Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Tänzer von Arun

Titel: Die Tänzer von Arun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth A. Lynn
Vom Netzwerk:
Barat fiel zu Boden. Ilene trat unter die Bäume. Kerris hörte ihre Stimme und ging ihr nach. Sie lag auf den Knien, wiegte Thera in ihren Armen. Der Pferdekopfgriff wuchs wie eine widerliche Blüte aus Theras Bauch.
    »Ist er tot?« flüsterte sie. Die Stimme war sehr schwach. »Ich hab' ihm geholfen, es tut mir leid. Er wollte ... so sehr ... ist er tot?« Kerris warf einen Blick auf Barats Körper. Kel hatte sich von ihm abgewandt. Er lag da, der Kopf hing in einem unmöglichen Winkel am Hals.
    Thera sagte: »Ich seh es in deinen Gedanken. Seele zu Seele kann nicht lü ...« Sie hustete. Ihre Augen wurden riesig. Über der Wunde war Blut auf ihrer Tunika, helles, frisches Blut. Sie seufzte und wurde schlaff. Ilene ließ sie zu Boden gleiten und drückte ihr die Lider über den blicklosen Augen zu.
    Kerris rannte zum Zelt zurück.
    Im Innern lag Sefer. Er lag mit dem Gesicht nach unten im Staub. Hände und Beine waren gefesselt. An seiner Seite ein Kohlenhaufen, noch rauchend. Daneben lag ein dünner Metallstab. Sein nackter Rücken war bedeckt von Brandmalen, manche waren so tief, daß das Fleisch verkohlt war. Sein Gesicht war friedvoll, es lächelte fast. Es sah aus, als schlafe er. Nur war da diese breitaufklaffende Wunde quer über seinen Hals. Auf dem Boden verkrustetes Blut. Es war kein Laut auf der Lichtung zu hören, außer dem Wind und dem zirpenden Geräusch des ausglühenden Brandeisens.
    Kel legte eine zuckende Hand auf das helle Haar. »Sef?« Das Haar bewegte sich unter den Fingerspitzen. »Nika?«
    Er wartete auf die Antwort des Toten, und seine Finger glitten über das unbewegliche Gesicht, als wäre er blind.
    Er trat schwankend einen Schritt zurück. In der Düsternis sahen seine Augen wie Marmor aus. Ein Laut drang aus seiner Kehle wie das Wimmern eines Tieres. Dann rannte er, taumelnd und ungraziös hinüber, wo Callito wartete. Kerris hörte das große Pferd wiehern und dann das rasch verklingende Trommeln der Hufe auf dem Stein.
    Leute waren um ihn herum.
    Sie rissen das Zelt nieder, zerstampften die Asche und schaufelten mit den Schuhen Staub über das Blut. Sie trugen die Toten weg. Es wurde dunkel. Es wurde kalt. Kerris saß nur da, den Arm um die Knie gelegt. Sie alle saßen da, dicht aneinandergelehnt, zitternd. Ilene weinte vor sich hin. Und Riniard auch. Arillard sagte: »Wir müssen zurück!« Hände zwangen zum Aufstehen. Langsam halfen sie sich gegenseitig den dunklen Pfad hinunter.
    Sie ritten ins Dorf. Lara kam ihnen entgegen. Sie gingen zum Haus. Durch die Fenster schien der Mond. Das Zimmer war eisigkalt. Arillard wanderte auf und ab. Ilene hockte direkt an der Tür, in eine Decke gehüllt wie eine alte Frau. Ihr Kopf hob sich bei jedem Laut. Kerris saß am Südfenster. Man sah durch es auf den Kamm hinauf. Einmal sah er eine weißhaarige Gestalt und zog sich zurück, weil er dachte, es sei Sefers Geist, doch es war nur ein Mann, ein Fremder, und das Mondlicht ließ sein Haar leuchten. Einmal sah er die Silhouette eines Reiters vor den Bäumen, winzig wie eine Ameise, doch als er wieder hinsah, war die Gestalt verschwunden.
    Elli fragte: »Riniard, warum bist du zu uns gekommen, warum hast du uns geholt und nicht die Wachen?«
    Riniard nahm sich zusammen. »Ich hab' nicht daran gedacht«, flüsterte er.
    Ilene sagte: »Es hätte keinen Unterschied gemacht. Barat hätte ihn umgebracht, ganz egal, wer gekommen wäre.«
    Kerris wandte sich erneut seiner Wache zu. Eine helle Linie im Osten kündigte den Tag an.
    Ilene stand auf. Sie packte Kerris mit der Faust an der Hemdbrust. »Komm mit!« befahl sie. Ihr Atem roch sauer. »Komm mit hinaus!« Er trat mit ihr auf die Straße. Über dem östlichen Horizont zitterte eine dunkle Rauchfeder im Himmel.
    Arillard war ihnen gefolgt.
    »Es dauert zu lange«, sagte Ilene. Sie schaute Arillard an. »Er ist noch nie zuvor so lange ausgeblieben!«
    »Es ist nur zu verständlich«, entgegnete Arillard. Zum erstenmal zeichneten sich die Alterslinien deutlich in seinem Gesicht ab. Seine Augen waren gerötet. »Er trauert.«
    »Aber es ist falsch«, sagte Ilene. »Er ist ohne uns kein Ganzes. Wir sind ohne ihn kein Ganzes. Wir sind ein chearas!«
    »Er will uns jetzt nicht um sich haben«, sagte Arillard.
    »Er muß uns aber wollen«, rief Ilene mit Tränen in der Stimme. »Was wird, wenn er nicht zurückkommt?« Sie fuhr mit der Hand kreisend den Hügelkamm nach. »Er kann nicht weit geritten sein. Er kann einfach nicht! Kerris, du bist sein

Weitere Kostenlose Bücher