Die Taeuschung
und als tue sie dies
äußerst angestrengt, um nicht genau hinsehen zu müssen, wie
trist dieses Leben in Wahrheit war.
Denn letzten Endes hatte es nicht gerade etwas
Berauschendes, an einem Samstagabend allein in der Wohnung
zu sitzen und auf die Stimmen aus dem Fernseher zu lauschen.
Es lief irgendeine Show, in der ausgewählte Kandidaten
blödsinnige Dinge tun und sich vollkommen lächerlich machen
mußten, damit einer von ihnen am Ende dreißigtausend Francs
gewinnen konnte. Monique warf immer wieder einen Blick auf
den Apparat und bemühte sich zu lachen und das, was sie sah,
komisch zu finden, aber im tiefsten Innern wußte sie, daß sie
sich eine so dumme Sendung nie ansehen würde, wenn sie
nicht so allein wäre.
Immerhin hockte sie nicht nur tatenlos auf der Couch,
sondern eilte geschäftig in der Wohnung umher und deckte
einen schönen Tisch – für eine Person, aber in irgendeiner
Zeitschrift hatte die Kummerkastentante alleinlebenden Frauen
geraten, es sich manchmal auch nur für sich selbst richtig
schön zu machen. In der Küche brutzelte eine Seezunge in
einer selbst zubereiteten Knusperpanade, und eine große
Schüssel mit herrlich angerichtetem Salat stand auch schon
bereit.
Schluß mit den Tiefkühlgerichten, hatte sie am Morgen
streng zu sich gesagt, von jetzt an ernährst du dich
anspruchsvoller und besser.
Sie hatte sich eine Flasche Wein geöffnet und summte leise
vor sich hin. Im Fernsehen mühte sich ein Kandidat ab, in
einem kleinen Schwimmbecken nach versenkten Kondomen zu
tauchen. Das Publikum schrie vor Vergnügen.
Hin und wieder warf Monique einen Blick zum Telefon, als
erwarte sie, es könne jeden Moment klingeln. Und eigentlich
glaubte sie auch, es müsse dies tun. Irgendeine Reaktion mußte
es doch geben. Sie war den ganzen Vormittag beim Einkaufen
gewesen und hatte sich dann ein Essen im Restaurant gegönnt,
hatte die Einkäufe im Auto verstaut und noch einen langen
Spaziergang am Strand gemacht. Es war fast halb fünf, als sie
in ihre Wohnung zurückkehrte. Als erstes hatte sie den
Anrufbeantworter abgehört. Es war nur eine Frau aus dem
Nachbarhaus zu hören, die fragte, ob sie am Abend ihr Baby
hüten würde, damit sie mit ihrem Mann ausgehen konnte.
Monique hatte dies ein paarmal getan und den Job zunehmend
gehaßt; nach ihrer Ansicht war dies etwas für Schulmädchen
oder für alleinstehende ältere Frauen. Da sie sich beim besten
Willen nicht zu den Schulmädchen rechnen konnte, blieb nur
die andere Variante übrig, über die sie lieber gar nicht erst
nachdenken wollte.
Er hatte sich nicht gemeldet. Das wunderte sie. Er sollte
doch ein Interesse daran haben, sich mit ihr in Verbindung zu
setzen. Und da sie ihm auf sein Handy gesprochen hatte,
konnte sie sich nicht vorstellen, daß er wegen einer Reise nicht
zurückrief. Das Handy führte man schließlich fast immer mit
sich.
Wenn er morgen nicht anruft, dachte sie, versuche ich es
noch einmal.
In ihrem Bemühen, sich an den eigenen Haaren aus dem
Sumpf zu ziehen, hatte sie sich ein Kleid gekauft, und plötzlich
kam ihr die Idee, es zum Essen anzuziehen. Warum nicht? Sie
hatte lange genug Abend für Abend im Bademantel
herumgesessen.
Es war ein sehr sexy Kleid, schwarz und schlicht, mit tiefem
Ausschnitt und dünnen Trägern über den Schultern. Das
klassische Kleid, in dem eine Frau ihren Liebhaber erwartet. Es
stand ihr gut, fand sie. Ihr Busen kam wunderschön zur
Geltung, und daß der besonders hübsch war, hatten ihr die
wenigen Männer, die es in ihrem Leben gegeben hatte,
zumindest einhellig versichert.
Als sie in die Küche ging, um nach ihrem Essen zu sehen,
klingelte es an der Tür. Verwirrt schaute sie zur Uhr: Viertel
nach acht. Eine ungewöhnliche Zeit für einen Besuch,
besonders in ihrem ereignislosen Leben. Vielleicht war es die
Nachbarin, bei der sie nicht zurückgerufen hatte, die einen
letzten Versuch starten wollte, ihr das kleine Quengelmonster
aufs Auge zu drücken. Aber so, wie sie gerade aussah, konnte
sie glaubhaft behaupten, eine Verabredung zu haben.
Sie trat aus der Küche. Nur wenige Schritte trennten sie von
ihrer Wohnungstür, und irgendein nicht definierbares Geräusch
– es hätte ein Räuspern sein können oder ein Scharren mit dem
Fuß – sagte ihr, daß der Besucher bereits im Haus war. Das war
nicht ungewöhnlich. Die Haustür unten sollte eigentlich immer
zugeschlossen werden, aber niemand machte sich die Mühe,
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