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Die Tage des Zweifels: Commissario Montalbano träumt von der Liebe (German Edition)

Die Tage des Zweifels: Commissario Montalbano träumt von der Liebe (German Edition)

Titel: Die Tage des Zweifels: Commissario Montalbano träumt von der Liebe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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gleich aufs Ganze.
    »Nein! Nein! Ach, es ist ja so entsetzlich! Ich Armer. Es ist mir im Augenblick leider völlig unmöglich«, rief er mit dem Tremolo der Verzweiflung.
    Der Auftritt verfehlte seine Wirkung nicht.
    »Gütiger Gott! Was ist denn passiert?«
    »Gerade eben hat meine Frau angerufen!«
    »Und?«
    »Aus dem Krankenhaus. Ach, es ist ja so entsetzlich!«
    »Aber was ist denn passiert?«
    »Mein Jüngster, Gianfrancesco … Er ist sterbenskrank, ich muss sofort los …«
    Dottor Lattes zögerte keinen Augenblick.
    »Aber ich bitte Sie, Montalbano! Gehen Sie, beeilen Sie sich! Ich werde die Madonna um Hilfe anflehen für Ihren … Wie sagten Sie, heißt er?«
    Montalbano erinnerte sich nicht. Er nannte einen Namen, der ihm gerade einfiel.
    »Gianantonio.«
    »Hatten Sie nicht Gianfrancesco gesagt?«
    »Sehen Sie! Ich bin schon ganz wirr im Kopf! Gianantonio ist der Große, er ist wohlauf, der Madonna sei Dank!«
    »Gehen Sie, gehen Sie! Verlieren Sie nur keine Zeit! Alles Gute! Und bitte halten Sie mich auf dem Laufenden.«
    Er sauste los wie ein geölter Blitz – Richtung Montereale.
    Nach zwei Kilometern blieb sein Wagen stehen. Im Tank war kein einziger Tropfen Benzin mehr, und die nächste Tankstelle lag zweihundert Meter entfernt.
    Er schnappte sich den Kanister und rannte los, füllte ihn, zahlte, rannte zurück zum Auto, fuhr zur Tankstelle, tankte voll und fuhr weiter. Dabei hörte er gar nicht mehr auf zu fluchen.
    Als er verschwitzt und abgehetzt im Restaurant ankam, saß Laura schon an einem Tisch und wartete. Sie wirkte nervös.
    »Noch fünf Minuten und ich wäre gegangen«, sagte sie kalt wie ein Eisklotz.
    Nach all den Widrigkeiten, gegen die er zu kämpfen gehabt hatte, um rechtzeitig anzukommen, platzte ihm der Kragen, als er Laura so reden hörte. Er konnte sich einfach nicht mehr beherrschen, und es entfuhr ihm ein Satz, den er unter anderen Umständen nicht einmal zu denken gewagt hätte:   
    »Ich sag dir was: Ich gehe.«
    Damit wandte er sich um, verließ das Restaurant, stieg ins Auto und fuhr nach Marinella.
    Dort hatte er nur noch einen Wunsch: sich unter die Dusche zu stellen und so lange drunterzubleiben, bis sein ganzer Ärger weggespült war.
    Zwanzig Minuten später, während er sich abtrocknete, dachte er mit kühlem Kopf über das nach, was er angerichtet hatte. Er hatte ganz schön Mist gebaut.
    Ohne Laura würde er mit seinen Ermittlungen nicht vorankommen, denn nur mit ihrer Hilfe konnte Mimì Augello mit der Giovannini Kontakt aufnehmen.
    So weit kam es, wenn man Berufliches und Privates nicht voneinander trennte.
    Er beschloss, am nächsten Morgen gleich als Erstes Laura anzurufen und sich bei ihr für sein Verhalten zu entschuldigen.
    Der Appetit war ihm vergangen – vielleicht kehrte er später zurück, wenn er sich auf die Veranda gesetzt und die Meeresluft eingeatmet hatte. Auf der Heimfahrt vom Restaurant hatte er festgestellt, dass es nicht mehr so kalt war wie am Vorabend und windstill. Daher beschloss er, in der Unterhose zu bleiben. Er schaltete die Außenbeleuchtung ein, griff nach Zigaretten und Feuerzeug und öffnete die Verandatür.
    Und erstarrte.
    Nicht vor Kälte, sondern weil Laura vor ihm stand, stumm, mit gesenktem Blick.
    Sie hatte wohl geklopft, aber unter der Dusche hatte er sie nicht gehört, und weil sie wusste, dass er da war, war sie um das Haus herumgegangen und hatte es von der Meeresseite aus versucht.
    »Verzeih mir«, sagte Laura.
    Jetzt hob sie den Blick. Und obwohl sie gerade noch todernst gewesen war, prustete sie plötzlich los.
    Und im selben Moment, als sähe er sich in ihren Augen gespiegelt, erkannte Montalbano, dass er in der Unterhose vor ihr stand.
    »Aaahhh!«, rief er.
    Und dann spurtete er ins Bad wie in einer stummfilmreifen Slapstickszene.
    Er war so aufgewühlt und konfus, dass die Slapstickszene eine Fortsetzung fand, als er hektisch in seine Hose schlüpfte, auf den nassen Fliesen ausrutschte und auf dem Allerwertesten landete.
    Als er sich wieder einigermaßen gefasst hatte, ging er zurück auf die Veranda.
    Laura saß auf der Bank und rauchte eine Zigarette.
    »Sieht so aus, als hätten wir gestritten«, sagte sie.
    »Tja. Ich bitte dich um Verzeihung, aber weißt du …«
    »Hören wir auf, uns gegenseitig um Verzeihung zu bitten. Ich schulde dir eine Erklärung.«
    »Du schuldest mir gar nichts.«
    »Ich geb sie dir trotzdem, denn ich finde, es ist wichtig. Hast du noch was von diesem Wein?«
    »Ja,

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