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Die Tage des Gärtners - vom Glück, im Freien zu sein

Titel: Die Tage des Gärtners - vom Glück, im Freien zu sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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Betäubungsspritze, und dann schnitt der Arzt die Wunde aus. Er arbeitete schweigend, ein kleiner Mann mit auffallend geradem Gang, offenbar aus dem Iran eingewandert, den ich mir im Angesicht einer langen Reihe Verwundeter vorstellte, wie er in großer Ruhe das schwere Amt der Triage versah. Dieser Doktor, dachte ich, während er schon nähte, würde seinem Handwerk im Katastrophenfall zweifellos ebenso konzentriert nachgehen wie hier im Berliner Vorort.
    Es war derselbe Arzt, der meinem Sohn nach einem Zusammenstoß mit einem Denkmalsockel die Stirn zugenäht hatte. Jetzt können wir wetteifern, wer die prächtigere Narbe hat.
    Das Gränsfors-Beil kostet bei Manufactum 68 Euro und ist ein schönes Weihnachtsgeschenk. Es eignet sich gleichermaßen für Leute, die Ihnen nahestehen, wie für alle andere.
     
     

 
Zwiebeln
     
    Im regelmäßigen, dem Verlauf der Jahreszeiten folgenden Gang des gärtnerischen Lebens gibt es einen besonderen Moment, und zwar jenen, da der Katalog der Firma Albrecht Hoch, Berlin Zehlendorf, im Briefkasten liegt. Strenggenommen kommt der Katalog der Firma Albrecht Hoch, Berlin Zehlendorf, nicht im Herbst, sondern im Hochsommer, im August. Aber seine volle Bedeutung entfaltet er erst im Herbst: Es handelt sich nämlich um den Zwiebel-Katalog.
    Zwiebeln. Ein ungeheuer bedeutsames und weitreichendes Thema. Ein Gärtner, der im Herbst keine Zwiebeln setzt, ist entweder rückenkrank oder ein armer Wicht.
     
    Die Zwiebel ist ein Wunder der Natur. Wir legen sie im Herbst in unserem Garten schlafen und im Frühjahr erwacht sie in den herrlichsten Formen und Farben.
     
    Es ist schön, die Zwiebeln in die Hand zu nehmen, daran zu riechen, sie der Größe nach zu ordnen. Ihren ganzen Reichtum erschließen diese Pflanzen ja schon im schlafenden Zustand: vergleichen Sie die kleine nussförmige Zwiebel der Tulipa linifolia mit der großen, knorrigen des Narcissus ‘Actaea ’ ; oder die bescheiden-fröhliche der Tulipa biflora mit der eigenwillig-sperrigen des Erythronium ‘ Kondo’.
    Wenn im August also der Katalog kommt, wenn es draußen am heißesten ist, wenn man selbst im Norden keine Strümpfe braucht, dann versetzt dieses Ereignis den Gärtner natürlich zunächst in eine melancholische Stimmung. Ähnlich der aus Hebbels Gedicht:
     
    Ich sah des Sommers letzte Rose stehen
    Sie war, als ob sie bluten könne, rot;
    Da sprach ich schaudernd im Vorübergehen:
    So weit im Leben, ist zu nah am Tod!
     
    Das war offenbar vor der Zeit der zuverlässig remontierenden Rosen. Die blühen nämlich heute einfach immer weiter, bis in den November und Dezember hinein und hören eigentlich erst auf, wenn der Frost ihnen wirklich den Garaus macht.
    Andererseits macht der Katalog der Firma Albrecht Hoch, Berlin Zehlendorf, Mut fürs neue Jahr. Und den kann man ja immer brauchen. Übrigens ist das hier keine Schleichwerbung, sondern eine Tatsache: Hoch ist ohne Zweifel eines der besten Zwiebelgeschäfte im Land und liegt darüber hinaus ganz in der Nähe, von mir aus gesehen. Rabatt wurde von mir nie verlangt und wurde nie gewährt. Nebenbei handelt es sich bei der früheren Eigentümerin und Geschäftsführerin Irene Hoch, ihrerseits Witwe des bereits vor längerer Zeit verstorbenen Albrecht Hoch, um eine ganz reizende Person, die wir an anderer Stelle noch näher kennenlernen werden.
     
    Also, die Zwiebelpflanze stammt ja aus den trockenen Steppen Zentralasiens. Im Jahr 1593 wurde sie nach Holland gebracht und trieb hier reiche Blüte.
     
    Sie kennen das schon, immer wenn von Zwiebeln die Rede ist und man ein bisschen Zeit hat, kommt man über kurz oder lang auf den großen Tulpencrash zu sprechen. Tulpengekte oder tulpen-woede hieß das auf Holländisch, was sich da in den dreißiger Jahren des 17. Jahrhunderts in den Niederlanden abspielte. Für Kapitalismuskritiker ein Paradebeispiel dafür, wie die Gier vernünftige Menschen und ganze Gesellschaften ins Verderben stürzt.
    Keine Ahnung, vielleicht spielte der Dreißigjährige Krieg auch eine Rolle dabei, dass den Leuten so das Maß abhandenkam. Jedenfalls handelt es sich dabei, wie allgemein bekannt ist, um die erste, noch dazu sauber dokumentierte Spekulationsblase der Geschichte. Man kann dem Lexikon dazu diesen Eintrag entnehmen:
    »Beispielhaft hierfür steht die Tulpe ‘Semper Augustus’. Sie wurde 1637 als teuerste Tulpe aller Zeiten gehandelt. Einem Bericht aus dem Jahr 1623 zufolge sollten alle damals existierenden zwölf Tulpen dieser

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