Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Tänzer von Arun

Titel: Die Tänzer von Arun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth A. Lynn
Vom Netzwerk:
herauf. Kerris begrüßte ihre Wärme, so dünn sie auch war, auf den Schultern. Kel hörte auf zu weinen. Er hockte auf der Erde, zusammengekrümmt wie ein Säugling, den Kopf auf Kerris' Knien. Kerris strich ihm durch das lose Haar. »Kel«, sagte er, »wir müssen zurück!«
    Kel hob den Kopf. »Zurück?« Seine Stimme klang wie ein Echo.
    »Zurück ins Dorf.«
    Ein Eichhörnchen rannte den Rand des Teiches entlang. Kel starrte es an, als habe er nie zuvor ein solches Tier gesehen. Sein Gesicht war rot und von Tränen verquollen. Kerris sagte: »Ilene wird ganz verrückt sein vor Sorge.«
    Kel drehte den Kopf herum und sah ihn an. Ein Lächeln – nein, der Hauch eines Lächelns – hob die Lippen. »Wird sie«, sagte er. Er beugte sich zum Wasser hinab, schöpfte mit der Hand und trank. »Der Hals tut mir weh.« Langsam stand er auf. Kerris' feuchtes Hemd fiel ins Gras. Kel hob es auf. Er spitzte die Lippen und pfiff ein Signal aus zwei Tönen. Callitos roter Kopf schob sich zwischen den Baumstämmen hervor.
    Kel trat zu dem Pferd und tätschelte es. »Er hat die ganze Nacht über viel Geduld mit mir gehabt«, sagte er über die Schulter. »Er muß gedacht haben, ich bin verrückt geworden. Und das war ich auch ein wenig. Verrückt.«
    Sie stiegen den Hang hinab. Callito stapfte hinter ihnen drein. Eine unstete Brise ließ die Bänder an den Stangen flattern. Aus den Kaminen der Bauernhäuser stieg Rauch auf. Die Felder waren menschenleer. Braune Kaninchen hoppelten ungehindert durch das Buschwerk.
    Kel blickte zu der Rauchfahne im Himmel. »Die Asech verbrennen ihre Toten«, sagte er. Seine Stimme klang dunkel vor Schmerz.
    Unten am Hang wartete eine Menschengruppe auf sie. Es war der chearas. Sie drängten sich um Kel. Elli nahm ihm Kerris' Hemd aus der Hand. Ilene legte ihm den Arm um den Rücken.
    Er wehrte sich sekundenlang gegen die Berührung, dann ließ er sich entspannt in die Umarmung sinken. Mit einer Hand hielt er Kerris' Arm fest. »Wo ist der Rote?« flüsterte er.
    Jensie sagte: »Er schläft. Er ist ganz erledigt.«
    Elli trat an Kerris' rechte Seite. Sie strich ihm über die Rippen. Er zuckte zurück. Ihre Augen waren groß vor Übermüdung. »Ich danke dir«, sagte sie. Kel machte sich sanft aus Ilenes Armen frei. »Wo sind wir – wo haben sie uns untergebracht?«
    Ilene sagte: »In Laras Haus.« Kel nickte. Seine Finger glitten von Kerris' Ellbogen. Stumm umarmte er die Chearis, einen nach dem anderen. Kerris lehnte müde an Callitos Flanke. Das mächtige Tier wieherte leise. Sein Fell war rauh und warm.
    Die Fenster an den Häusern waren mit Läden verschlossen. Die Werkstätten lagen still da, niemand war zu sehen. Sie gingen zu Laras Haus. Beim Stall hielten sie an. Calwin brachte Callito in die Boxe. Als das große Tor aufschwang, hörte Kerris ein Weinen. Er schaute zu Kel hinüber. Dessen Gesicht blieb ausdruckslos, nur hinter den Augen schien sich etwas zu bewegen. Er berührte Ilene. »Jacob?« fragte er.
    »Du hast ihm den Arm gebrochen.«
    Laras Haus lag dunkel da. Die Vorhänge waren noch zugezogen. Der Raum im Erdgeschoß war leer. Kel ließ den Blick umherschweifen. Schließlich wandte er sich Jensie zu. »Riniard?« fragte er.
    Sie spreizte die Finger. »Ich weiß es nicht. Er war vorher hier.«
    Ilene sagte: »Er traut sich nicht, dir gegenüberzutreten.«
    Kel fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Ich habe Durst.«
    Arillard trat hinter den Wandschirm und kam mit einem blauen Trinkglas zurück. Kel nahm es mit beiden Händen. Er leerte es fast bis zur Neige, hielt dann inne und gab das Glas Kerris weiter. »Trink du auch!« Kerris schluckte die letzten paar Tropfen. Die Müdigkeit schlich wie ein Gift durch seine Adern. Es fiel ihm ein, daß er nicht geschlafen hatte.
    Kel ging zur Treppe. Er blieb dort stehen, wie erstarrt, leicht hin- und herschwankend. Kerris reichte Arillard das Trinkgefäß und ging hinüber, um zu sehen, auf was sein Bruder blickte. Es war das Standbild des Wächters. »Kel?«
    Kels Gesicht war starr, die Augen ein gefährliches leeres Grau.
    »Kel!« Kerris drängte sich zwischen seinen Bruder und das Bild in der Nische. »Komm weg hier!« Er schob Kel zurück. Einen Augenblick lang fürchtete er, der Cheari würde ihn angreifen. Arillard kam herüber und half ihm. Gemeinsam drängten sie Kel von der Statue fort und brachten ihn schließlich dazu, sich auf den Matten auszustrecken.
     
    Sie schliefen. Es wurde heiß und eng im Raum. Kerris wachte

Weitere Kostenlose Bücher