Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Taeuschung

Die Taeuschung

Titel: Die Taeuschung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
Vom Netzwerk:
so heftig zusammen, als habe sie dieses Geräusch nie
vorher in ihrem Leben gehört. Sie hatte Herzklopfen, als sie
den Hörer abnahm, und nannte sich selbst im stillen eine
ängstliche Gans. Es war ihre Mutter, die sich – natürlich – beklagte, weil sie nie angerufen wurde, die außerdem mitteilen
wollte, es gehe Sophie gut, aber sie habe schon mehrfach nach
Laura gejammert; und überdies hoffte sie zu erfahren, wann
Laura denn endlich nach Hause käme.
»Falls du es über überhaupt für nötig hältst, mir das
mitzuteilen«, fügte sie spitz hinzu.
»Man hat mir heute – erst heute, Mami – mitgeteilt, daß ich
das Land verlassen darf. Ich denke, ich werde übermorgen
aufbrechen. Morgen möchte ich noch mit einem Makler
sprechen. Er soll mir sagen, was das Haus hier wert ist.
Vermutlich ist es belastet bis unters Dach und mir bleibt
ohnehin nichts von dem Verkauf, aber den Marktwert will ich
wenigstens kennen. «
»Es wird jedenfalls Zeit, daß du dich um die Dinge hier
kümmerst«, sagte Elisabeth. »Ich gehe ja öfter in euer Haus,
um die Blumen zu gießen, und ich kann der Briefberge kaum
Herr werden, die sich dort stapeln. Banken, hauptsächlich. Euer
Anrufbeantworter ist überlastet. In Peters Büro bricht alles
zusammen, von den Damen scheint keine einzige zu wissen,
was zu tun ist.«
»Wissen sie dort schon, daß Peter tot ist?«
»Keine Ahnung, das konnte ich ihren Nachrichten nicht
entnehmen. Sie sind doch wahrscheinlich von der deutschen
Polizei vernommen worden, oder? Auf jeden Fall muß jemand
die Abwicklung hier in die Hand nehmen.«
»Und zwar ich. Wie gesagt, Donnerstag abend bin ich zu
Hause.«
»Peters Ex-Frau krakeelt übrigens auch ständig auf dem
Anrufbeantworter herum. Wegen der Unterhaltszahlungen, die
noch ausstehen.«
»Ruf sie an und sag ihr, die kann sie sich ins Haar
schmieren. Ihr Versorger liegt im gerichtsmedizinischen
Institut in Toulon, und seine gesamte irdische
Hinterlassenschaft kommt unter den Hammer. Von jetzt an
muß sie selbst zusehen, wie sie durchkommt.«
»Ich habe mir überlegt«, sagte Elisabeth, »daß ihr am besten
zu mir zieht, du und Sophie. Das Haus muß ja wohl verkauft
werden, und Geld wirst du erst einmal keines haben. Meine
Wohnung ist ohnehin viel zu groß für mich. Ihr könnt die
beiden hinteren Zimmer haben.«
Laura schluckte.
»Das ist sehr lieb von dir. Aber ... ich denke nicht, daß das
uns beiden, dir und mir, so gut tun würde. Ich werde bei Anne
wohnen. Das bedeutet, Sophie und ich sind immer in deiner
Nähe, aber wir sitzen nicht so dicht aufeinander, daß wir
Probleme miteinander bekommen könnten.«
Auf der anderen Seite herrschte ein längeres Schweigen.
»Wie du meinst«, sagte Elisabeth schließlich spitz, »jeder
muß selbst wissen, was für ihn das Beste ist.«
Sie verabschiedeten sich kühl voneinander, aber Laura fühlte
sich hinterher erleichtert, weil ein weiterer Punkt geklärt
worden war.
Als sie schließlich ins Bett ging, hatte sie ein Stück
Ausgeglichenheit wiedergefunden. Christopher hatte sich seit
dem Morgen nicht gemeldet. Sicher wußte er inzwischen, daß
er sich mit seinem eifersüchtigen Geschrei unmöglich
benommen hatte, und vielleicht war ihm auch aufgegangen,
daß er die ganze Geschichte zwischen ihnen beiden falsch
gesehen und sich in eine einseitige Idee hineingesteigert hatte.
Jeder Mensch konnte sich einmal in etwas verrennen.
Offensichtlich wollte er nun den Abstand schaffen, der es ihnen
beiden ermöglichen würde, irgendwann wieder ohne
Verlegenheit miteinander umzugehen.
Sie las noch eine Weile im Bett, bis sie zu müde war, um
sich noch auf das Buch konzentrieren zu können. Als sie das
Licht löschte, blickte sie auf die Uhr: Es war zehn Minuten
nach elf.
Fünf Minuten später klingelte das Telefon.
Sie setzte sich aufrecht hin, hellwach von einem Moment
zum anderen. Ihr Herz hämmerte. Sie wußte sofort, wer das um
diese Uhrzeit sein mußte.
Sie ließ es klingeln, bis es aufhörte, aber der Anrufer mußte
sofort erneut gewählt haben, denn das Läuten setzte nach einer
kurzen Pause gleich wieder ein. In der dritten Runde hielt sie es
nicht mehr aus, kletterte aus dem Bett und lief hinaus auf die
Galerie vor dem Schlafzimmer, wo sich ein Apparat befand.
»Ja?« meldete sie sich und stellte dabei fest, daß ihre Stimme
gehetzt klang.
»Laura? Ich bin es, Christopher! Wo warst du? Warum hat
es so lange gedauert, bis du an Telefon warst?«
Du dumme Kuh!

Weitere Kostenlose Bücher