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Die Tänzer von Arun

Titel: Die Tänzer von Arun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth A. Lynn
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sie, »da ist Riniard!« Kerris reckte den Hals. In dem Gedränge sah er Ardith und Tazia, die auf seinen Schultern saß – und da war auch Riniard. Sein Gesicht war fleckig und verquollen. Kerris suchte nach Jensie, konnte sie aber nirgendwo sehen. Er hatte auch Ilene und Arillard und Cal aus den Augen verloren. Er fragte sich, ob die Asech abgezogen seien, oder ob sie in ihrem Lager auf die Rückkehr Jacobs und Nerims warteten.
    Der Trauerzug wand sich wie eine große Schlange durch die Gassen. Lara ging an der Spitze, hinter ihr folgte die Bahre. Der Boden wurde weich. Kerris tat das Knie weh. Er zwang sich mitzuhalten. Einmal blickte er zurück. Der Abhang hinter ihm war schwarz von Menschen. Vor ihm schimmerte grün und weiß ein Obstgarten. Der Trauerzug hielt an. Die Menschen zerstreuten sich unter den blütenbeladenen Bäumen.
    Kerris sah Ilene, die Borti am Arm trug. Er stieß Elli am Ellbogen an. Sie blickte seinem Zeigefinger nach. »Ja, ich sehe«, sagte sie. Leute drängten sich vor. Kerris verlor die Bahre aus den Augen. So behutsam wie möglich drängelte er sich weiter nach vorn. Lara stand zu Häupten des Toten. Die Träger, außer Kel, hatten sich zurückgezogen. Kel lag auf den Knien, eine Hand war ausgestreckt und lag auf dem Leib des Toten. Kerris kniff sich die Nase zu. Der überwältigend süße Duft der Apfelblüten reizte ihn zum Niesen.
    Lara hob die Hände. »Laßt die Menschen, die dazu fähig sind, vortreten und ihm einen Platz schaffen, wo er ruhen kann!«
    Keiner rührte sich. Dann trat langsam Tamaris vor. Sie streckte die Hände aus, die Handflächen nach unten gerichtet. Die Erde bewegte sich. Ardith trat neben sie, Tazia noch immer auf den Schultern. Korith trat zu ihnen. Sein dunkles Gesichtchen war spitz vor Kummer. Mehr Menschen traten aus der Menge. Sie bildeten einen Kreis um die Bahre. Dann knieten sie nieder und reichten sich die Hände. Kerris sah, wie sich die Erde hob und aufbrach. Sie gruben ein Grab für Sefers Leib. Die Erde riß unter dem Druck ihres Willens auf und ein Hügel begann sich neben dem Leichnam zu häufen. Das bronzefarbene Gesicht Tamaris' war bewegungslos wie eine Maske. Tazias Zöpfe standen ihr gerade vom Kopf ab, so übermäßig konzentrierte sie sich.
    Lara hob die Hände. »Die Stätte ist bereitet. Wir nehmen Abschied von unserem Lehrer, von unserem Freund und Geliebten, von unserem Bruder Sefer. Wir sind voll Freude über die Zeit, die er unter uns geweilt hat. Und wir trauern, daß sie so kurz war. Laßt uns weinen und lachen, laßt uns an ihn denken und einander Trost geben und in Frieden sein, im Namen des chea.«
    Tamaris' Schultern krümmten sich. Tazias Gesicht spannte sich angestrengt. Das Brett, und mit ihm seine Bürde, glitt in das Erdloch. Der Staubhügel wurde kleiner. Kerris hörte ein leises Poltern, als die Erdklumpen in das sich schließende Grab zurückglitten.
    Der Kreis der Menschen stand auf. »Es ist getan«, sagte Lara. Durch die Reihen der Trauernden lief ein Stöhnen. Kerris merkte, daß er weinte. Vor seinen Augen schwebte ein weißer Fleck vorbei. Er blickte auf. Die Blütenblätter fielen wie Schnee auf die Bewohner des Dorfes. Und sie webten einen weichen Teppich über dem frischen braunen Grab.
    Kerris suchte nach seinem Bruder. Einen Augenblick lang fürchtete er, Kel könnte sich den Hang hinauf davongeschlichen haben. Dann entdeckte er Ilene, die beide Arme fest um ihn geschlungen hatte. Er zupfte Elli am Ärmel. »Warte!« sagte sie. Arillard kam zu ihnen herüber. Und zusammen gingen sie zu Kel und Ilene. Calwin drängte sich durch die Menge, und hinter ihm Jensie. Sie schlossen den Kreis.
    In Kels Gesicht waren tiefe Linien eingekerbt, doch die schreckliche Blässe war verflogen. »Ich muß mit Jacob reden«, sagte er.
    »Mach das morgen«, sagte Ilene.
    »Und was soll ich jetzt tun?«
    Sie faßte ihn an den Ellbogen. »Du sollst in der Sonne liegen und weinen und lachen und trinken, bis du betrunken bist.«
    »Wo ist mein Bruder?«
    »Hier bin ich«, sagte Kerris. Kel griff nach ihm und zog ihn fest an die Brust.
    »Sag es mir noch einmal, daß ich kein Gespenst bin«, bat er.
    Kerris streckte ihm das Handgelenk hin. Die bräunlichen Druckstellen zeichneten sich deutlich auf der helleren Haut ab. »Gespenster hinterlassen keine Fingerabdrücke!« Kel faßte sehr behutsam nach dem Handgelenk.
    »Hab' ich das ... wann habe ich das gemacht?«
    »Heut früh. Am Teich.«
    »Am Teich?« Kels Augen schienen stumpf zu

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