Die Tätowierung
ein Gefühl des Triu m phs, dass sie die Aussagen sowohl über den Polizisten als auch über den Arzt gefunden hatte. Leider h atten die Er m ittler d i e Z eugen bei diesen Verhören nicht sonderlich in die Mangel genom m en, d e swegen war das M a t e ri a l zie m lich mager. Die beiden Pro s tit u ierten w aren dem Polizisten be ziehungsweise dem Arzt unabhängig voneinander begegnet.
Christine Ehlers, vierundzwa n zig, drogensüchtig und seit sie ein Teenager war auf d e m Strich, hatte zu Protokoll gegeben, dass sie etwa eine W oche vor der Er m ordung von Car m en Østergaard von einem Mann bedroht worden war. Er hatte sie im Auto m itgenom m en und hinter ein e m Abbruchhaus im Hof angeh a lten. An die Auto m arke konnte sie sich nicht erinnern. Das Auto sei groß und neu gewesen. Nachdem er gehalten hatte, habe er seinen dunklen Mantel ausgezogen. Darunter trug er eine Polizeiunifor m . Fast sofort be g ann er sie i n s Gesic h t zu schlagen u nd sie als Hure, Nutte und so weiter zu beschi m pfen. Dann begann er sie zu würgen, und sie bekam keine Luft m ehr. In i h rer Verzweiflung gelang es ihr, ihm das Knie zw ischen die Beine z u ram m en. Offenbar landete sie einen Treff e r, denn er ließ von ihr ab. Christine gelang es, davonzulaufen.
Da sie nach d e m Vorf a ll unter Schock stand und auf Heroin war, konnte sie den Täter nicht beschreiben. Sie konnte sich nur daran erinnern, dass er jung wirkte und zie m lich groß und m ager war. Er hatte akzentfrei Dänisch gesprochen. Stur h i elt sie daran fest, dass er eine ko m plette Poliz e i uni f o r m einschli e ßlich Müt z e get r agen habe.
Ann e Sørense n wa r vi e rund z wanz i g un d gin g ers t seit einige n M onate n au f d e n Strich . Si e hatt e vorhe r i n ein e m Clu b gearbe i tet , wa r a be r g e feu e r t worden , al s ih r e Drogenabhängigkei t z u aug e nfä l li g geword e n war . Kur z vo r d e m erste n Ma i 199 7 hatt e s i e ei n F r eie r i n sein e m Aut o m itgenommen . Au c h si e k a nnt e di e Auto m ark e ni c ht , konnte sic h abe r e r innern , das s de r W a ge n ro t un d s e h r nobel gewe s e n w a r . Au c h ih r Freie r wa r hinte r ein e m Abb r uchhau s au f eine n mens c henleere n Hint e rho f g e f a hr e n.
Irene unterbrach die Lektüre. Konnte es sich um denselben H i nterhof handeln? W ar es derselbe Mann? Als sie weiterla s , m usste sie die s en Ver d acht fallen lassen. Die Personenbeschreibung stim m t e nicht überein. Anne Sørensen beschrieb den Mann als zie m lich jung, gut gekleidet, relativ groß und m u s kulös. Seine Frisur beschrieb sie als nass nach hinten gekämmt. Er sprach Schwedisch. Bereits im Auto hatte er davon geredet, dass er Arzt s ei. Als sie hatte wissen wollen, was für eine Art Arzt, hatte er die Fra g e n i cht beant w ortet.
Nachdem e r auf d e m dunklen Hinterhof den Motor abgestellt hatte, hatte der M a nn eine schwarze Tasche vom Rücksitz g enommen. Aus dieser kra m te er ei n e aufgezogene Spritze.
»Für dich, da m it du auch ric h tig in Form kommst«, sagte er.
Anne wurde m i sstrauisch. Sie versuchte sich da m it aus der Affäre zu ziehen, dass sie bereits am frühen Abend gefixt hätte und dass das zu viel würde. Da wurde der Mann rasend. Er schrie und drohte ihr: » W enn du die Spritze nicht nimmst, schlage ich dich tot!«
Das jagte ihr solche Angst ein, dass sie so klar im Kopf wurde wie schon lange nicht m ehr. Sie hatte das Gefühl, dass der Mann vorhatte, sie u m zubringen. Die Angst gab ihr die Kraft, ihm die Spritze aus d er Hand zu schlagen. Irgendwie gelang es ihr dann, die Autotür zu öffnen und sich aus dem W agen zu w e rfen. Dann rannte sie weg.
Beide Frau e n wussten, wer Car m en Østerg a ard war, a be r keine der beiden kannte sie näher.
Irene leh n te sich in d e m Schreibtischstuhl zurück, den m an ihr zur Verfügung gestellt hatte. Die Geschichten der Frauen hatten auffallende Ähnlichkeiten. Der Hinterhof konnte derselbe sein, allerd i ngs waren Polizist und Arzt nicht ein und derselbe. Und auß e rdem hatte der Arzt Schwedisch gesproche n ! Der Polizist schien Dä n e zu sein.
Marcus Tosscander w ohnte bei einem dänischen Polizisten. Und er kannte einen Arzt. »Er ist fast noch schlim m er als m ein Doktor in Göteborg«, hatte er zu Tom Tanaka gesagt, als sie sich über den Polizisten unterhalten hatten. E i n schwedischer Arzt, der in Göteborg wohnte.
Das Telefon auf d e m Schreibtisch begann zu klingeln und riss sie aus
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