Die Tage sind gezählt
Sender?« Torku-hit griff sich an den Kopf. Rora-da meinte offensichtlich die Elektrode, die jeder Offizier des Imperiums im Schädel trug. Sie ermöglichte es den Mächtigen, ihren Offizieren auch in die entferntesten Winkel zu folgen.
»Ich muß ihn erst umbringen«, sagte Torku-hit. In der einen Hand hielt er die Rondix 20, in der anderen seinen blutbefleckten Dolch.
»Warum?«
Die Frage Rora-das schlug wie eine Bombe vor ihm ein. Torku-hit dachte nach. Er mußte sich anstrengen, denn das Denken wurde plötzlich schwieriger, als würde jemand seine Lebensenergie abzapfen. Irgendwie schien es sehr wichtig zu sein, Rora-da auf seine Frage eine Antwort zu geben.
»Ich muß ihn zuerst töten«, wiederholte er.
»Warum?«
Die Frage traf ihn erneut wie ein Schlag. Sie verblüffte ihn. Er konnte nicht antworten. Er konnte es nicht.
»Da hinten ist ein Büro. Darin liegt ein Terrorist. Ich habe ihn gefangengenommen und schaffte es, ihn zum Reden zu bringen.«
»Da in diesem Büro niemand liegt, hast du es auch nicht geschafft, jemandem zum Reden zu bringen«, erwiderte Rora-da.
»Aber sicher.« Torku-hit versuchte sich gegen den plötzlich in seinem Inneren aufkeimenden Gedanken zur Wehr zu setzen. Es war mehr ein Bild als ein Gedanke. Das Bild eines großen Vogels, der mit klatschenden Schwingen über seinem Vaterhaus hinwegflog und hineinsegelte in die Nacht. Er zitterte.
»Es ist ein kühler Abend …«
Ihm war unklar, ob er das selbst sagte oder ob es die Stimme seines Vaters war. Er hörte lediglich, daß die Worte ziemlich selbstsicher klangen.
»Ich muß ihn töten, so lautet mein Befehl«, sagte Torku-hit mit rauher, unpersönlicher Stimme.
»Du vergißt, daß du nur das zu sehen bekommst, was die Mächtigen wünschen«, erwiderte Rora-da ledern. Er klappte das Helmvisier wieder herunter und wurde damit für die Augen seines Gegenübers zu einer Gestalt unter vielen.
Unweigerlich trat Torku-hit zurück. Rasch erinnerte er sich daran, wie er sich zu verhalten hatte, und blieb stehen. Konzentriert blickte er auf die schattenhafte Gestalt des Offiziers, der in der Kaserne sein Kamerad gewesen war. Rora-da verkörperte die strahlende Haltung eines Kämpfers. Er gab seinen Leuten mit einer unnachahmlichen Geste die Anweisung, ihre Schnellfeuergewehre zu heben.
In dem siebenfach aufblitzenden Mündungsfeuer erkannte Torku-hit das riesenhafte Signum der Mächtigen.
Übersetzt von Ronald M. Hahn
BIOGRAPHISCHE HINWEISE
Eddy C. Bertin
Geboren 1944 in Hamburg als Sohn einer deutschen Mutter und eines belgischen Vaters. Bertin beschäftigt sich, angeregt durch Bücher von Edgar Allan Poe und H. G. Wells, seit seinem zwanzigsten Lebensjahr mit Science Fiction, Fantasy und Horror und schrieb im Laufe dieser Zeit ca. 400 Erzählungen, Gedichte und Songs. Seine erste professionelle Veröffentlichung war die Story The City, Dying (deutsch in: Herbert W. Franke [Hrsg.:] Science Fiction Story Reader 8 , HEYNE -BUCH NR. 3549), die kurioserweise, vom Autor selbst übertragen, zuerst in England erschien. Eddy C. Bertin zählt heute in Belgien und Holland zu den bekanntesten SF-Autoren. Viele seiner Erzählungen erschienen in amerikanischen, englischen, spanischen und französischen Anthologien, zwei wurden verfilmt, einige als Hörspiele vom Rundfunk gesendet. Der Autor lebt heute mit Frau und Tochter sowie einer der größten SF-Sammlungen Flanderns in Gent als Bankangestellter. – Bücher: De Achtjaarlijkse God (1971), Jets Kleins, iets Konzerigs (1973), De Eenzame Bloedvogel (1976), De Kokonsvan de Nacht (mit Bob van Laerhoven, 1977), Derriers le mur blanc (1977) und Droom mij Dod (mit Karel Thole, 1977).
Rein Bliljstra
Geboren 1901, war der Senior der niederländischen SF. Rein Blijstra war Fachmann auf dem Gebiet des Städtebaus. Vor dem Zweiten Weltkrieg arbeitete Blijstra als Freier Journalist, später als Mitarbeiter der großen Tageszeitung Het vrije Volk. Seine Bücher, die nicht alle der SF zuzurechnen sind, waren sehr erfolgreich. Blijstra war als Journalist sehr viel unterwegs (Spanien, Italien, Griechenland, Tunesien, Ägypten, Türkei, Japan, USA) und hat auch über längere Zeiträume hinweg im Ausland gelebt. Neben seinen Romanen Mijn Vriend de Koning, Avontuur in Eenzamheid und Ik bin het zelf Niet erschienen seine fantastischen Geschichten in Sammlungen wie Het Planetarium van Otze Otzinga, Goud Blinkt und Naar een ander Paradijs. Blijstra starb am 10. Juli 1975.
Gust van Brussel
Wie sein
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