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Die Tage des Gärtners - vom Glück, im Freien zu sein

Titel: Die Tage des Gärtners - vom Glück, im Freien zu sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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Hamburg so viel bereitwilliger wachsen als in Berlin. Im Ernst gleicht das Gärtnern hier im fernen Osten einem andauernden stillen Kampf. (Um Ihnen für Niederschlagsmengen überhaupt mal einen Maßstab zu geben: Über den Wäldern und Schluchten des indischen Cherrapunji, das zwischen Bhutan und Bangladesh liegt und wo seit 150 Jahren der offizielle Regenrekord gehalten wird, ergießen sich im Jahr etwa 11.000 Liter pro Quadratmeter.)
    Wegen der bekannt sandigen Beschaffenheit des Berliner Bodens versickert das Zeug ziemlich schnell und verwandelt sich in Grundwasser. Immerhin. Denn davon lebt die Stadt. Keineswegs von ihren spärlichen oberirdischen Gewässern, die in Wahrheit bessere Teiche sind. Im Mittel sind die Berliner Seen 4,5 Meter tief, wer in der Havel segeln geht, muss damit rechnen, hundert Meter vom Ufer auf Grund zu laufen. Die meisten Lausitzer Braunkohlegruben sind seit ein paar Jahren stillgelegt, das Grubenwasser wird nicht mehr nach Norden geleitet, das raubt der Spree den Atem. Früher, als es noch Poesiealben gab, haben wir geschrieben: »Wenn die Flüsse rückwärts fließen, wenn die Füchse Jäger schießen, wenn die Mäuse Katzen fressen, dann erst will ich Dich vergessen.« Da muss man in Berlin heute sagen: Vorsicht, mit dieser Liebe ist es nicht weit her. Denn es gibt Tage, da fließt die Spree tatsächlich rückwärts. Also wieder in den Müggelsee. Gucken Sie sich das ruhig mal auf einer Karte an.
    Die Beschäftigung mit dem Wasser bietet auch Gelegenheit, in die Tiefen und Geheimnisse der kommunalen Wasser- und Abwasserwirtschaft einzutauchen und in ihre Tarife und Terminologien.
    Es begegnet einem dort der bewunderungswürdige behördliche Ordnungssinn, der die im Fluss befindliche Welt der Dinge in Gedanken und Begriffe fasst, ganz so wie der Gärtner es mit dem Raum und den Pflanzen macht. Man sinniert über Schmutzwasserentgelt und Niederschlagswasserentgelt, über Fäkalwasserentgelt und Fäkalschlammentgelt und stellt mit zugegebenermaßen nicht geringem Schrecken eine gewisse Verwandtschaft zwischen behördlichem und gärtnerischem Denken fest. Und mit nicht minderem Schrecken stellt man fest, dass Berlin alles andere als ein billiges Pflaster ist. Für Studenten und Kreative mag Berlin traumhaft günstige Lebensbedingungen bieten. Für Hausbesitzer sieht das anders aus. Im Jahr 2008, jüngere Zahlen habe ich nicht, belegte die Stadt bei den Abwasssergebühren einen traurigen 91. Platz. Potsdam übrigens den 100. und letzten. Die Durchschnittsfamilie (4 Köpfe) in ihrem Durchschnittshaus (120 Quadratmeter) mit ihrem Durchschnittsgrundstück (200 Quadratmeter) gab in Potsdam sagenhafte 786,48 Euro im Jahr für Wasser aus, in Berlin enorme 673,14 Euro. In Freiburg aber, um mal ans andere Ende des Landes zu gehen, in jeder Hinsicht, kostete das Wasser nur 283,31 Euro, und in Karlsruhe, billiger wird’s dann nimmer, nur 226,32 Euro.
    Gärtnerisch gesehen geht ohne Wasser gar nichts. Das ist eine Binsenweisheit, deren volle Bedeutung hier zu Beginn des gärtnerischen Jahres entfaltet werden soll. Machen Sie sich bitte klar, wie aufwendig das Wässern ist! Bedenken Sie das, bevor Sie sich zu einem Garten bekennen! Beachten Sie die Verantwortung, die Sie übernehmen! Wenn der Sommer da ist, wird die Farbe des Rasens zum Ausweis Ihrer gärtnerischen Pflichterfüllung.
    Ich winke jedesmal ab, wenn mich jemand nach Balkonpflanzen fragt. Lass es, sage ich, du kommst mit dem Gießen ohnehin nicht nach. Das galt schon in den normalen, präklimageschockten Zeiten. Nun, da die Sommer trockener werden, vor allem im abgeschlagenen deutschen Osten, in dem unsere große Stadt liegt, wird das Thema zur Überlebensfrage nicht nur für die Balkonbegrünung. Wenn Sie nicht ständig mit dem Schlauch unterwegs sind, stirbt Ihnen auch im Garten alles unter den Händen.
    Es gibt die Möglichkeit der automatischen Bewässerung. Wer mit dem Gedanken an ein solches System spielt, muss eine Skizze des Gartens verfertigen und die Beete, den Rasen, die Bäume eintragen. Wo ist Licht, wo Schatten? Wo hält der Boden das Wasser fest, wo lässt er es versickern? Entwerfen Sie dann einen Plan für den Verlauf der Leitungen. Bedenken Sie die notwendige Tiefe zur Verlegung, so dass Sie nachher beim Setzen der Zwiebeln nicht mit der spitzen Pflanzschaufel alles kaputtmachen. Bitte, wenn Ihnen das Spaß macht. Ich habe dazu im Ernst keine Lust, und praktische Erwägungen, ob damit Geld oder Zeit oder Wasser zu

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