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Die Tänzer von Arun

Titel: Die Tänzer von Arun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth A. Lynn
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Angst, er hatte große Angst.
    Er hörte seinen Namen, doch er reagierte nicht darauf. Er kannte diese Menschen nicht. Er wollte nicht aus sich selber herauskriechen.
    »Kerris!«
    »Was ist? Stimmt was nicht mit ihm?«
    »Kerris! Hör mich doch!« Er drehte den Kopf weg. Aber die Stimme verfolgte ihn. Höre mich! Es war Kels Stimme, und sie dröhnte im Innern seines Kopfes, in seinem Hirn. Es geht vorbei. Kämpfe nicht dagegen an! Wir sind bei dir. Du kennst uns doch. Wir lieben dich, chelito. Lauf nicht von uns fort! – Wir sind deine Freunde ...
    Kels Hände hielten ihn fest an den Schultern gepackt, hielten ihn, trugen ihn, und die Stimme war hell, und man konnte ihr nicht entrinnen, und sie war unerschütterlich fest wie die Berge. Kerris' Sehvermögen schwand und klärte sich in wechselnden Wellen. Er wartete, bis die Wellen sich glätteten.
    Sein Kopf fühlte sich wund. Er blickte in das Gesicht seines Bruders. »Was ...« Sein Mund war staubtrocken. Die Chearis standen im Kreis um ihn herum, wachsam und stumm wie Katzen.
    »Gebt mir Wasser!« befahl Kel. Jemand bewegte sich und kam mit dem Wasserschlauch an. Kerris versuchte ihn zu halten, aber sein Arm zuckte zu sehr. Kel hob ihm den Schlauch an die Lippen. Das Wasser roch nach Leder. Kerris trank, bis sein Bauch voll war. Kel reichte Elli den Schlauch. Seine linke Hand ruhte noch immer auf Kerris' Schulter. »Geht's besser?« fragte er.
    »Ja. Besser.« Kerris konnte kaum sprechen. Sein Kopf tobte. »Ich habe dich gehört ...«
    »Innere Stimmen gehören nicht zu meinen Fertigkeiten«, sagte Kel. »Aber ich habe ein bißchen was von Sefer gelernt, und du besitzt keine Barriere, um mich draußen zu halten. Ich hoffe, ich hab' dir nicht weh getan, chelito!«
    Elli kniete vor ihm. Sie legte ihm eine Hand aufs Knie. »Kerris, bist du wieder in Ordnung?«
    Es kostete ihn Mühe, den Kopf zu ihr zu wenden. Sein Nacken brannte. Der Kopfschmerz wurde stumpfer. »Ich glaub' schon.« Wieder sah er Kel an. »Ich habe Angst gehabt«, sagte er.
    »Das ist weiter nichts Schlimmes«, sagte Kel sanft. »Was hat dich erschreckt?«
    »Der Raum ...« Er wies auf das weite zerfließende Land ringsum. Dann versuchte er aufzustehen. Kel half ihm mit einem Arm um den Rücken hoch. Seine Muskeln kreischten. Das Gewitter war vorbei. Der Himmel glomm in lavendelblauen Tönen. Ein Nachzügler unter den Gewitterwolken schoß eilig und gewichtig ostwärts davon.
    »Wir hätten vorher darüber reden müssen«, sagte Kel. »Wie fühlt sich dein Kopf jetzt an?«
    »Müde«, sagte Kerris. Sein Haar und seine Kleider troffen vor Nässe. Der Hosenboden war schlammverkrustet.
    »Wirst du reiten können?«
    Er hob das Kinn. Er war sich bewußt, daß die Chearis ihm zuhörten. »Ich kann reiten.«
    Kel schenkte ihm ein warmes Lächeln. »Gut so.« Er wandte sich um. »Cal, such uns einen Unterschlupf. Kerris braucht heut nacht ein Dach überm Kopf, und wir alle könnten ein Bett gebrauchen.«
    »Ich geb mir Mühe«, sagte Cal. Wieder standen ihm die Haare gesträubt vom Kopf ab.
    »Es tut mir leid ...«
    »Nein«, sagte Kel. »Kein Wort davon!« Sein Zugriff wurde zur Umarmung. »Es ist meine Schuld. Wenn es da überhaupt Schuld gibt. Du hättest vor fünf Jahren nach Elath kommen müssen, zu den Leuten deiner Art. Aber jetzt komm, laß uns von hier fortgehen!« Er gab Kerris frei und ging mit weiten Schritten zu Callito hinüber. Riniard hatte Magritas Zügel gehalten. Kerris nahm sie ihm aus der Hand. Der Regen hatte die Luft vom Staub reingewaschen, und aus den Weizenfeldern stieg dampfend ein schwerer, angenehmer Duft auf.
    Du hättest vor fünf Jahren nach Elath kommen müssen, zu den Leuten deiner Art ...
    Irgendwo im Süden besaß er eine Familie – hatte er vielleicht sogar Freunde. Sein Herz dröhnte. Der Rand der Welt vibrierte bestürzend. Er fragte sich, wie weit sie wohl noch würden reiten müssen, bevor sie Schutz fanden.
    Nicht mehr weit! Seines Bruders Stimme drang weich in sein Denken ein. Cal führte sie den Weg zum Hauptpfad zurück. In der Mitte eines Feldes flatterten Bänder um einen Pfosten. Ilene, am Ende des Zuges, sang vor sich hin. Kerris berührte mit den Hacken Magritas Flanken. Die schwarze Stute beschleunigte ihren Schritt.
     
    Das Dorf, das Cal entdeckte, war klein, viel kleiner als Brath, und es tauchte so plötzlich inmitten der Felder auf, daß Kerris sich vorstellte, es sei dort in Erfüllung eines Befehls von Kel aus dem Boden gewachsen. Als der Chearas

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