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Die Taeuschung

Die Taeuschung

Titel: Die Taeuschung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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extra
eine Notiz neben das Telefon gelegt hatte.
    Offenbar hatte sie den Zettel während ihrer Telefonate am
heutigen Tag übersehen.
Tatsächlich lag er auch nicht mehr dort, wie sie nun
feststellte. Sie suchte zwischen anderen Papieren herum und
schaute auch auf den Fußboden, ob er vielleicht
heruntergefallen war, aber sie konnte ihn nirgends entdecken.
»Sehr eigenartig«, murmelte sie.
Sie überlegte, ob sie um diese Uhrzeit – es war Viertel nach
zehn – noch bei Monique Lafond anrufen durfte, und
entschied, daß dies zulässig sei. Sie mußte erneut die Auskunft
anrufen, hatte aber bei Mademoiselle Lafond wiederum kein
Glück: Es meldete sich der Anrufbeantworter. Diesmal sprach
sie keine Nachricht auf Band, ihre letzte mußte sich noch dort
befinden, und irgendwann würde Monique darauf stoßen.
Wahrscheinlich war sie verreist.
Und überdies war Laura weniger denn je davon überzeugt,
daß diese Fährte für sie wirklich noch interessant sein konnte.
Sie hatte am Nachmittag noch einmal Besuch von
Kommissar Bertin gehabt. Er hatte wissen wollen, ob ihr noch
etwas eingefallen sei, was für die Ermittlungsarbeiten von
Belang sein konnte, aber sie hatte ihn enttäuschen müssen.
Nach ihrem Eindruck tappten der Kommissar und seine Leute
ziemlich im dunkeln. Sie hatte das fast sichere Gefühl, daß
Bertin sie für unschuldig hielt, und daher wagte sie es, ihn zu
fragen, wann sie nach Hause reisen dürfe.
»Mein Kind ist in Deutschland. Und die Gläubiger meines
Mannes stehen bereit. Ich muß eine Menge Dinge ordnen und
meine Zukunft komplett neu aufbauen. Hier sitze ich nur
herum!«
Er hatte genickt. »Ich verstehe. Das ist eine sehr
unangenehme Situation für Sie. Wir haben ja Ihre Adresse und
Telefonnummer in Deutschland. Ich denke, Sie können
Frankreich verlassen. Es könnte allerdings passieren, daß Sie
noch einmal herkommen müssen – falls es neue Spuren gibt
und wir Sie persönlich hier brauchen.«
»Das ist sicher kein Problem. Zumindest ist es das geringste
Problem von allen, die ich derzeit habe.«
Er hatte sie nachdenklich angesehen. »Sie sind eine tapfere
Frau«, sagte er. »Viele andere würden in Ihrer Lage weit mehr
lamentieren und hätten jeden Mut verloren. Sie gehen die
Dinge an. Ich finde das sehr bewundernswert.«
Sein Lob hatte sie wahnsinnig gefreut. Als er gegangen war,
hatte sie sich vor den Badezimmerspiegel gestellt und sich
ganz genau betrachtet. War ihr die Veränderung anzusehen? Es
war nicht viel Zeit vergangen, und doch schien es ihr, als habe
sie einen sehr langen Weg zurückgelegt – von der
unterwürfigen Laura, die zu Hause auf ihren Mann wartete und
ständig neue Vorhänge und Teppiche kaufte, um die Zeit
totzuschlagen, hin zu der Frau, die ihren ermordeten Mann in
der Gerichtsmedizin der Polizei identifiziert hatte, die hinter
sein jahrelang andauerndes Verhältnis gekommen war, die vor
einem Schuldenberg stand und bei all dem noch die Kraft und
die Nerven gehabt hatte, eine kurze Affäre mit dem besten
Freund ihres Mannes zu beginnen.
Sie meinte, etwas weniger weich und weniger scheu
auszusehen und die Zaghaftigkeit aus ihrem Mienenspiel
verbannt zu haben.
»Du machst das alles schon ganz gut«, sagte sie zufrieden zu
sich selbst.
Am Abend hatte sie Musik gehört und sich eine Flasche Sekt
geöffnet, und sie hätte sich entspannt und frei gefühlt, wäre da
nicht eine Rastlosigkeit in ihr gewesen, die sie sich zuerst nicht
hatte erklären können, bis ihr aufging, daß sie in
Zusammenhang mit Christopher stand. Ständig erwartete sie,
daß das Telefon klingelte, daß er es wäre, der sie um die
nächste Verabredung bitten wollte. Sie schloß sogar die
Fensterläden, was sie sonst nie tat, aber dauernd hatte sie das
ungute Gefühl, er werde plötzlich dort draußen erscheinen und
Einlaß begehren, oder – was noch unangenehmer wäre – er
könne dort einfach nur stehen und sie beobachten.
Er hat dir nichts getan, sagte sie sich immer wieder, es ist
schließlich kein Verbrechen von ihm, sich in dich zu verlieben,
und wenn er etwas schnell und direkt war, so ist das auch noch
kein Grund ihn zu furchten.
Denn das war das Verrückte: Sie fürchtete sich vor ihm,
ohne genau zu wissen, weshalb. Ihr Verstand sagte ihr, daß das
Unsinn sei, aber der Instinkt, das negative, angespannte,
argwöhnische Gefühl, wollte sich nicht beschwichtigen lassen.
As das Telefon tatsächlich im Lauf des Abends klingelte, fuhr
sie

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