Die Tänzer von Arun
Rasch! Versuch mich so zu locken, daß ich die Sonne in den Augen habe! Ich greife gleich wieder an. Block mich außen ab und ziele auf meinen Hals! Jetzt spring zurück! Richtig. Bleib nicht in meiner Reichweite, oder ich packe dich mit der rechten Hand! Bleib in Bewegung!«
»Was passiert, wenn du von oben herankommst?« fragte Kerris keuchend.
»Das ist einfacher. Bück dich und hau mir das Messer in den Unterleib. Probieren wir es mal!« Das gelbe Niji zuckte auf Kerris' Kehle zu.
Kerris duckte sich und stieß zu. Die Messerspitze streifte Kels Rippe, bevor er zurückgleiten konnte. »Gut! Bleib nicht stehen!«
Kerris' Finger zitterten. Er ließ das Messer fallen. Kel hob es mit einer fließenden Bewegung auf und steckte es in den Gürtel. Mit der anderen Hand umfaßte er Kerris' Handgelenk. »Chelito?«
»Ich ...« Kerris fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Ich habe noch nie einen Menschen verletzt.«
Kel streichelte ihm über den Rücken. »Niemals? Nicht einmal, als du ganz klein warst, wegen eines besseren Platzes am Feuer? Wegen eines Lieblingsspielzeugs?«
»Oh, das ja. Aber niemals mit einer Waffe, auch nicht mit einer aus Holz.«
»Möge das chea dir gewähren, daß du niemals eine echte Waffe benutzen mußt!« sagte Kel. »Aber wenn du es tust, wirst du es richtig machen. Wenn du in Zukunft jemals beim Training unterbrechen mußt, dann tritt zurück und lege das Messer auf die Erde. So.« Er führte die rituelle Geste vor: ein langer fließender Schritt und die Beuge, als er mit dem niji die Erde berührte. Sein rechtes Knie streifte dabei kaum den Boden.
Dann zog er Kerris' Niji aus dem Gürtel und hielt es ihm entgegen, das Heft nach vorn gerichtet. »Nimm, und wenn das nächstemal ein Stoß erfolgt, dann brich ihn nicht ab!«
Sie arbeiteten weiter. Kerris' Brust begann zu brennen. Er rang keuchend nach Luft. Kel stieß immer wieder zu. Er parierte und stieß nach oben, immer in Bewegung, biegsam ausweichend, die Hand locker um den Holzgriff des Messers gelegt, die Schultern entspannt hängend, versuchte er den größeren Kel so herumzulocken, daß er in die Sonne blickte.
Einmal sprang er zu spät zurück. Kels Linke schoß vor und stieß ihm gegen die Rippen. Er tänzelte weiter. Kel lächelte. Der Schmerz in der Brust begann sich aufzulösen. Der Atem ging leichter. »Schneller jetzt!« sagte Kel. »Du bewegst dich zu langsam. Ich könnte dich inzwischen dreimal umbringen. Gut so! Stoß auf mich zu! Laß nicht zu, daß ich langsamer werde! Wenn ich die Stoßart dir gegenüber wechsle ...« – er tat es, und das niji schoß auf Kerris' Hals zu –, »dann wechsel auch du die Technik.« Kerris duckte sich und sprang vor. Das Messer streifte Kels Seite und hinterließ einen roten Kratzer. »Jaaa! Laß nicht nach!«
Sie arbeiteten, bis Kerris zu taumeln begann. Jetzt taten ihm die Lungen wirklich weh. Kel trat zurück, kniete nieder und streifte mit dem niji über den Boden des Waffenhofes. Er erhob sich und drehte Kerris das Messer aus der steifgewordenen Hand. Dann umarmte er ihn. Sein Atem ging kaum heftiger. Die Schweißschicht auf seinem langen Torso ließ seinen Leib wie poliert erscheinen. Er strich Kerris mit beiden Händen über die Rippen. An einer Stelle war ein wunder Punkt. Kerris zuckte zusammen.
Kel zog ihm das Hemd auf. »Laß mal sehen!« Wo das Messer ihn getroffen hatte, zeigte sich eine purpurblaue Prellung. »Du hast mir nichts gesagt.«
»Du hast gesagt, ich soll nicht aufhören.«
Die anderen hatten Jensie endlich müde gemacht. Sie hockte gegen den Zaun gelehnt da. Arillard und Elli trainierten halbherzig im Schatten des Wächters. Ein paar der Schleifchen in Ellis Haar hatten sich gelöst.
»Gehen wir ins Bad!« sagte Ilene.
Bei den Bädern drängelten sich die Leute. Am Ende des Oberteichs spielte ein Haufen nackter Kinder mit lautem Gekreisch. Sie tanzten auf den flachen Felsspalten herum und schubsten sich gegenseitig ins Wasser. Der Teich war dort flach. Elli rannte zum Schwitzzelt hinüber und hielt kaum vor der Eingangsklappe an, um die Kleider abzustreifen. Die Kinder spritzten einander an. Die Erwachsenen winkten den Chearis zu. Tek stand in der Mitte des unteren Teichs. Seife schäumte auf seiner Brust, den Unterarmen, zwischen den Schenkeln und die mächtigen Beine hinab. Das Haar stand ihm in buschigen Stacheln vom Kopf ab. Sein gewaltiger Torso war von Beulen und Narben bedeckt – er sah aus wie ein uralter Baum.
Kerris blieb am
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