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Die Tänzerin im Schnee - Roman

Die Tänzerin im Schnee - Roman

Titel: Die Tänzerin im Schnee - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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hat, die man
summen
kann.«
    Nina und Viktor lachen verhalten, und Gersch schüttelt traurig den Kopf. Zoja ist anzusehen, dass sie nicht weiß, was sie denken soll, dass sie seine Worte verurteilen will, es aber nicht recht über sich bringt. Die Lippen hat sie fest aufeinandergepresst, doch ihre Augenstrahlen Gersch fasziniert an. Nina fragt sich, ob auch ihre Augen sie so schonungslos verraten, wenn sie Viktor ansieht.
    Viktor geht wie üblich dazu über, Witze zu erzählen.
    Nina hat inzwischen oft erlebt, wie er Trauer oder Konflikte mit witzigen Anekdoten verscheucht. Sein Vorrat ist schier unerschöpflich. Schon bald muss auch sie mitlachen.
    »Ich weiß auch einen«, sagt sie, stolz, dass sie ihn sich gemerkt hat – eine Bildergeschichte aus Polinas
Krokodil
. »Eine Frau geht in einen Laden und probiert ein Kleid an. Fragt der Verkäufer: ›Haben Sie sich schon entschieden?‹, und die Frau sagt: ›Ich weiß nicht so recht. Den Stoff mag ich sehr, aber das Muster gefällt mir nicht so gut.‹ – ›Ach was, keine Sorge‹, sagt der Verkäufer. ›Sobald Sie das Kleid waschen, verschwindet das Muster sowieso.‹«
    Alle lachen, aber dann sagt Viktor: »Nur mit der Ruhe. Deine schönen Kleider sollst du schon noch bekommen.«
    Nina fühlt sich herabgesetzt, aber schon beeilt sich Zoja zu sagen: »Ich weiß auch einen: Ein Landarbeiter läuft verwirrt zwischen zwei Traktoren hin und her. Er fragt: ›Welcher ist denn nun repariert und welcher noch nicht?‹ – ›Probier sie doch aus‹, sagt ein anderer Mann. ›Das habe ich doch‹, sagt der Landarbeiter. ›Sie funktionieren beide nicht.‹« Mit ihren zarten Lippen sieht sie sehr jung und unschuldig aus. Zu ihrem Witz macht Viktor keinen kritischen Kommentar. Einen Augenblick lang ist Nina verärgert darüber, wie Viktor sich Frauen gegenüber verhält, wie er immer mit kleinen Gesten um ihre Aufmerksamkeit wirbt, selbst wenn Nina neben ihm sitzt.
    Zoja bietet allen eine zweite Tasse Tee an, ist aber selbst die Einzige, die sich mit einem kleinen zufriedenen Seufzer noch einmal nachschenkt. »Ich nehme lieber das andere hier«, sagt Gersch, und sie füllt seine Tasse mit Schnaps. Wieder huscht ein Ausdruck tiefster Bewunderung über ihr Gesicht.
    »Danke, Nudelchen.«
    »Also wirklich, Gersch«, sagt Viktor. »Dieses reizende Fräulein ist doch kein Nahrungsmittel.«
    »Das macht er nur, weil ich ihm verboten habe, mich mit Tieren zu vergleichen«, sagt Zoja. »Ich mag nicht mal ›Spatz‹ oder ›Hase‹. Also hat er sich was anderes einfallen lassen.«
    »Seht ihr? Sie wollte es so.« Gersch lehnt sich auf dem Diwan zurück.
    »Ein echter Schwerenöter«, sagt Viktor zu Nina, als er sie später nach Hause begleitet. »Er zieht Frauen an wie ein Baumstumpf die Pilze. Er umgibt sich einfach gern mit ihnen.« Es klingt stolz, wie Viktor das sagt; ihm ist anzuhören, dass er sich früher genauso gesehen hat. »Allerdings ist er in letzter Zeit ruhiger geworden«, schiebt er nach, wie um Nina zu besänftigen.
    Trotzdem kann Nina nicht umhin, Gersch zu bedauern. Sie hat diesen muffigen, abgestandenen Geruch an ihm bemerkt, den einsamen Geruch von Wäsche, die zu lange in der Schublade gelegen hat. Leise fragt sie: »War es denn wirklich nötig, das Kissen auf das Telefon zu legen?«
    »Ach, weißt du«, sagt Viktor, »das ist schon seit Jahren so üblich.«
    »Aber warum?« Auch wenn sie gelernt hat, sorgfältig abzuwägen, was sie sagt, geht doch vieles an ihr vorbei, weil sie so viele Stunden mit Tanzen zubringt, mit Tanzen und Schlafen und wenig dazwischen.
    »Es gibt da Gerüchte über Abhörgeräte aus Kriegsbeständen«, erklärt Viktor, »die man den Deutschen abgenommen hat.« Er macht das unbekümmerte, leicht verächtliche Gesicht, das sie an ihm so liebt. »Manchen Leuten gefällt eben die Vorstellung, man hätte sich die Mühe gemacht, ihre Wohnungen mit diesen Geräten zu bestücken.« Er schnipst den glimmenden Stummel seiner Zigarette in den Schnee.
     
    Von der Wohnungstür her waren ein Schlurfen und ein leises Plumpsen zu hören – die übliche Ladung Rechnungen und Kataloge, die ihre Flurnachbarin immer durch den Türschlitz schob. Nina achtete kaum darauf; sie selbst schrieb selten Briefe und erwartete auch nichts Bedeutendes. Gelegentlich bekam sie Urlaubspostkarten von ehemaligen Schülerinnen oder ein Päckchen von Shepley oder Tama, und ungefähr einmal im Jahr kam ein dicker Brief von Inge dazu. Was heute auf dem Boden der

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