Die Tage des Gärtners - vom Glück, im Freien zu sein
zu Asche und Staub zu Staub klingt sauberer, als Tod und Verwesung in Wahrheit sind: überall liegen schimmelige Äpfel zwischen den verrottenden Stielen abgestorbener Pflanzen, die Dinge sind im Stadium des Übergangs, in der Transition, in der Auflösung. Wenn man Zeuge der geradezu konvulsivischen Schmerzen ist, unter denen das Leben vom Zustand der Ordnung in den der Auflösung wechselt, dann bekommt man eine Ahnung davon, wie streng und mühsam die Arbeit der Natur gewesen sein muss, jene feingliedrigen Blätter und diese zarten Farben zu erschaffen, wie viel Energie da gebunden wurde in diesen bezaubernden Blüten, die so wunderbar duften konnten, wenn ihre Aromen in einem kurzen Gewitterregen von der durch hohe Wolken brechenden Sonne in die wie mit Dampf gesättigte Luft befreit wurden. Man kann sich hinreißen lassen.
Also, schneiden Sie das Zeug weg, dann stört Sie der Anblick in den kommenden Monaten nicht. Verpacken Sie Ihre Rosen mit Tannengrün. Das schützt gegen den Frost und sieht gemütlich aus. Sie können die Rosen um überlange Triebe beschneiden. Aber eigentlich ist das Frühjahr die Zeit für den Rückschnitt, eine vielfältige Sache übrigens, der Rosenschnitt, ein Kapitel für sich. Und dann sollten Sie noch nachdenken, ob irgendwo Töpfe mit Pflanzen herumstehen, die es nicht mögen, bei Minus 15 Grad komplett durchzufrieren – was für sehr viele Pflanzen zutrifft. Die Töpfe gehören entweder in den Wintergarten, den jedes Haus haben sollte. Oder an die Hauswand, in eine windgeschützte Ecke, eng aneinandergerückt, und von oben sollte man auch sie mit Tannennadeln schützen.
Was bleibt Ihnen noch zu tun? Sammeln Sie die Gartengerätschaft ein, ziehen Sie die Lochschläuche zusammen, mit denen im Sommer die Beete gewässert werden, sorgen Sie dafür, dass die Kaninchen nicht festfrieren, die ihren Stall an der Hauswand haben. Mit einem Wort: machen Sie alles winterfest.
Und dann zieht sich das Leben in Ihrem Garten in die Erde und Sie sich ins Wohnzimmer zurück. Im Spätherbst gehen Sie noch mal raus und atmen Sie diese besondere Luft ein, die jetzt gesättigt ist mit dem Duft der Erde und der Dunkelheit. Dann machen Sie die Türen zu, damit die Kälte nicht ins Haus kommt. Sie haben jetzt viel Zeit. Lesen Sie also ruhig noch mal nach, was Franz Biberkopf im Gefängnis aufgeschnappt hat:
Inzwischen melden sich die Jahre,
Der Mottenfrass zermuerbt die Haare
Es kracht bedenklich im Gebälke,
Die glieder werden schlapp und welke,
Die gruetze saeuert in Gehirn
Und immer duenner wird der Zwirn.
Kurzum, du merkst, es wird jetzt Herbst,
Du legst den loeffel hin und sterbst.
Winter
Es ist kleiner als der Garten meines Onkels,
aber es ist größer als der Helm meines Neffen.
Teefax, ASTERIX BEI DEN BRITEN
Teich
Mein Garten ist, wie bereits erwähnt, nicht sehr groß. Aber auch mein Garten muss groß genug sein für einen See. Finde ich. Und sei es nur ein kleiner. Ein Garten ohne Wasser ist eigentlich keiner. Wasser gehört in jeden Garten. Von Anfang an. Der erste Garten, den es überhaupt gab, war von Wasser durchzogen: die vier Flüsse Perat, Hiddekel, Ghion, Pischon haben immerhin den Garten Eden bewässert. Ich will nur einen kleinen Teich.
»Es ist kleiner als der Garten meines Onkels, aber es ist größer als der Helm meines Neffen«, wie es in ASTERIX BEI DEN BRITEN vom Ruderboot des Engländers Teefax heißt. So ein Ruderboot würde in meinen Garten auch passen. Aber ein Ausflugsdampfer, wie er die Elbe hinunter bei Willkomm-Höft vorüberfährt, schon nicht mehr. Es wird nicht leicht sein, genügend Raum zu finden für meinen locus amoenus, diesen angenehmen Ort, der in den Vorstellungen der Menschen seit jeher aus Schatten, Blumen, Gras und Wasser besteht. Und zwar sonderbarerweise ganz gleich, ob die Menschen in den Wüsten des vorderen Orients, den Hügeln des Peloponnes oder den Wäldern Britanniens zu Hause sind. Wo der Mensch zur Ruhe kommt, plätschert und gurgelt und säuselt es immer irgendwo.
Und es bricht sich da das gelbe Licht des Frühlings und das rote des Sommers und das grüne des Winters in den leisen Linien, die Wind oder Strömung über das Wasser ziehen. Es ist schon so, wie Jane Fearnley-Whittingstall, in England auch bekannt als Granny Jane, schreibt: »Anblick und Geräusch schon der kleinsten Wasserquellen oder -spiele bereitet so viel Freude, dass es in keinem Verhältnis zu den Kosten einer
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