Die Tätowierung
auf, dass wir es hier m it einem sadonekrophilen Mörder zu tun haben. Es gibt zwei Typen von Mördern, die Leic h en zer s t ückeln. Der er st e will die Leiche b eseiti g en und alle Spuren des M o rdes und der Identit ä t seines Op f ers vernic h t en. Der zweite benöti g t die Leiche, um sich beim Zerstückeln sexuell zu befriedigen und sich an dem Toten zu vergehen. Diese beiden Typen weisen keinerlei Übereinstim m ung e n auf.«
Sie deutete viel s age n d auf den Büchersta p el, m achte eine Pause und fuhr dann fo r t: »An diesem Op f e r i s t e t was sehr unge w öhnlich, nä m lich dass es sich um einen Mann handelt. Das ist selten. Fast ausnah m slos haben wir es nor m alerweise m it Männern zu tun, die Frauen er m orden. Es gibt jedoch ein paar Ausnah m en. Ich habe in den USA zwei Brüder gefunden, die über dreißig junge Männer er m ordet haben. Sie hatten ihre Opfer einer typisch sadonekrophilen Zerstückelung ausgesetzt und sie dann auf ihrer Ranch vergraben. Den Leichen fehlten Teile der äußeren Muskulatur, die schließ l ich in der Gefriertruhe der Brüder ordentlich verpackt gefunden wurden. In der Regel handelte es sich um die Gesäß m uskeln. Bei diesem Typ Mörder ist Kannibalismus nichts Ungewöhnliches.«
»Klingt n ac h einem amerika n ischen Horror f il m «, m einte Irene.
Di e leicht e Übelkeit , d i e si e bereit s be i ihre r Ankunf t auf de r Pa t hologi e b e falle n h a tte , nah m noc h zu . Yvonne Stridne r fuh r fort : »Ic h mach e m i r groß e So r g e n , das s wir e s hie r mi t eine m solche n Fal l z u t u n hab e n . Die s e Ar t von Mor d is t g l ückliche r w e i s e äußers t s elten , abe r wen n ein Mörde r die s e s Typ s einma l m i t d e m Töte n ang e fange n hat, is t di e G e fah r seh r g r oß , das s e r weit e r e Mord e b e geht.«
»Er begnügt sich also nicht m it einem Opfer ? «
»Nein. Mit dem Zerstückeln und dem Sichvergehen an der Leiche hält er seine Phantasien und Ängste in Schach. Nach der Tat fühlt er sich sehr gut.«
»Ist er sich seiner Tat bewusst ? «
»Ja. Und er ist sich e b enso bewusst, dass er es wieder tun kann. Jederzeit.«
Langsam dämmerte es Irene, warum sie dieser F all von Anfang an s o betroffen ge m acht hatte. Instinktiv hatte sie gespürt, dass sie es m it einem erbarmungslosen Mörder zu tun hatten. Einem Mörder, w i e sie ihn nicht kannte. Die anderen auf ihrem Dezernat im Übrigen auch nic h t.
»Ist er psychisch krank?«
Yvonne Stridner runzelte die Stirn, sah Irene eindringlich an und dachte nach.
» W ahrscheinlich nicht in d e m Sinne, dass sich eine psychiatrische Diagnose stellen ließe. Meist wirken diese Leute nach außen hin zie m lich normal. Zie m lich, sage ich, denn betrachtet m an sie näher, dann weisen sie gewisse ge m einsa m e Charakteri s tika auf. Nor m alerwei s e handelt es sich um recht einsame Menschen. Sie sind s y mpathisch und gesprächig, wenn m an sich mit ihnen unterhält, aber sie s i nd n i cht an inte ns iveren Fre u ndschaften intere s siert. Ihre Gewalttätigkeit zeigen sie s elten nach a u ßen, denn diese liegt zu tief in ihnen verborgen. Sie haben eine blühende P hantasie, die durch br u t ale Bilder, Fil m e und Bücher Nahrung erhält. I h re Laufbahn beginnen sie nor m alerweise m it Sadismus, der sich gegen Tiere richtet. Ihre Sexu a lität ist m eist abweiche n d. Tatsächlich sind sie in der Regel i m potent, haben aber einen Sa m energuss, wenn sie während der rituellen Zerstückelung der Leiche m asturbieren.«
Irene d achte fieberhaft n ach, um keine wesentliche Frage zu übersehen.
»Habe ich Sie ric h tig verstanden, dass unser Mörder wahrscheinlich ho m osexuell ist ? «
Yvonne Stridner schüttelte den Kopf.
»Nich t unb e dingt . Of t s i n d di e Täte r sexuel l a mbivalent. Wi e ic h scho n sagte , is t ihr e Sexualitä t m eis t abweichend. Nac h a uße n hi n könne n si e beinah e asexuel l wirken . Es kan n homo s exuell e Kon t akt e g e ben , abe r no r ma l sin d auch Fetischismu s un d Transvestitismus . Si e sin d sexuel l au f der Such e . Ers t wen n si e m i t ihre n Rite n a n Leiche n beginn e n, könn e n si e i hr e Phantas i e n ausleben . D a n n geh t e s ihn e n gut . Übe r eine n tote n Körpe r besitze n si e absolut e Macht. Ni e m an d is t s o tota l a usgeliefer t wi e e i n tote r M e nsch.«
»Darf ich Sie um einen großen Gefallen bitten?«, fragte Irene.
»Das kommt darauf an.«
»Könnten Sie m
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