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Die Taeuschung

Die Taeuschung

Titel: Die Taeuschung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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beherrschst du wirklich, Nadine, das muß
man dir lassen. Um alles, was dich betrifft, muß immer gleich
das richtige Brimborium gemacht werden. Und wenn es sich
um eine abgeschmackte, primitive Affäre handelt. Du warst das
Verhältnis von diesem Mann. Er hat sich offenbar in seiner Ehe
gelangweilt und brauchte eine Frau nebenher, mit der er hin
und wieder ins Bett steigen konnte. Gut, vielleicht wäre er mit
dir fortgegangen, weil ihm das gerade ganz gut in den Kram
paßte. Aber er wäre immer derselbe Mann geblieben.
Irgendwann hätte er sich mit dir auch gelangweilt, und dann
hätte er dich so betrogen, wie er es jetzt mit seiner Frau getan
hat. Er hat dich benutzt, und für eine so schäbige, so
drittklassige Geschichte hast du Henri auf das Schlimmste
verletzt. Es ist mir schleierhaft, wie du noch in den Spiegel
schauen kannst!«
Nadine atmete tief. Jedes einzelne von Cathérines Worten
schmerzte, gerade weil sie selbst in all den Jahren immer
wieder gefürchtet hatte, es könne sich so verhalten – so schäbig und drittklassig, wie Cathérine es nun genannt hatte.
Obwohl es so nicht gewesen war. Er hatte mit ihr fortgehen
wollen, und das nicht nur, weil es ihm gerade gut in den Kram
paßte. Sie hatten auf der Stufe zu einem neuen Leben
gestanden. Hätte ihn nicht irgend jemand niedergemetzelt und
dort oben in den Bergen zwischen die Büsche geworfen ...
Das Schlimme war, daß sie nur einen einzigen Menschen
kannte, der ein Motiv hatte, und wenn sie daran dachte, wurde
ihr schwindelig.
Nachdem sie ihre Giftpfeile abgeschossen hatte, wurde
Cathérines Miene sehr kühl. »Es war leicht, hinter dein
Geheimnis zu kommen«, sagte sie. »Ich habe den Brief
gelesen, den du an deine Mutter geschrieben hast. Am
vorletzten Freitag. Ich war mittags da, um Henri zu helfen. Du
hattest ihn wieder einmal im Stich gelassen. In dem Brief hast
du deinen Plan ja erläutert.«
Eigenartig, dachte Nadine erstaunt, wie oft man im Leben
erkennt, daß man auf die innere Stimme hören sollte. Ich wußte, daß ich den Brief nicht hätte schreiben sollen.
»Der Brief lag nicht einfach so offen in der Gegend herum«,
sagte sie, »er war ganz hinten in meiner Schreibtischschublade.
Wenn du ihn gelesen hast, mußt du gezielt in meinen Sachen
gestöbert haben.«
»Ja«, sagte Cathérine. Sie wirkte keineswegs peinlich
berührt.
»Hast du das öfter getan?« fragte Nadine perplex.
»Immer mal wieder. Ich war häufig da, und du warst häufig
weg. Da Henri mir erlaubt hatte, eure private Toilette zu
benutzen, war es kein Problem für mich, nach oben zu gehen.
Zwei Schritte hinüber in dein Zimmer, und dann Stichproben in
Schränken und Schubladen. Meist allerdings ergebnislos.«
»Ich kann das kaum glauben«, murmelte Nadine.
»Du warst sehr vorsichtig, Nadine. Ich fand Tagebücher, die
abgeschlossen waren. Briefe, Notizen, Photos, die herumlagen,
waren zwar privaten Inhalts, gaben aber keinerlei Hinweise auf
einen Liebhaber. Einmal habe ich Reizwäsche gefunden.
Nichts Besonderes eigentlich, schwarze Spitze, ein Höschen
und einen dazu passenden BH. Das Eigentümliche war nur, daß
sie eindeutig benutzt und, wie ich herausfand, über Wochen
nicht gewaschen worden war. Als sei dieses
spermaverschmutzte Ding eine Kostbarkeit, die unberührt
bleiben müßte. Aber wann heben Frauen so etwas auf? Wenn
es eine Erinnerung darstellt, an einen ganz bestimmten Mann,
an eine ganz bestimmte Nacht. Ganz sicher bewahren Frauen
derartige Dinge nicht, wenn es um einen Beischlaf mit dem
Ehemann geht. Der ist selten so einmalig und kostbar. Noch
dazu, wenn das Interesse an dem Ehemann sowieso praktisch
nicht mehr vorhanden ist, wie in deinem Fall.«
»Du bist ja krank«, sagte Nadine, »das, was du tust, und das,
was du dir dazu denkst, ist vollkommen krank. Weißt du, ich
dachte immer, du bist eine arme, übriggebliebene Frau, und
eigentlich müßte man dich aus tiefstem Herzen bedauern.
Manchmal hatte ich richtige Schuldgefühle, weil ich dich so
widerlich fand und nicht wußte, weshalb. Aber jetzt ist mir
klar, daß ich instinktiv immer gespürt habe, daß du eine
gefährliche Psychopathin bist, unberechenbar und
niederträchtig. Mit dir kann man nicht in Frieden leben. Du bist
so sehr im Unfrieden mit dir selbst, daß du skrupellos Dinge
tust, für die normale Menschen sich wenigstens schämen
würden.«
»Ich wußte schon lange, daß du ein Verhältnis hast«, fuhr
Cathérine fort, so als habe

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