Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition)
Kapitel zur Natur der Target-Kredite selbst, nämlich Kapitel 6, 7 und 8. Dennoch muss man kein Ökonom sein, um die Argumentation nachzuvollziehen. Manch ein Leser wird es vorziehen, nur Teile dieser Kapitel vollständig zu lesen und andere nur zu überfliegen. Auch dann kann er den Rest des Buches verstehen.
Das Buch übt sich nicht in theoretischen Glasperlenspielen, sondern beschäftigt sich mit einem harten Stück Wirklichkeit, das von entscheidender Bedeutung für die Zukunft Europas im Allgemeinen und für das Wohlergehen der Deutschen und ihrer Kinder im Besonderen sein wird. Ein jeder möge sich klarmachen, dass die politischen Entscheidungen, die in diesen Monaten getroffen werden, angesichts der gigantischen Summen, um die es geht, gravierende Implikationen für sein eigenes Vermögen und seine eigene Rente bedeuten. Keiner kann sich heute dem Geschehen mehr entziehen, denn es stehen für die Länder Europas Risiken auf dem Spiel, die die Lasten der deutschen Vereinigung in den Schatten stellen werden. Mit den Rettungspaketen ist eine riesige Umverteilungsmaschinerie in Gang gesetzt worden, die die Eurozone zu einem System des Länderfinanzausgleichs verändern und Deutschland teuer zu stehen kommen wird. Nicht weniger als das Auslandsvermögen, das sich Deutschland durch seine Exportüberschüsse erwirtschaftet hat, steht auf dem Spiel.
Die Befürworter der herrschenden Politik behaupten, Deutschland profitiere trotz der Vermögensrisiken, weil es bei der europäischen Integration um viel mehr geht als bloß Geld. Das mag sein. Man kommt hier in ein Abwägungsproblem hinein, bei dem eine endgültige Entscheidung schwierig ist. Doch damit man abwägen kann, muss man die harten Fakten kennen und sich auch mit der Frage beschäftigen, ob die unbegrenzte Lockerung der Budgetbeschränkungen durch immer mehr Rettungsprogramme Europas Integration tatsächlich fördern wird und ob das, was Rettung genannt wird, wirklich eine Rettung ist.
Der ungarische Ökonom János Kornai hat im Jahr 1980 mit seiner Theorie der lockeren Budgetbeschränkungen den Untergang des kommunistischen Systems vorhergesagt. In diesem System galt das Primat der Politik über die ökonomischen Gesetze. Wenn die Zentrale Projekte realisieren wollte, mussten sie ausgeführt werden, koste es, was es wolle. So hat man die Probleme, die im Fokus der Politik standen, lösen können, doch an anderer Stelle des Systems entstanden dadurch Versorgungsengpässe und immer neue Probleme, denn die Budgetbeschränkungen des Gesamtsystems waren, anders als die Politiker glaubten, eben doch hart und unerbittlich. Obschon für ein kommunistisches System formuliert, könnte die Theorie Kornais mehr Prognosekraft für das Eurosystem entfalten, als es uns allen lieb sein kann.
Bei alldem darf man nicht übersehen, dass die zur Disposition stehenden politischen Maßnahmen – letztlich die Wahl zwischen harten und lockeren Budgetbeschränkungen – die Chancen und Risiken ungleich über die Menschen verteilen und insofern die Wahl dieser Maßnahmen und den öffentlichen Diskurs beeinflussen. Die gigantischen privaten und öffentlichen Schulden der Krisenländer, die nun im Risiko stehen, sind Vermögenstitel in den Portfolios der großen Investmentgesellschaften aus Amerika und China, der deutschen und vor allem der französischen Banken und Versicherungen sowie vieler anderer Anleger und Konteninhaber inner- und außerhalb der Krisenländer. Die Inhaber dieser Vermögenstitel propagieren immer wieder neue Rettungsaktionen, um den bedrängten Ländern zu helfen. Aber es geht ihnen dabei nicht in erster Linie um Hilfen für die Krisenländer, sondern um die Rettung ihres eigenen Vermögens. Letztlich waren sie es, die über ihre Regierungen den Druck aufgebaut haben, der die deutsche Kanzlerin beim Krisengipfel vom Juni 2012 einknicken und die Rekapitalisierung der Banken Südeuropas aus dem Rettungsschirm ESM akzeptieren ließ, ohne dass dabei die nationalen Regierungen in die Haftung genommen werden.
Interessen sind auch der Grund dafür, dass die Geld-im-Schaufenster-Theorie in großen Teilen der Welt so viel populärer als die Fass-ohne-Boden-Theorie ist. Wenn man nicht genau weiß, welche Theorie stimmt, aber auf jeden Fall weiß, dass das Geld der Steuerzahler anderer Länder nützlich ist, dann kann es kein Fehler sein, zunächst einmal auf der Basis dieser Theorie Nachschub für das Schaufenster zu fordern. Wenn kein Nachschub mehr kommt, weil den
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