Die Tätowierung
öffnete ihre elegante Aktentasche und zog einen großen U m s chlag hervor.
»Die Kopie der Tätowierung. Bitte schön!« Sie reichte sie Andersson.
»Vielen Dank«, sagte er endlich nach einer W eile.
Aber da war es schon zu spä t . Das K l appern der Absätze von Frau P rofessor Stridner auf dem Korridor wurde bereits leiser.
Der Drache hatte seinen roten Rac h en weit au f geris s en. Zwischen den m esserscharfen Zähnen ringelte sich sein Schwanzende. Die Augen leuchteten wie funkelnde S m aragde in glühendem Mag m a. Jederzeit konnten seine Klauen zuschlagen. Sein kräftiger und gesch m eidiger Körper war von roten, blauen und grünen Schuppen bedeckt. D er Drache bildete um das gehei m nisvolle Schriftzeichen einen beschützenden Kreis.
Yvonn e Stridne r hatt e e s al s ei n umgek e hrte s Y beschrieb e n . Vielleich t wa r e s e he r ein e umg e kehrte Gabe l un g mi t zwe i Qu e rstriche n oberhalb . Di e E r m ittler einigte n si c h darauf , d a s s e s sic h wahrs c heinl i c h u m ein chinesische s Schriftzeiche n handelte . Zu r Sicherhei t erhielt Hann u de n Auftrag , be i de r Universitä t Götebor g je m anden ausfindi g z u machen , de r sic h mi t chinesische r Schri f t auskannte , ode r herauszuf i nden , o b e s ei n chinesisch es Konsula t g a b , u m dor t j e m ande n z u fragen . Hann u nickte. E r würd e di e se s P r obl e m scho n z u l ö s e n wissen.
»Macht ein paar Farbkopien. Dann könnt ihr bei den Tätowierern in der Stadt die Runde drehen. Aber kom m t m i r bloß n i cht m it einem Ring in der Nase zurück!«, scherzte Andersson.
Keiner der Anwesenden fand das besonders lustig, aber alle läc h elt e n hö f lich und versicherten, dass sie durchaus in der Lage seien, der Versuchung zu widerstehen.
Birgitta und Fredrik waren immer noch m it der Er m ittlung im Mordfall Laban besc h äftigt. Die S ache war ins Stocken geraten, weil Rob e rt auf ein m al ein Ali b i hatte. Zwei seiner Mädchen aus der W onder Bar versic h e r t e n , dass sie m it ihrem Arbeitgeber genau zum Zeitpunkt von Labans Ableben im W hirlpool gesessen hätten. Da kein Zeuge auftauchte, der etwas anderes zu berichten w usste, sahen die beiden langsam ihre Felle davonschwimmen: Sie konnten Robert Larsson nicht m ehr lange festhalten.
Jonny, Irene und Hannu teilten Göteborgs sieben Tätowier e r unter sich a u f . Auf Ire n e ent f ielen Tattoo Tim an der N ordenski ö ld s gatan und MC-Tatt o o an der Sprängkullsgatan.
Da MC-Tattoo am nächsten lag, beschloss Irene, dort anzufangen. Auf d e m Hvitfeld t platsen fand sie einen Parkplatz. Ge m ächlich ging sie über die Brücke über den Rosenlundskanal. Die kräfti g en Blüten der großen Kastanien standen wie Christbau m kerzen auf den Zweigen. Unter den Bäu m en wuchsen bunte Frühlingsblu m en. Es fiel ihr auf, dass sie nur einen Steinwurf weit vom Florahügel entfernt war. Laban war er m ordet worden, als es am Kanal am schönsten w ar. Ob das freilich ein Trost war, d aran h a tte I r ene ih r e Zwei f el.
Si e selbs t hätt e ei n weni g Tros t gebrauche n können , als si e sic h MC-Tatto o näherte . Davo r stande n zw e i schwere Motorräder . W a s si e d a übe r di e Jahr e entwickel t hatte , ließ sic h ve r m ut l ic h a m ehe s te n al s ein e Phobi e be s chreiben. Nich t ohn e Grund . V o r einige r Zei t hatt e si e ein e s e hr unangenehm e Konfronta t io n m i t d e n Hell’ s Ange l s geh a bt. Dies e hatt e ih r eine n Krankenh a usaufenthal t eingebra c ht un d ti e f e Spure n i n ihre r P s y c h e hinterlassen . Si e hatte eigentlic h gedacht , si e se i inz w ische n darübe r hinweg , aber al s si e jetz t di e glänzende n M a sch i ne n vo r de r Werkstatt de s Tätowierer s sah , wollt e si e nu r noc h eins : sich umdrehe n un d w e glauf e n . Mi t große r Selbstüb e rwindung öffnet e si e d i e Tü r un d tr a t ein.
Ein unangeneh m es, pf ei fendes Surren erfüllte die Luft. Ein m agerer Mann m it rasiertem Schädel saß konzentriert da und traktierte die nackte Schulter eines anderen Mannes m it einem k l einen Farbbohrer. In dem Mo m ent, in dem die Tür hinter Irene zufiel, verstum m te das Surren.
»Hallo. W as darf’s sein? Eine kleine Rose auf dem Allerwe r te st en oder ein Sch m ette r li n g auf dem Vorbau?«, fragte der Magere.
Der Mann, der gerade dekoriert wurde, lachte, und sein Ku m pan auf dem Besuchers t uhl stim m t e ein. Da der Arbeitsbereich des Tätowiere r s von einer
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