schreiber. »An welchem Tag sind die Asech zum erstenmal aufgetaucht?«
Sefer rieb sich mit den Daumen über die Augenlider. »Am ersten Tag des Viertelmondes«, sagte er.
Im ersten Monat des Sommers, den ersten Tag des Viertelmondes, schrieb Kerris, griffen Leute der Wüstenstämme, die Asech heißen, das Dorf Elath an ... »Sind sie von Süden gekommen?«
»Nein«, sagte Sefer. »Beim erstenmal kamen sie über die Nordstraße.«
... von Norden kommend. Sie brannten ... »Soll ich schreiben, wessen Häuser niedergebrannt wurden?«
»Ich glaube, das solltest du.« Sefer trat an den Tisch und blickte Kerris über die Schulter, einen Augenblick lang, dann setzte er sich. »Aber vielleicht ist es nicht nötig. Schreibe, drei Häuser. Aber du schreibst besser, daß Thiya getötet wurde.«
... die Häuser von drei Familien nieder. Thiya wurde getötet. Drei Tage darauf kehrten sie zurück, brannten ein weiteres Haus nieder und nahmen zum Gefangenen einen Besucher des Ortes, namens Riniard aus dem Galbareth, einen Cheari. Durch ihre Sprecherin, Thera, drohten sie, den Gefangenen zu töten, es sei denn, die Hexen von Elath lehrten sie die Hexenkünste. Es war den Bewohnern von Elath bekannt, daß diese Asech im Besitz einiger Hexengaben waren. Sie nannten ihren Stammesnamen, Li Omani, die Gebrandmarkten. Ihr Häuptling schien ein Mann namens Barat zu sein. Die Worte flossen ihm leicht aus der Feder. Dann brach er ab, um die Finger ruhen zu lassen. Seine Hand war vom Training des Tages müde.
»Stört es dich, wenn ich dir über die Schulter gaffe?« fragte Sefer. Das Licht der chobata fiel ihm von unten ins
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