Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition)
2012)
Quellen: siehe Abbildung 8.1 .
Insgesamt hat Portugal 98 % des durch Leistungsbilanzdefizite verursachten Zuwachses seiner Außenschuld in den viereinviertel Jahren von Anfang 2008 bis März 2012 mit der Notenpresse finanziert. Die zusätzliche Finanzierung durch die offiziellen Rettungsaktionen schloss die verbleibende Lücke von 2 Prozentpunkten und hat zusätzlich noch eine Kapitalflucht in Höhe von 35 Milliarden Euro finanziert und ermöglicht.
Die Hilfen waren aber bislang nicht so umfangreich, dass sie die gesamte, beziehungsweise sogar mehr als die Nettoaußenschulddurch öffentliche Kredite ersetzt haben, wie es in Griechenland der Fall war. Am aktuellen Rand, im Juli 2012, bestanden 65 % der portugiesischen Nettoauslandsschuld (Stichtag 31. März 2012) aus Schulden gegenüber öffentlichen Instanzen inklusive dem EZB-System. Freilich kann es sein, dass auch im Falle Portugals ein Teil dieser Restschuld aus Staatspapieren besteht, die andere Notenbanken gekauft haben. Dazu fehlt die Statistik.
DIE IRISCHE KAPITALFLUCHT
Die Verhältnisse in Irland unterschieden sich erheblich von jenen in Portugal und Griechenland, denn das Leistungsbilanzdefizit war kleiner, und die Kapitalflucht spielte eine sehr viel größere Rolle. Im Jahr 2007 lag das Leistungsbilanzdefizit bei 5,3 % des BIP und im Jahr 2008 bei 5,6 %, was zwar im internationalen Vergleich enorm, aber doch weniger als zwei Fünftel des griechischen und nur knapp die Hälfte des portugiesischen Wertes war. Als Steuerparadies war Irlands Hauptproblem, wie Abbildung 8.4 zeigt, ganz eindeutig die Kapitalflucht beziehungsweise die Repatriierung des Kapitals aus den Kernländern. Der Berg an Target-Schulden, den Irland aufbaute, war wesentlich größer als das, was zur Finanzierung des Leistungsbilanzdefizits erforderlich war. Der Target-Saldo zeigt also im Falle Irlands im Wesentlichen das Ergebnis der Kapitalflucht. 5
Wie schon in Kapitel 3 im Abschnitt Das wahre Schuldenproblem erläutert wurde, kamen die irischen Banken wegen ihrer Fristentransformation, also der kurzfristigen Gegenfinanzierung langfristig verliehenen Geldes, in enorme Schwierigkeiten. Schulden aufzunehmen wurde immer teurer, weil die Risikokomponente im Zins an Gewicht gewann. Zugleich verloren die langfristigen Anlagen an Wert. Das hat die Nettoauslandsschulden Irlands innerhalb von nur zwei Jahren, vom September des Jahres 2007 bis zum September des Jahres 2009, um 147 Milliarden Euro ansteigen lassen, was in etwa so viel war wie das gesamte BIP des Landes im Jahr 2011 (156 Milliarden Euro im Jahr 2011). Der Staat versuchte, die Situation mit enormen Garantien für die Banken von mehr als 200 % des BIP zu beruhigen. Das gelang ihm aber nicht. Stattdessen wurde er, wie schon in Kapitel 3 erläutert wurde, mit in den Strudel gezogen,musste innerhalb eines Jahres ein Budgetdefizit von 30 % des BIP hinnehmen und war dann im Jahr 2010 auf den Rettungsschirm der Staatengemeinschaft angewiesen, was ihn eines Teils seiner Souveränität beraubte.
Abbildung 8.4: Irland (Januar 2005 – März/Juli 2012)
Quellen: siehe Abbildung 8.1.
Die Abbildung zeigt, dass die irische Kapitalflucht in zwei Wellen kam. Die erste fand direkt nach der Lehman-Krise im Herbst 2008 statt. Die Bank of Ireland griff damals zum Instrument der ELA-Kredite, weil es für die enorme Summe der Refinanzierungskredite, die zum Ausgleich nötig waren, an Sicherheiten für normale Kredite fehlte. Dann beruhigte sich die Situation und einiges Kapital floss zurück. Aber schon im Herbst 2010 kam die zweite Welle, die noch heftiger war als die erste und Irland zwang, unter den inzwischen bereitgestellten Rettungsschirm zu schlüpfen. Bis zum aktuellen Stand (Juli 2012) wurden Irland insgesamt brutto 50 Milliarden Euro(netto 49 Milliarden Euro) ausgezahlt. Man sieht, dass dieses Geld die Target-Kredite in entsprechendem Ausmaß reduziert hat.
In der Tat war die Erwartung, dass man die Target-Kredite würde ablösen können, auch der Grund dafür, dass der damalige Präsident der EZB, Jean-Claude Trichet, Irland im Herbst 2010 geradezu gedrängt hat, unter den Rettungsschirm zu schlüpfen. Irland wollte damals das Geld gar nicht haben, weil es dafür 5,8 % Zinsen zahlen musste, während es den Target-Kredit für ein Prozent Zins bekam. Indes beharrte Trichet auf die Ablösung der Notenpresse durch die intergouvernementalen Hilfen der Euroländer und des IWF, um seine Bilanzen wieder halbwegs in Ordnung zu
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