Die Tage des Zweifels: Commissario Montalbano träumt von der Liebe (German Edition)
gemacht?
Vielleicht hatten sie der Yacht zur Pflege gutnachbarschaftlicher Beziehungen einen Höflichkeitsbesuch abgestattet. Ob das in diesen Kreisen so üblich war? Vielleicht waren sie zum Mittagessen eingeladen gewesen. Durchaus vorstellbar, um diese Uhrzeit.
Oder sie kannten sich bereits und waren einander freundschaftlich, geschäftlich oder sonstwie verbunden.
Wie auch immer, da gab es nur eins: Er musste Näheres über die Asso di cuori in Erfahrung bringen.
Allerdings wurden damit die Ermittlungen auf noch mehr Personen ausgeweitet, so ziemlich das Übelste, was bei einer Untersuchung passieren konnte.
Die Einzige, die ihm über die Asso di cuori Auskunft geben konnte, war Laura. Und die wollte er ohnehin schnellstmöglich noch etwas anderes fragen.
Laura! Mamma mia, was für eine …
Sofort verlor er sich wieder in seinen Phantasien über die junge Frau. Dabei stört es ihn, dass er sich auf nichts anderes mehr konzentrieren konnte. Sein Denken kreiste nur noch um sie: wie sie sich bewegte, wie sie lachte … Im Grunde seines Herzens schämte er sich dafür. Es kam ihm lächerlich vor in seinem Alter, aber er konnte einfach nicht anders.
Er stieg in seinen Wagen, fuhr aber nicht ins Kommissariat, sondern nach Montelusa, zum gerichtsmedizinischen Institut.
»Ist Dottor Pasquano da?«
»Da sein tut er, ja.«
Was so viel hieß wie: Er ist zwar da, aber es ist nicht ratsam, ihn zu stören.
»Hören Sie, ich bräuchte nur eine Kopie des Obduktionsberichts zu der Leiche mit dem zerschmetterten Gesicht.«
»Die kann ich Ihnen holen, aber mitnehmen dürfen Sie sie nicht.«
»Ich benötige nur ein paar Informationen, die ich mir in Ihrem Beisein aufschreibe. Bitte, tun Sie mir den Gefallen.«
»Gut, aber sagen Sie es nicht dem Dottore.«
Eine halbe Stunde später parkte er seinen Wagen vor »Retelibera«, einem der beiden lokalen Fernsehsender, und stieg aus.
»Ist Zito da?«
»Er ist in seinem Büro«, antwortete die Sekretärin, die den Commissario gut kannte.
Er umarmte den Journalisten. Sie waren alte Freunde und freuten sich jedes Mal, wenn sie sich begegneten.
Montalbano gab ihm die Informationen über den Toten, die er sich notiert hatte: Körpergröße, Gewicht, Haarfarbe, Schulterbreite, Beinlänge, Zähne … Zito versprach, die Personenbeschreibung in den Acht-Uhr-Nachrichten und dann noch einmal um Mitternacht zu senden. Potenzielle Anrufer sollten sich direkt mit dem Kommissariat in Verbindung setzen.
Im Büro wurde er schon von Fazio erwartet, der ein Gesicht machte wie ein geprügelter Hund.
»Was ist denn los?«
»Wir sind angeschmiert, Dottore!«
»Das ist ja mal ganz was Neues. Wundert dich das etwa? Bei mir ist das seit meiner Geburt so. Einmal mehr oder weniger, was macht das schon … Worum geht’s?«
»Chaikri.«
»Was ist mit ihm?«
»Als ich vorhin zum Essen ging, kam ich an Giacominos Kneipe vorbei, und da sah ich zufällig Digiulio, Ricca und Alvarez reingehen. Ich wartete eine Weile, ging dann auch rein und setzte mich an einen Tisch in ihrer Nähe. Ich hörte, dass sie über Zizì redeten, und spitzte die Ohren. Und wissen Sie was?«
»Wenn es eine schlechte Nachricht ist, will ich sie nicht hören, aber sag’s mir trotzdem.«
»Zizì ist gestern Abend verhaftet worden.«
Montalbano stieß einen Fluch aus.
»Von wem?«
»Von den Carabinieri.«
»Und warum?«
»So wie’s aussieht, hat Zizì auf dem Heimweg gestern Abend einen Streifenwagen der Carabinieri unten am Kai entdeckt. Stockbesoffen, wie er war, ist er zu dem Wagen gegangen, hat die Hose aufgemacht und dagegengepinkelt.«
»Spinnt der? Und die Carabinieri saßen in dem Wagen drin?«
»Allerdings.«
»Und weiter?«
»Einem der beiden Carabinieri, die ihn festgenommen haben, hat er auch noch einen Faustschlag versetzt.«
Montalbano fluchte noch mal.
»Was machen wir jetzt?«, fragte Fazio.
»Gute Frage! Ich kann ja wohl schlecht die Carabinieri anrufen und sagen, sie sollen ihn wieder laufen lassen, weil ich ihn brauche. Hör zu, versuch, dich an Ricca ranzumachen, das ist unsere einzige Chance.«
Am Abend zuvor hatte er mit Laura vereinbart, dass sie ihn gegen neunzehn Uhr im Büro anrufen würde, aber jetzt war es fast schon acht, und sie hatte sich immer noch nicht gemeldet.
Er hatte sich inzwischen ihre Handynummer geben lassen, und nachdem er eine Weile mit sich gerungen hatte, rief er sie an.
»Ich bin’s, Salvo.«
»Ich hab dich an der Stimme erkannt.«
Sie klang nicht
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