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Die Tänzer von Arun

Titel: Die Tänzer von Arun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth A. Lynn
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mit übertriebener Sorgfalt.
    Kerris balancierte sein eigenes Bündel auf den Knien und verknotete die Schnur mit der Hand und den Zähnen. Er nahm die Rolle unter den Arm. »Was hast du sagen wollen?«
    Sie seufzte. »Ich hab' dich fragen wollen, ob du immer noch Angst hast vor dem Galbareth.«
    Kerris warf einen Blick aus dem Fenster, auf die goldenen Felder. Wahrheitsgemäß antwortete er: »Ich weiß es nicht.«
    Während sie durch den langen Flur schritten, holte er tief Luft. Er hätte gern gewußt, was für Kräuter die Dorfbewohner zogen, daß es hier so gut roch. Auf Tornor hatte er nie dergleichen Düfte gerochen. Tamis stand wartend vor der Haustür. Die Chearis stellten sich in ihrem gewohnten Halbkreis ihr gegenüber auf. Sie trug Braun und Gold und das Dreieck aus Goldfiligran, das sie am Vorabend getragen hatte. Ein Kupferarmband am linken Handgelenk fing das Sonnenlicht ein und blitzte auf wie ein Stern.
    »Damisen«, sagte Kel (er sprach das Wort nicht so weich aus wie Cal und Riniard), »wir bedauern das Unheil, das durch uns in euer Dorf gekommen ist. Sag uns, wir bitten, wie wir Wiedergutmachung leisten können.«
    Die Dorfoberin faltete die Arme unter ihren Brüsten. »Es ist kein großes Unglück«, sagte sie und sah dabei Riniard an. »Allerdings kann es wohl jenem Unglück bringen, der es getan hat. Was geschieht mit einem cheari, der das chea verhöhnt?«
    Alle Chearis richteten sich steif auf. Riniards Gesicht lief blutrot an. Kel sagte: »Das ist unsere eigene Angelegenheit, damisen.«
    Sie verneigte sich. »Jeremeth' Wunde ist nur gering. Unsere lehi, unsere Heilerin, sagt, sie wird in acht Tagen verheilt sein. Aber acht Tage lang darf Jeremeth nur die Arbeit eines Kindes tun. Darum verlangen wir, daß ihr acht Leute einen Tag lang seine Arbeit in den Feldern übernehmt.«
    »Aber wir ...« Ilene biß sich auf die Lippen.
    »Ja?« fragte Tamis. »Ihr verweigert es?«
    Ilene blickte zu Kel.
    »Nein«, sagte er. »Wir weigern uns nicht. Es ist eine angemessene Buße. Doch wir müssen ein früheres Versprechen einlösen, in Elath, und wir dürfen nicht zögern, dürfen nicht warten, nicht einmal einen Tag. Laß uns wiederkommen, wenn der Erntemond voll und die Frühjahrssaat reif ist. Wir werden bei der Ernte helfen. Auf diese Weise können wir beide Versprechen einlösen. Wir schwören beim chea, daß wir zurückkommen!«
    »Schwört ihr?« Sie blickte von einem Gesicht zum andern. Kerris dachte: Ich bin kein Cheari. Aber sie schaute auch ihn an, mit Augen wie die Erdmutter selbst, ohne Bosheit und ohne Gnade ... Er neigte den Kopf wie die anderen. Die Pferde schoben die Nüstern in die Brise und bestaunten die fremdartige Landschaft mit feuchten Augen. Tamis trat graziös zur Seite. Ihre linke Hand vollzog eine Geste. »Das genügt mir.«
     
    Die Sonne ergoß ihre Wärme über ihre linke Schulter, als Cal die Chearis zur Landstraße zurückführte. Jensie und Riniard ritten als erste, nebeneinander, den übrigen etwas voraus, und sie berührten einander ständig, schwatzten und lachten laut.
    Die übrigen Chearis sprachen nicht viel. Die Gegenwart des Galbareth – das Gefühl der Nähe von etwas Lebendigem im Korn und in der Erde – machte sie stumm. Niemand störte ihren Zug. Wie Geister ritten sie durch die goldene Landschaft. Heimat, dachte Kerris, ich kehre in meine Heimat zurück. Aber das Wort rührte nichts in ihm an. Die Heimat, das war für ihn Tornor.
    An diesem Abend lagerten sie auf einem Brachfeld. Das Gras war versengt an einigen Stellen, als sei ein Feuer darüber hinweggezogen, und wo es nicht verbrannt war, war es bis auf die Wurzeln abgegrast. »Kein Feuer heut nacht!« Cals Stimme klang gebieterisch.
    Elli breitete ihre Decke aus. »Warum nicht?«
    Cal rupfte ein Grasbüschel aus und ließ es im Wind davonwehen. »Es hat hier schon Feuer gegeben. Der kleinste Funken kann das gesamte Land in Brand setzen. Der Weizen ist knochentrocken.«
    »Riecht mal den Staub!« sagte Ilene.
    Elli rieb sich die Hände. »Ich rieche nichts, außer Kuhscheiße«, sagte sie. »Mir ist kalt.«
    Kerris sagte: »Möchtest du meinen Schafspelz?«
    Sie grinste. »Nein ... nein, es ist schon gut.«
    Kel hockte am Rand des Kreises und starrte nach außen auf die endlose Mauer von Korn. Seine Hände bewegten sich, schoben die Erde hin und her, formten Hügel und Straßen und Kämme – eine winzige Welt im Staub. Ein Fuchs kläffte im Weizen. Kerris ahnte, daß Kel über Elath nachdachte, sich

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