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Die Tänzer von Arun

Titel: Die Tänzer von Arun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth A. Lynn
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erinnerte sich an die außergewöhnliche Schönheit von Kels nacktem Körper im Licht am Seeufer ... Eine ätzende Stimme in seinem Inneren kommentierte: Soviel ist also ein Geliebter in Elath wert! Er wußte, er war ungerecht. Die Chearis blieben selten länger an einem Ort, und er hatte nie sagen hören, daß ihre Regel von ihnen verlangte, daß sie unterwegs abstinent leben müßten. Er zog sich die Decke enger um die Beine. Was machte es schon, daß Kel und Ilene sich liebten? Ihn, Kerris, ging das wirklich nichts an.
    Und dann erfüllte die Antwort seinen Kopf. Er kann tanzen, und er kann kämpfen, und er hat immer ein Zuhause gehabt, einen Platz, wohin er zurückkehren konnte, und jemand hat dort auf ihn gewartet. Er ist schön, und er wird geliebt. Ich bin ... das Bild dessen, was er war, brannte sengend in seinem Hirn, und er kämpfte dagegen an, schob es fort, betete, daß niemand ihn sehen möge, daß Elli nichts bemerken, ihn nicht fragen möge, was mit ihm los sei ... Tränen brannten ihm unter den Augenlidern. Er biß die Zähne zusammen, um jeden Laut zu ersticken, und verbarg den Kopf im Staub.
     
    Gegen Mittag des folgenden Tages erreichten sie den Rand des Galbareth.
    Im einen Augenblick noch ritten sie durch die hohen Getreidereihen, im nächsten lag das Korn hinter ihnen, und die Hügel vor ihnen leuchteten weich und grün und waren von vereinzelten Bäumen bestanden.
    Kel jodelte. Er brach aus dem Zug aus und schoß den Weg hinunter, tief über Callitos Nacken gebeugt, trieb er den roten Hengst zu einem heißen Galopp an. Weit vor ihnen hielt er, wendete und kam zurückgekantert. In seinen Augen funkelte Triumph, als er sie alle der Reihe nach ansah. Sein Haar hatte sich gelöst und fiel ihm in den Nacken. »Endlich«, stieß er hervor. Dann schaute er zu Kerris herüber. »Vor Sonnenuntergang sind wir in Elath«, versprach er.
    »Schön«, sagte Kerris. Es fiel ihm schwer, Kel in die Augen zu sehen. Was wartete dort auf ihn, in Elath?
    Kel fragte leise: »Was macht dir Kummer, chelito?«
    Der zärtliche Kosename erregte Kerris' Zorn. Ich bin kein süßer kleiner Junge, dachte er und wußte im gleichen Augenblick, daß er schon wieder ungerecht war. Bockig sagte er: »Ach nichts.«
    Ilene sagte: »Er ist nervös, das ist los mit ihm, Kel. Du wärst auch nervös, wenn du dein Leben lang in den Mauern von irgend so einer verdammten Zwingfeste eingesperrt gewesen wärest!«
    Kel nickte bedächtig, die Augen noch immer unangenehm forschend auf Kerris' Gesicht gerichtet. »Ist es das? Du hast Verwandte in Elath, Kerris. Cousins. Außerdem, du gehörst dorthin – du hast die Innere Sprache. Du wirst dir dort nicht fehl am Platze vorkommen.« Und dann überwältigte ihn seine Erregung. Er riß Callitos Kopf hoch, zwang den Hengst auf den Hinterbeinen herum und rief: »Los, reiten wir!« Sie folgten ihm nach. Kerris' Zorn verflüchtigte sich. Voll Entzücken schaute er auf die grünen Bergbuckel. Ziegen weideten auf den Hängen. Die Straße wand sich sanfte Täler hinauf und wieder hinunter. Zu beiden Seiten der Straße wuchsen hohe weißblütige Blumen. Von einem Hügelkamm aus blickten sie über eine Senke zu einem andern Hügel hinüber. Zwischen beiden ruhte in einem sonnendurchfluteten Einschnitt das Gewebe der Straßen und Weiden eines Dorfes.
    Kerris' Herz pochte heftig. Doch sie ritten vorbei. Ilene sang:
     
    Bei Tage muß ich gehn, mein Schatz,
    Noch lacht der Sterne Schein.
    Im Mondlicht rein und schön, mein Schatz,
    Laß nah mich bei dir sein.

    Singt he und juchhei für ein liebend Paar,
    Singt he für die müde Sonn,
    Singt he für die Maid,
    Die mein Herz erfreut,
    Wenn die Ernte ist getan!
     
    Sie hielten an und aßen. Dann trieb Kels Ungeduld sie wieder auf die Straße zurück. Das Gras auf den Wiesen wurde gröber. Gesteinszungen stießen auf den Pfad: große Blöcke, verwittertes klobiges Gestein. Kerris dachte: Hier müssen einmal Berge gewesen sein. Die Quader waren seltsam beeindruckend. Sie warfen lange Schatten über den Weg, und ein-, zweimal glaubte Kerris Gesichter auf ihnen eingeritzt zu erkennen, Augen, Nasen, einen Mund ...
    Sein Hirn zuckte.
    Er fühlte es und fühlte dann, wie es verging.
    Zuerst dachte er, daß er sich die Empfindung nur eingebildet habe. Sein Armstumpf tat weh. Er kratzte an ihm herum. Die Straße vor ihnen wand sich und wurde enger. Wieder kam dieses Gefühl über ihn, ein Stachel in seinem Kopf, ein Ton, wie wenn jemand eine Saite zupft.
    Kel?

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